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10.08.18 / Tötungskommandos des israelischen Geheimdienstes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Tötungskommandos des israelischen Geheimdienstes
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Von Anfang an setzte Israel gegen die ständigen Angriffe auf seinen Staat zu seinem Überleben jegliche Mittel ein, was sehr bald auch zum Aufbau mehrerer Geheimdienste führte: Der Inlandsdienst Schin-Bet ist für Gegenspionage und feindlichen Terror zuständig, während AMAN Militärspionage betreibt. Dem Mossad obliegen geheime Aktivitäten im Ausland. Seine Abteilung „Caesarea“ führte laut Ronen Bergmans Dissertation „Der Schattenkrieg“ über 1800 sogenannte gezielte Tötungen durch – die Neutralisierung feindlicher Einzelpersonen. Man erachte dieses Vorgehen für „weitaus moralischer“ als einen Krieg gegen ein feindliches Land. Solchen Tötungsbefehl dürfe nur der Ministerpräsident oder Verteidigungsminister Israels un-terschreiben. Voraussetzung sei stets, dass dabei nicht Unschuldi­ge gefährdet werden. 

Manche Mossad-Aktionen sind bekannt, wie in der Suez-Krise 1956 der Abschuss des Flugzeugs nach Damaskus mit hochrangigen ägyptischen Militärs, was Kairo als „Niedergang unseres Generalstabs“ wertete. Im Sinai-Krieg fiel dem Mossad die Kartei aller palästinischen Terroristen in die Hände. Die Geheimrede Chruschtschows über Stalins Verbrechen landete schnell in Tel Aviv und dann bei der CIA. 

Breit dargelegt wird im Buch die Entführung Eichmanns, der Hauptverantwortliche für Hitlers  „Endlösung“, aus Buenos Aires. Weltbekannt wurde der Terroranschlag auf die israelische Mannschaft für die Olympischen Spiele in München 1972. Lediglich ein Jahr danach waren nach mühseligen Ermittlungen 14 der Mörder von der Mossad-Einheit „Kidon“ umgebracht, in Norwegen töteten sie allerdings aufgrund großer Ähnlichkeit einen unschuldigen Marokkaner. Durch Selbstgefälligkeit seiner Geheimdienste, seiner  großen Erfolge und überschätztes Gefühl von Sicherheit wurde Is­rael vom Jom-Kippur-Krieg völlig überrascht. 

Der Leser erlebt den brutalen Terror der PLO, der ab 1993 fast jede Woche auch innerhalb Israels gegen Zivilisten erfolgte. Zu den Selbstmord-Bombenanschlägen wurden sogar Frauen und Kinder benutzt. Andererseits wird das Aufspüren von deren Funktionären dargelegt, sei es, dass „ein Fernseh-Team von ABC-News“ einen von ihnen „für ein Interview“ aus dem Versteck lockte, oder dass man zum Erschießen Drohnen einsetzte und den PLO-Führern Sprengstoff zusandte, der in Öl- oder Konservendosen oder ebenfalls in Waschpulverbeuteln versteckt war. In einem Fall wurde die Zahnpastatube mit tödlichem Gift gefüllt. Bei den Raketen-Tests Ägyptens waren deutsche Wissenschaftler beteiligt. Nicht wenige starben, während Desinformationskampagnen Tel Avivs sie in Südamerika gesehen zu haben behaupteten. An den SS-Führer Skorzeny, der den Duce aus den Händen der ita­lienischen Regierung befreite, kam der Mossad über seine recht lebenslustige Frau: Gegen einen gültigen Pass, viel Geld und lebenslange Immunität willigte er in eine vollständige Kooperation mit Israel ein und wurde sogar „ein Schlüsselagent der wichtigsten Operation“ des Mossad gegen das Raketenprogramm. Tel Aviv warf dem damaligen deutschen Verteidigungsminister Strauß Untätigkeit vor, dass deutsche Wissenschaftler Israels schlimmste Feinde unterstützten. Dieser wusste um die Folgen für die Bundesrepublik im Ausland bei einer Veröffentlichung der Unterlagen in der internationalen Presse. Es war dann auch kein Zufall:  Sehr bald erhielten jene attraktive Angebote in der westdeutschen Indus-trie, sofern sie nicht mehr für Ägypten arbeiteten. Das Raketen-Projekt wurde „schließlich komplett lahmgelegt“, wie der Autor schreibt. 

War der Mossad bisher stets bemüht gewesen, bei seinen Attentaten möglichst alle Spuren zu verwischen, so gab er späterhin bei jedem Anschlag seine Urheberschaft offen zu. Ziel war ein Abschreckungsaffekt, niemand sollte sich nirgendwo sicher fühlen vor Israels Gegenschlägen. Diese waren im Ausland sehr häufig missbilligt worden, der Angriff auf das World Trade Center am 11. September 2001 verlieh ihnen nunmehr internationale Legitimierung. 

Drei Jahre später starb der PLO-Führer Arafat, den der Mossad jahrelang erfolglos verfolgt hatte. War es ein natürlicher Tod, war es Aids oder hatte eine radioaktive Materie ihn getötet? Der Verfasser deutet an, die Todesursache beim Mossad zu sehen. 

Beim Bau Teherans geheimer Urananreicherungsanlagen für sein Atomprogramm setzten CIA und Mossad Computerviren ein, die es indes nur verlangsamten. Inzwischen wurde das Projekt angeblich abgebrochen, doch ist es weiterhin wichtigstes Ziel Isra­els. 

Der Autor promovierte über den Mossad. Es ist dies das wirklich aufschlussreichste Enthüllungsbuch, das je über die israelischen Geheimdienste erschien. 

Ronen Bergman: „Der Schattenkrieg“, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2018, gebunden, 864 Seiten, 36 Euro