Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs war Franz Marc einer der einflussreichsten expressionistischen Maler in Deutschland. Als sein Markenzeichen gelten seine Tierbilder, insbesondere jene mit den blauen Pferden. Die von ihm und Wassily Kandinsky gegründete Künstlergemeinschaft „Der blaue Reiter“ war zudem ein wichtiges Sprungbrett für Expressionisten wie August Macke.
Macke fiel als Soldat gleich nach Kriegsausbruch. Marc sollte das gleiche Schicksal zwei Jahre später bei Verdun treffen. Er hinterließ eine verzweifelte Ehefrau, mit der er bis zu seinem Tod einen umfangreichen Briefwechsel geführt hat.
In „Ich will Dich an der Hand führen, um Dir die Wunder der Welt zu zeigen...“ hat die im Münchener Lenbachhaus tätige Kuratorin Annegret Hoberg eine Auswahl der Briefe von 1905 bis 1916 vorgelegt und mit Kommentaren versehen. Mit der vier Jahre älteren Berliner Künstlerkollegin Maria Franck, die Marc 1905 an einer Münchener Malschule kennenlernte, war er in zweiter Ehe verheiratet. Fotografien im Buch zeigen sie als stattliche Matrone und ihn als adretten Kavalier.
Auch als Marc eine andere Frau heiratete, von der er sich später wieder scheiden ließ, hielten beide ihre schmachtvolle Brieffreundschaft (Er: „Mein heißgeliebtes armes Lieb“; Sie: „Mein lieber lieber Franzl“) aufrecht. Als dann der Krieg tobte, schrieben sich die beiden nahezu täglich.
Maria verfasste in dieser Zeit Briefe mit bis zu 18 Seiten, auf die er mit Feldpostkarten antwortete. Im Buch ist nur eine kurze Auswahl vertreten, die aber zeigt, wie Marcs anfängliche Kriegsbegeisterung („Diese Artilleriekämpfe haben etwas unsagbar Imposantes und Mystisches“) schnell in Ernüchterung umschlug. Am 4. März 1916, dem Tag seines Todes, schickte er seine letzte Post ab, in der er hofft, zurückzukommen „in mein unversehrtes liebes Heim, zu dir und zu meiner Arbeit“. Ein Nachwort und eine Zeittafel beschließen diese nachdenklich stimmenden Aufzeichnungen eines Künstlerpaares.
„Ich will Dich an der Hand führen, um Dir die Wunder der Welt zu zeigen...“, Briefe von Franz und Maria Marc, herausgegeben von Annegret Hoberg, C.H. Beck Verlag, München 2018, Broschur, 192 Seiten, 18 Euro