Diese Leichtathletik-Europameisterschaft ist etwas Besonderes. Sie wird an zwei Orten in verschiedenen Ländern ausgetragen: Berlin und Glasgow. Ob mit dieser Wahl der Brexit-Wunsch der Briten noch in sein Gegenteil verkehrt werden kann, ist zweifelhaft, auch wenn die deutschen Medien so tun, als wären die Briten inzwischen über ihren eigenen Entschluss entsetzt.
Wenn sie auf unsere Medien gehört hätten, wäre die Abstimmung schon damals anders ausgefallen. Oh dieses Albion! Es hat immer noch seinen eigenen Kopf!
Sehr fragwürdig ist die Entscheidung des bunten Berlin, einen Teil der Wettkämpfe auf den Breitscheidplatz zu verlegen, der durch das Weihnachtsmarkt-Attentat vom Dezember 2016 traurige Berühmtheit erlangt hat.
Nun gibt es dort eine kleine Arena im Schatten der geschichtsträchtigen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, deren Tribünen schon ab dem frühen Morgen voll sind. Kugelstoßer, Geher und Marathonläufer tragen hier ihre Wettkämpfe aus.
Auf der sogenannten europäischen Meile findet jeweils der Zieleinlauf statt. Hier werden die Sieger gefeiert, finden die Siegerehrungen statt. Sogar Nationalhymnen werden gesungen – a cappella. Die Leichtathletik will sich damit öffnen, heißt es. Über die Höhe der Zusatzkosten wird nichts verlautet. Im chronisch klammen Berlin sind Schulden irrelevant.
Kurzzeitig soll es bei den EM-Organisatoren Zweifel gegeben haben, ob der Platz wirklich in die EM-Wettbewerbe eingebettet werden soll.
„Letztlich haben wir uns bewusst dafür entschieden, da der Breitscheidplatz nun eine noch größere Symbolkraft (sic!) besitzt“, sagte Organisationschef Frank Kowalski. Damit gesteht er indirekt, dass es um die Auslöschung der Erinnerung an das Terrorattentat geht.
Dafür nimmt man enorme Sicherheitsvorkehrungen in Kauf. Unter dem Motto „Love, Peace, Freedom“ wird zum stimmungsvollen und sportlich-fairen Wettstreit eingeladen. Die Athleten, heißt es, würden den Kontakt zu den Fans lieben, hier seien sie anfassbar, Autogrammjäger kämen viel besser zum Zug als im Stadion. Der Breitscheidplatz sei „das zweite Herz der Leichtathletik“.
Dieses Freudenfest darf nicht durch das Andenken an die Toten gestört werden. Deshalb hat man die Blumen, Bilder und Tafeln entfernt, die Angehörige und Freunde der Ermordeten immer noch dort niederlegen.
Die Party muss weitergehen.