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24.08.18 / Putin bringt sich geschickt ins Spiel / Kritik auf der einen, Hoffnung auf der anderen Seite: Besuche des Kreml-Chefs in Österreich und Deutschland polarisieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-18 vom 24. August 2018

Putin bringt sich geschickt ins Spiel
Kritik auf der einen, Hoffnung auf der anderen Seite: Besuche des Kreml-Chefs in Österreich und Deutschland polarisieren
Manuela Rosenthal-Kappi

Es war nicht das Ziel, Vereinbarungen zu treffen,“ und Putin und Merkel seien sich einig gewesen, das Pipelineprojekt Nord Stream 2 vor „unfairen und nicht legitimen Attacken dritter Staaten“ zu verteidigen, lautete das Fazit von Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow nach Putins jüngster Reise in den Westen.

Wladimir Putins Weg zu Angela Merkel führte über die Steiermark. Er war der Einladung der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl zu ihrer Hochzeit gefolgt. Der Feier wohnten auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP und sein Stellvertreter, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, bei. Die parteilose Kneissl sah sich schweren Vorwürfen nicht nur ihrer politischen Gegner, sondern auch seitens der Ukraine ausgesetzt. 

Putin hat Österreich und Deutschland nicht ohne geostrategisches Kalkül besucht. Er ist auf der Suche nach starken Verbündeten und macht sich dabei die Unzufriedenheit von EU-Skeptikern geschickt zunutze. Kneissl ist eine rechtskonservative Politikerin, die von der Mitte-Rechts-Partei FPÖ ins Amt gehievt wurde. Die FPÖ unterhält enge Kontakte zur russischen Regierungspartei Einiges Russland. Im Gegensatz zur EU akzeptiert sie die Annexion der Krim und setzt sich für die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland ein. Traditionell haben Wien und Moskau gute Wirtschaftsbeziehungen. 

Der Zeitpunkt für Putins Visite könnte kaum günstiger sein, denn bis Jahresende hat Österreich den Vorsitz im EU-Rat.  Kneissels Knicks, den sie vor Putin am Ende des gemeinsamen Tänzchens wagte, sorgte in der Alpenrepublik für einen handfesten Skandal. Die Opposition warf ihr vor, die Rolle Österreichs als Vermittler zwischen Russland und anderen EU-Ländern aufs Spiel zu setzen. 

Weniger sensationell verlief Putins dreistündiges Gespräch mit Merkel in Meseberg, das Beobachter als entspannt schilderten. Gewohnt gleichmütig erklärte Merkel, dass „auch kontroverse Themen nur im und durch das Gespräch gelöst werden können.“ Damit meinte sie die Krisenherde Syrien und die Ukraine wie auch das Verhältnis zum Iran. Putin rückte die guten wirtschaftlichen Beziehungen in den Fokus. Die Handelsbeziehungen beider Länder waren im vergangenen Jahr um 22 Prozent gewachsen. 

Auch für das Gespräch mit Merkel konnte der Zeitpunkt nicht besser sein: Die deutsche Kanzlerin steht unter wirtschaftlichem Druck aus den USA, und die Asylkrise könnte zurückkehren. 

Eines der Themen, für Putin vermutlich das Wichtige, war die Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream 2. Deutschland ist der größte Abnehmer von russischem Erdgas, und Österreich strebt danach, dessen größtes Verteilzentrum zu werden. Merkel knüpft an die Fer-

tigstellung allerdings die Bedingung, dass Russland weiterhin Gas durch die Ukraine leitet. Die USA, Polen und die Ukraine lehnen den Bau der Pipeline ab. Letztere befürchtet den Verlust der Transitgebühren. Vor dem Hintergrund neuer US-Sanktionen wird für Moskau die Zusammenarbeit mit der EU immer wichtiger. Deutsche Wirtschaftsvertreter zogen eine positive Bilanz des Treffens und hoffen auf ein baldiges Ende der Sanktionen. 

Die deutschen Leitmedien stürzten sich auf Putins Aufruf zur Wiederaufbauhilfe in Syrien. Wegen der Kriegskosten hat Russland selbst kein Geld dafür und sucht Merkels Unterstützung mit dem Hinweis, dass in Deutschland lebende Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren könnten. Dass Deutschland dieses Ansinnen unterstützt, ist unwahrscheinlich, solange Baschar al-Assad, als dessen Schutzmacht Russland auftritt, das Land regiert. Zurzeit sind die einzigen Regionen, in denen kein Krieg mehr geführt wird, von der syrischen Regierung kontrolliert.