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24.08.18 / Die EU hält sich raus / Brüssel beteiligt sich nicht an der notwendigen Bestandserhaltung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-18 vom 24. August 2018

Die EU hält sich raus
Brüssel beteiligt sich nicht an der notwendigen Bestandserhaltung
Dirk Pelster

Als nach einem Unwetter am Dienstag der vergangenen Woche die Morandi-Autobahnbrücke im norditalienischen Genua einstürzte, gab diese Katastrophe den Anstoß für eine heftig geführte Debatte um den Zustand der dortigen Verkehrsinfrastruktur, die nur wenige Stunden später auch Deutschland erfasste. 

In Italien dreht sich die aktuelle Diskussion vornehmlich um die Privatisierung von Straßen, denn der Teil der Autostrada 10, auf dem sich das Unglück ereignete wird von einer Aktiengesellschaft verwaltet, hinter der mehrheitlich der Mode-Unternehmer Gilberto Benetton steht. Innenminster Salvini sieht die Schuld für den Einsturz bei der Betreiberfirma, die die Brücke nicht vorschriftsmäßig gewartet habe. 

Ebenso erhebt er Vorwürfe in Richtung Brüssel. An den Kosten für die Sicherheit derartiger Bauwerke würde sich die EU aufgrund ihres strikten Reglements nicht beteiligen. Da der der rechten Lega Nord angehörige Salvini allein schon wegen seiner restriktiven Asylpolitik für deutsche Journalisten ein rotes Tuch ist, konterten diese den Vorwurf des Mailänders voller Häme damit, dass Italien die ihm zustehenden Gelder aus den europäischen Strukturfonds gar nicht gänzlich abrufe. 

Das ist zwar in der Sache richtig, was die Qualitätsmedien dabei allerdings unterschlagen, ist, dass die EU sich finanziell nur an Neubauten, nicht aber an der notwendigen Bestandserhaltung der bereits vorhandenen Infrastruktur beteiligt. Im Falle der Morandi-Brücke hätte Brüssel also ohnehin keinen Cent für eine Sanierung ausgegeben. 

Eine künftige Ausweitung der europäischen Förderichtlinien auf Maßnahmen zur Sicherung der bestehenden Bausubstanz brachten dann zwei Tage nach dem Unglück in Genua Europapolitiker der Grünen erstmals ins Gespräch. Eine solche Neuregelung hätte den Vorzug, dass bereitstehende Gelder mit höherer Wahrscheinlichkeit in Anspruch genommen würden, als bislang. 

Der Abruf der Mittel gestaltet sich derzeit vor allem deswegen schwierig, weil die Mitgliedsstaaten eigene Beiträge für Bauprojekte bereitstellen müssen, um überhaupt in den Genuss von Zuschüssen der EU zu gelangen. Über diese Summen verfügen gerade finanzschwache Länder nicht. 

Letztlich sind große Teile des europäischen Kontinents schon heute verkehrstechnisch gut erschlossen, sodass Neubauten selten sind und sich allein die Planungen über Jahrzehnte hinziehen können. 

Gerade Deutschland könnte von einer Ausweitung der europäischen Förderichtlinien auf Maßnahmen zur Sicherung der bestehenden Bausubstanz profitieren. Planer gehen davon aus, dass hierzulande jede achte Brücke sanierungsbedürftig ist. 

Noch desolater sieht der Zustand deutscher Autobahnen und Straßen aus. Zwar halten Behörden und Straßenbauexperten aufgrund einer noch angemessenen Kontrolldichte eine Katastrophe wie jetzt in Genua in der Bundesrepublik eher für unwahrscheinlich, doch ganz gefeit ist man davor nicht. 

Im vergangenen Herbst sackte beispielsweise die Autobahn A20 in der Nähe des pommerschen Tribsees auf einer Länge von über 100 Meter in sich zusammen. Ursache war die mangelhafte Gründung der Trasse, die dort über ein ehemaliges Moorgebiet führt. Die Autobahn wurde komplett gesperrt und ist vermutlich erst im Jahr 2021 wieder voll befahrbar.