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24.08.18 / Zeitzeugen unerwünscht / DDR-Polizeigefängnis: Ehemalige Häftlinge sollen keine Führungen machen dürfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-18 vom 24. August 2018

Zeitzeugen unerwünscht
DDR-Polizeigefängnis: Ehemalige Häftlinge sollen keine Führungen machen dürfen

Berlins Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) will das ehemalige Ost-Berliner Polizeigefängnis in der Keibelstraße zum Lernort machen. Bis 1990 diente der Zellentrakt mit über 100 Zellen als Untersuchungshaftanstalt des Volkspolizeipräsidiums. Oft genug war der Bau unweit des Alexanderplatzes nur eine erste Station, der sich eine längere Haft in Stasi-Gefängnissen anschloss. Nach den Plänen der Schulsenatorin sollen sich ab Dezember Schüler die Zellen, eine Ausstellung und Archivmaterial anschauen können. Man rechnet mit dem Besuch von 300 Schulklassen jährlich ab 2019. 

Schon 2014 hatte sich eine Initiative für einen Lernort im Ex-Gefängnis gebildet. Im Gründungspapier der Initiative „Ehemaliges Polizeigefängnis Keibelstraße“ erklärten frühere Häftlinge: „Der ... Zellenbau eignet sich in besonderer Weise, um an einem authentischen Ort zur Auseinandersetzung mit den Formen politischer Verfolgung, der Entrechtung der Bürger und des staatlichen Machtmissbrauchs in der DDR anzuregen.“ In den Zellen wurden „Republikflüchtige“ und Regimekritiker festgehalten, unter anderem Wolf Biermann, der Musiker Toni Krahl und der Maler Norbert Bisky.  

Am Konzept und am ausgewählten Träger entzündet sich mittlerweile scharfe Kritik. Der Senat hat sich für die „Agentur für Bildung e.V.“ als Betreiber entschieden. Für die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus ist das inakzeptabel. Zudem sorgt der Umgang mit Zeitzeugen für Unmut. Birgit Marzinka, Geschäftsführerin der Agentur, kündigte an, dass Zeitzeugen keine Führungen durch das Gefängnis machen sollen. Rainer Dellmuth, Chef der Initiative der ehemaligen Häftlinge, warnt: „Wie sollen die Schüler begreifen, welche Willkür der DDR-Staat in diesem Gefängnis walten ließ, wenn wir nicht zu Gehör kommen?“

Schon älter sind die Zweifel, wie authentisch das Gefängnis als Lernort überhaupt noch ist. Mehrere Zellen wurden für Filmaufnahmen verändert, etwa für  den Film „Baader-Meinhof-Komplex“ oder den Oscar-prämierten Streifen „Das Leben der Anderen“.

Hubertus Knabe, Direktor der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, hatte mehrfach signalisiert, dass sich seine Einrichtung auch um das Polizeigefängnis kümmern könnte. Mit Regelmäßigkeit sieht sich Knabe der Kritik einiger Medien und von Politikern des linken Spektrums ausgesetzt. Im Hinblick auf die jüngste Berichterstattung über die Gedenkstätte sah er sich nun offenbar zu einer Presserklärung genötigt. Darin stellt er klar, dass die Gedenkstätte als öffentliche Einrichtung „weder für noch gegen eine Partei, sondern allein unserem gesetzlichen Auftrag verpflichtet“ sei. Knabe kritisierte, einzelne Journalisten hätten „durch irreführende Überschriften und die Vermischung der Gedenkstätte mit einem privaten Verein“ versucht, „die Einrichtung im ehemaligen zentralen Stasi-Gefängnis in die Nähe der AfD“ zu rücken. Ansatzpunkt für neue Kritik an der Arbeit von Hubertus Knabe waren Vorgänge im Förderverein der Gedenkstätte. Die Stiftung Hohenschönhausen hat bereits im Juni die Zusammenarbeit mit dem Förderverein ausgesetzt. Stephan Hilsberg (SPD), selbst Schriftführer des Vereins, hatte dem Vereinsvorsitzenden Jörg Kürschner Affinität zur AfD vorgeworfen.  N.H.