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24.08.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Und ob sie das können! / Wie der Sozialismus das nächste Land zerlegt, wie man die anderen dafür beschuldigt, und was wir einfach nicht verstehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-18 vom 24. August 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Und ob sie das können! / Wie der Sozialismus das nächste Land zerlegt, wie man die anderen dafür beschuldigt, und was wir einfach nicht verstehen

Hätte, hätte Fahrradkette: Wie es die regierenden Sozialisten in Venezuela wohl grämt, dass sie nicht rechtzeitig zu Mauer und Stacheldraht gegriffen haben wie weiland ihr Genosse Walter Ulbricht. Nun ist es zu spät: Schon 2,3 Millionen Venezolaner sind aus dem Land geströmt, in dem dank sozialistischer Weitsicht praktisch nichts mehr funktioniert außer den Rollkommandos der roten Partei, die jede Widerrede aus dem Volk zu ersticken trachten.

Die Entwicklung in dem südamerikanischen Land ist ein Trauerspiel. Vor allem für die weltweite Linke, die sich schon darauf gefreut hatte, dass ihr „Projekt“ endlich einmal nicht in der selbst gegrabenen Grube endet. Die Grundvoraussetzungen waren glänzend. Venezuela verfügt über die größten Erdölreserven auf der ganzen Welt, größer gar als die von Saudi-Arabien.

Auf diesem Schatz musste das linke Experiment einfach gedeihen. Mit solch einem Reichtum unterm Hintern können sogar Sozialisten keine Armut produzieren, keinen Niedergang, kein De­saster, dachten doch selbst wir irgendwie. Wie falsch wir lagen: Und ob sie konnten! 

Nun zittern alle Linken der Welt: Immer, wenn sie ihre tollen Wirtschaftskonzepte vortragen, müssen sie damit rechnen, dass ein fieser Marktwirtschaftler aufsteht und „Ja, ja, wie in Venezuela!“ sagt. Ausgesprochen ärgerlich.

Was macht man da bloß? Das, was die Genossen immer machen, wenn sie mal wieder ein Land gegen die Wand gefahren haben: Die Schuld bei anderen abladen, bei der allgegenwärtigen „Konterrevolution“. 

So hat sich auch die deutsche Linkspartei schon bei ihrem Parteitag in Hannover vor mehr als einem Jahr auf die sichere Seite gebracht, als das Fiasko von Caracas nicht mehr zu übersehen war. Man beschloss, die Sache so zu sehen: „Die venezolanischen Bourgeoise hat das chavistische Projekt nie akzeptiert ... DIE LINKE erklärt sich solidarisch mit der bolivarianischen Revolution, wie sie von Hugo Chávez eingeleitet wurde, um die demokratischen und sozialen Errungenschaften in Venezuela zu bewahren und zu entwickeln.“

„Bourgeoise“, „Revolution“, „Errungenschaften bewahren und entwickeln“ – nein, das steht nicht in einem Beschluss des SED-Politbüros aus dem Frühjahr 1989. Das haben die Linkspartei-Delegierten tatsächlich anno 2017 so beschlossen. Wenn die Sprache etwas über das Denken verrät, dann sind die Dunkelroten ganz hübsch bei der Stange geblieben, dann war ihre „Wende“ von 1989 eine Wende um 360 Grad.

Darin zeigt sich eine bewundernswerte geistige Widerstandsfähigkeit. Selbst wenn in tausend Jahren zweitausend zusätzliche sozialistische Experimente an sich selbst zugrundegegangen sein werden, wird es immer noch Sozialisten geben, die auf einen weiteren Anlauf pochen. Woraus sich dieser granitfeste Glauben speist, ist eine Frage für Psychologen und Religionsforscher. Mit politischen oder ökonomischen Maßstäben kommt man da nicht weiter.

Warum auch? Sachorientierte Politik und vernünftige Ökonomie geraten schließlich selbst in Europa aus der Mode. Viel lieber verteidigen auch wir mittlerweile unsere „Errungenschaften“ gegen die Wirklichkeit und verfluchen all jene, die uns mit „Realismus“ in die Suppe spucken.

Haben Sie es auch gehört? Griechenland ist zu Ende „gerettet“! Die Errungenschaft der gemeinsamen Währung ist gegen alle Widrigkeiten verteidigt worden, welch ein Sieg!

Ein paar hässliche kleine Eck­daten können die Feierlaune nicht trüben. Auf dem Mittelmeerland lastet eine Staatsschuld in Höhe von 180 Prozent der Wirtschaftsleistung, mehr als 40 Prozent der jungen Griechen sind arbeitslos, obwohl schon 300000 von ihnen das Land verlassen haben – bei einer Gesamteinwohnerzahl von gut elf Millionen keine kleine Schar. 

Aber das macht alles nichts, solange Hellas im Euro bleibt. Mario Draghi hat schließlich vor sechs Jahren verkündet, dass er die Gemeinschaftswährung verteidigen werde, „egal, was es kostet“. Er meinte damit, was es uns kostet, den deutschen Sparer, den griechischen Arbeitslosen, den obdachlos gewordenen Spanier, egal, alles muss raus, wenn es gilt, die „Errungenschaft zu bewahren“.

Immerhin ist es der Berliner Politik gelungen, die Deutschen     20 Jahre lang so kurz zu halten, dass allerhand Geld frei wurde, um es in Rettungspaketen zum Schutze der Errungenschaften zu versenken. Zum Schluss beschlich die treubraven Germanen jedoch das Misstrauen, als mit einem Male Milliarden über Milliarden für Asylsucher gehoben wurden. Geld, von dem wir gar nichts wussten.

Das hat man insbesondere der „Partei der kleinen Leute“, der SPD, übelgenommen, die seitdem zu Tal saust. Bei der jüngsten Umfrage von Insa lagen die Sozialdemokraten nur noch bei 16,5 Prozent. Da kann man panisch werden. Wie Olaf Scholz, der uns ohne Vorwarnung mit einer Rentengarantie bis 2040 aus dem Schlaf riss, um uns wieder gewogen       zu machen. „Undurchführbar!“ schallt es aus allen Winkeln. Warum? Weil unsere demografische Entwicklung schlecht sei, sagen die Experten von Union, FDP und aus der Wirtschaft.

Ach ja? Und schon wieder verstehen wir die Welt nicht: Hatten die nicht alle versprochen, dass die Millionen von Asylsuchern, immerhin in der großen Mehrheit junge, kräftige Männer, als Arbeitskräfte und Beitragszahler schon bald zum Aktivposten unseres Gemeinwesens aufsteigen? Wie kann denn unsere demografische Entwicklung immer schlechter werden, wo es doch von denen, noch verstärkt durch den Familiennachzug, immer mehr gibt?

Irgendetwas stimmt hier nicht, und wir sind leider keine glaubensstarken Kommunisten, die jeden Widerspruch von Theorie und Wirklichkeit mit einem Zitat von Marx oder Lenin plattwalzen können. Daher haben wir Fragen, für die wir tatsächlich Antworten erwarten. 

Es ist immer knifflig, wenn die Mächtigen Antworten geben sollen, die sie entweder gar nicht haben oder nicht geben möchten, weil sie an gewissen Errungenschaften kratzen könnten. In solchen Momenten hilft nur noch, dem Volk das Maul zu stopfen. Zu diesem Zwecke haben sie – sehr vorausschauend – schon 2014 die Vokabel „Sozialtourismus“ zum Unwort des Jahres (2013) verdonnert. Offizielle Begründung: Das Wort diskriminiere Menschen, die „in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht dazu“.

Wer also die Befürchtung hegt, dass ein Großteil der Asylsucher gar nicht so produktiv sein dürfte und die Sozialsysteme eher noch zusätzlich be- statt entlasten könnte, der steht schon auf der moralischen Abschussliste. Der sollte sich gut überlegen, ob er wirklich fragen will, warum sich die millionenfache Zuwanderung nicht positiv auf die Entwicklung der Sozialkassen auswirken soll.

Die Kür der „Unwörter des Jahres“ begann – Zufall? – 1991 während der ersten großen Asylflut. Damals standen die deutschen Linken noch immer ziemlich fassungslos vor der Ruine des real existierenden Sozialismus. Wie konnte das passieren? Hätte man den Untergang der DDR vielleicht verhindern können, wenn man die Diskussion rechtzeitig gesäubert hätte von Unwörtern wie Reisefreiheit, Meinungsfreiheit, Volk, Wiedervereinigung?

Jedenfalls hätte man es wohl versucht, denn die Auswahl der Unwörter gab besonders in jüngster Zeit zuverlässig Auskunft, worüber man linkerhand nicht  diskutieren will: Lügenpresse (2014), Gutmensch (2015), Volksverräter (2016) und alternative Fakten (2017).

Leider ging die Verdammung der Wörter meist nach hinten los. Nach der Hervorhebung als „Unwort“ fingen die Leute erst recht an, über die verfemten Vokabeln nachzudenken und darüber, warum sie bestimmte Kreise so ärgern. Das Volk ist und bleibt eben ein Lümmel.