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31.08.18 / Der Star der italienischen Koalition / Innenminister Salvini wagt sogar, den Fehdehandschuh der katholischen Amtskirche aufzunehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-18 vom 31. August 2018

Der Star der italienischen Koalition
Innenminister Salvini wagt sogar, den Fehdehandschuh der katholischen Amtskirche aufzunehmen
Peter Entinger

Die Fünf-Sterne-Bewegung war in Italien angetreten, um das Land zu erneuern. Nun tobt intern ein heftiger Streit. Und Matteo Salvini von der Lega schickt sich an, der Star der italienischen Politik zu werden.

Im Frühjahr wählten 33 Prozent der Italiener die Bewegung, die vom vormaligen TV-Komiker Beppe Grillo gegründet wurde, nachdem er wegen allzu harscher Kritik an den Etablierten von den TV-Bildschirmen verbannt worden war. Die Sterne stehen für Umweltschutz, sauberes Wasser, Breitbandausbau, technologischen Fortschritt und nachhaltige Mobilität. Doch konstruktiv gearbeitet wurde bisher kaum. Der junge Spitzenkandidat und Arbeitsminister Luigi di Maio bleibt blass. Und der Parteigründer Grillo schmollt. 

Es zeigt sich, dass das Bündnis der beiden Außenseiterbewegungen schwieriger ist als gedacht. Die Fünf-Sterne-Bewegung hatte ihre Hochburgen vor allem im armen Süden, wo sie mit den von ihr versprochenen höheren Renten und Grundsicherungen punktete. Die Lega Nord hingegen hat trotz der wachsenden Popularität des Innenministers Matteo Salvini im gesamten Land und dem Antritt bei den diesjährigen Wahlen als „Lega“ – ohne „Nord“ – ihre Hochburgen noch immer im reichen Norden. 

Der Fünf-Sterne-Bewegung, konstatiert der „Spiegel“, fehle es vor allem an politischer Erfahrung. „Von den Wahlversprechen – sofort 400 überflüssige Gesetze abschaffen, 780 Euro Grundeinkommen im Monat für jeden, Mindestrente für alle, 17 Milliarden Euro für Familien mit Kindern – ist nichts auf den Weg gebracht, geschweige denn realisiert worden“, schreibt das Hamburger Nachrichtenmagazin.

Die Lega Nord sei wesentlich reifer. Salvinis Truppe regiert seit Jahren in nördlichen Provinzen mit, verfügt über gewachsene Parteistrukturen und geschulte Redner. Und sie hat ein zentrales Thema, mit dem sie punkten kann. Die aus dem Ruder gelaufene Einwanderungspolitik treibt der Lega die Wähler in Scharen zu. In den aktuellen Umfragen liegt sie weit über der 20-Prozent-Marke und damit in Reichweite des großen Koalitionspartners. Im Gegensatz zur heterogenen Fünf-Sterne-Bewegung ist die Lega darüber hinaus innerlich gefestigt und kann intern Kompromisse finden. 

Bei Grillos Partei ist dies ganz anders. Italienische Medien haben kürzlich bereits das Wort „Sternschnuppe“ gebraucht. Auslöser war der Wirtschaftswissenschaftler und Ex-Berater der Fünf-Sterne-Bewegung Giovanni Dosi. In einem Interview mit dem Politmagazin „L’Espresso“ rechnete er mit der Parteiführung ab: „Programm verraten. Gefälligkeiten für die Reichen. Das Gegenteil dessen, was wir gesagt haben.“ Ministerpräsident Guiseppe Conte, ein parteiloser Jurist, muss hilflos mit ansehen, wie die Fünf-Sterne-Bewegung, die ihn nominiert hatte, zunehmend zu verglühen droht und sich Salvini als Nachfolger in Szene setzt. 

Der Lega-Mann legt sich neuerdings sogar mit der in Italien traditionell starken katholischen Kirche an. „Das Problem ist nicht der Papst“, schränkt Matteo Salvini zwar ein, wohlwissend, dass der Heilige Vater in Italien eine Institution ist, die anzugreifen gefährlich ist, und die Kirche tue auch viel Gutes, aber das Problem sei, dass letztere „anscheinend nicht richtig unterscheiden kann zwischen illegalen Flüchtlingen und Flüchtlingen, die ein Recht auf Aufnahme bei uns haben“. „Ich finde es nicht gut“, so der Innenminister  weiter, „dass es da Leute gibt, die sich als moralische Instanzen auf Kosten anderer aufspielen.“ 

Dem war ein Angriff von „Famig­lia Christiana“ vorausgegangen. Das katholische Magazin hatte mit „Vade retro Salvini“ aufgemacht. Das war eine direkte Anspielung auf das Jesus-Wort „Weiche zurück, Satan“ in der lateinischen Bibel (Markus 8,33) und auf den Exorzismus. Das Zitat wird als Antwort der Italienischen Bischofskonferenz sowie einzelner Bischöfe und Ordensinitiativen auf die „aggressiven Töne“ des Innenministers interpretiert. 

Die Begeisterung innerhalb der katholischen Szene hält sich in Grenzen. „Momentan gibt es deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen einem erheblichen Teil der Katholiken und den Vertretern der kirchlichen Hierarchie“, stellt Luca Comodo fest, Leiter des Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Salvini, der zu Wahlkampfauftritten den Rosenkranz in der Hand hielt und eine konservative Wende in der Familienpolitik fordert, sei unter Katholiken „extrem populär“. Die Tageszeitung „Die Welt“ bilanziert erstaunt: „Salvini wird für Papst Franziskus zur echten Bedrohung.“