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31.08.18 / Jederzeit kann es passieren / Experten rechnen mit der baldigen Zündung einer radiologischen Waffe im Westen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-18 vom 31. August 2018

Jederzeit kann es passieren
Experten rechnen mit der baldigen Zündung einer radiologischen Waffe im Westen
Wolfgang Kaufmann

In der Vergangenheit haben Terroristen schon einige kleinere Anschläge mit chemischen oder biologischen Waffen durchgeführt. Dahingegen verzichteten sie bisher auf den Einsatz von „schmutzigen Bomben“, die zur radioaktiven Verseuchung führen. Das könnte sich aber jederzeit ändern.

Radiologische Waffen, auch „schmutzige Bomben“ genannt, sind keine Nuklear-, Kern- oder Atomwaffen im üblichen Sinne, sondern konventionelle Sprengsätze, bei deren Detonation strahlende Isotope freigesetzt werden. Mithilfe dieser wesentlich leichter als Atombomben zu bauenden Terrorwaffen ist es möglich, größere Areale radioaktiv zu verseuchen. Wissenschaftlichen Studien – darunter auch des Deutschen Bundesamtes für Strahlenschutz – zufolge, wäre die psychologische Wirkung dabei wohl sogar noch deutlich dramatischer als die unmittelbaren Folgen der Explosion. Zwar gäbe es auch einige Tote, vor allem aber würde eine Massenpanik mit anschließender Lähmung des öffentlichen Lebens ausbrechen. Darüber hinaus kämen Kosten für die Dekontamination und medizinische Behandlung der Verstrahlten in Milliardenhöhe zusammen. Und natürlich könnten die Terroristen einen gigantischen Propagandaerfolg für sich verbuchen, wenn es  ihnen gelänge, „schmutzige Bom­ben“ im Zentrum westlicher Metropolen zu zünden.

Dabei ist ein derartiges Szenario wahrscheinlicher als viele glauben. Zwar kommen Attentäter nicht ohne Weiteres an spaltbares Material, wie es zum Bau von Kernwaffen oder in Atomreaktoren verwendet wird, doch existieren genügend Alternativen. So finden sich hochradioaktive Isotope wie Kobalt 60, Strontium 90, Cäsium 137, Iridium 192 und Americium 241 in vielen Anlagen für die Forschung und Werkstoffprüfung sowie die medizinische Diagnostik und Therapie. Und Material dieser Art ist auch schon in erheblichen Größenordnungen in dunklen Kanälen versickert. Laut Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) lagern alleine in der Europäischen Union Zehntausende nicht mehr genutzte Geräte mit strahlendem Inhalt unbeaufsichtigt in Industrieanlagen, Krankenhäusern und wissenschaftlichen Einrichtungen, von denen pro Jahr durchschnittlich 70 spurlos verschwinden. 

Damit stellen die wenigen bekannt gewordenen und aufgeklärten Fälle von Atomdiebstahl innerhalb und außerhalb der EU nur die Spitze des Eisbergs dar. Aber sie illustrieren die Dimensionen, um die es hier geht. Beispielsweise beschlagnahmte die georgische Polizei vor einigen Jahren einen Behälter mit sage und schreibe 80 Kilogramm radioaktivem Cäsium und Strontium, der für den illegalen Weiterverkauf in die Türkei bestimmt war.

Angesichts dessen sind die Warnungen aus Kreisen von Sicherheitsfachleuten, der in die Defensive gedrängte Islamische Staat (IS) könnte „schmutzige Bomben“ zur Detonation bringen, keineswegs grundlose Panikmache. Immerhin hatte auch Osama bin Ladens Terrororganisation al-Kaida früher schon ernsthaft ins Kalkül gezogen, solche Waffen gegen US-Großstädte einzusetzen. Zudem geht aus Meldungen des australischen Nachrichtendienstes ASIO hervor, dass die Dschihadisten des IS im Besitz größerer Mengen radioaktiven Materials sind – erbeutet unter anderem im Hazim-al-Hafid-Krankenhaus sowie der Universität von Mossul. Deshalb glauben viele Terrorismusexperten an einen baldigen Anschlag mit „schmutzigen Bomben“ irgendwo in der westlichen Welt.