26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.09.18 / Zerstörtes Baujuwel / Senat gesteht: Schäden der Schinkel-Kirche »nicht korrigierbar«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-18 vom 07. September 2018

Zerstörtes Baujuwel
Senat gesteht: Schäden der Schinkel-Kirche »nicht korrigierbar«
Harald Tews

Die Gentrifizierung in der Hauptstadt hat ein denkmalgeschütztes Opfer gefunden: die Friedrichswerdersche Kirche am Werderschen Markt. Nach Aussage von Berlins Kulturstaatssekretär Thorsten Wöhlert (Linke) hätten Bauarbeiten im Umfeld der sogenannten Schinkel-Kirche zu einer Verformung des Deckengewölbes geführt, „die nicht korrigiert werden kann“.

Wie Wöhlert weiter erklärte, verursachte der Bau von Luxuswohnungen in unmittelbarer Nähe der Kirche „erhebliche Bewegungen der Kirchenfundamente“ mit der Folge, dass „dessen statistische Reserven dauerhaft reduziert“ seien. Schon seit 2012 ist der vom preußischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel entworfene, bedeutendste neugotische Sakralbau Berlins geschlossen und werden Wände sowie Gewölbe im Inneren mit Stahlstreben gestützt. Zuvor hatten sich im Mauerwerk tiefe Risse ausgebreitet.

Die Kirche geriet ins Wackeln, nachdem sie von drei Seiten her von fünf- bis siebenstöckigen Wohnneubauten regelrecht umzingelt wurde (siehe PAZ vom 8.11.2015). Dabei liegt auf einer Seite die Fassade eines neuen Nachbargebäudes nur dreieinhalb Meter von der Kirche entfernt. Auf einer anderen Seite wurde für zwei unterirdische Parketagen eine sieben Meter tiefe Baugrube ausgehoben, was dazu führte, dass sich die linke Kirchenhälfte in Richtung der Baugrube neigte.

Nachdem Putz von der Decke fiel, Marmorstufen am Altar, tragende Gewölberippen und Fensterpfeiler zerbrachen, verfügte der Senat im September 2012 einen Baustopp. Zur Stabilisierung der Kirche pumpte man tausende Kubikmeter Zement in das Fundament. Nachdem dieses provisorische Wundpflaster angebracht war, durften ringsum die Neubauten fertiggestellt werden. Seitdem fristet der Schinkelbau ein Schattendasein zwischen hochgeschossigen Luxushäusern mit Dachterrasse und Swimming-Pool. 

Das Innere bietet noch immer „ein Bild der Verwüstung“, so Stephan Frielinghaus, der als Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde in der Friedrichstadt Hausherr der Kirche ist. Ob und wann sie je wieder geöffnet wird, steht in den Sternen. Seit dem Krieg fanden in dem Schinkelbau keine Gottesdienste mehr statt. Von 1987 bis 2012 nutzte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Kirche als Dependance der Alten Nationalgalerie für ihre Skulpturensammlung. Kaum denkbar, dass die jetzt ausgelagerten Statuen ihren Weg zurück in diese durch die Berliner Baupolitik zerstörte Kirche finden.