25.04.2024

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07.09.18 / Wer »zerbricht« Europa?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-18 vom 07. September 2018

Wer »zerbricht« Europa?
Erik Lommatzsch

D ann zerbricht Europa!“ Eine Droh-Phrase, die spätestens mit der – im Übrigen keineswegs überwundenen – Griechenlandkrise immer wieder zu hören ist. Damit lässt sich jeglicher Einwand gegen das, wegen dessen Fehlens oder Ausbleibens Europa vorgeblich „zerbrechen“ könnte, im Keim ersticken. „Europa zerbrechen“ – das will niemand! Daher sprach man auch stets von „Griechenlandrettung“, was das Ausscheiden des Landes aus dem Euro-Raum, das Experten als für beide Seiten ökonomisch gewinnbringend beurteilt hatten, von vornherein bereits gedanklich erschwerte. Das „politische“ Argument obsiegte auf ganzer Linie. 

Spalten sich bei einem „Zerbrechen“ Europas Landmassen des Kontinents ab? Nein. Aber genau derartige Bilder werden heraufbeschworen, wenn die heutigen EU-Oberen und -Propagandisten eine ihrer Lieblingsphrasen bemühen. Offenbar erfreut sich das von ihnen ge- und verformte Gebilde keiner flächendeckenden Beliebtheit mehr. Vom „Auseinanderbrechen der EU“ wird deutlich seltener gesprochen, in der wahrscheinlich richtigen Annahme, dass sie von dem einen oder anderen Einwohner für entbehrlicher gehalten wird als der gute, alte Kontinent an sich.

Am Anfang stand – Lehren aus dem verheerenden Zweiten Weltkrieg ziehend – die Friedensidee. Verbindendes und wirtschaftliche Verquickung sollten künftig gewaltsame Auseinandersetzungen verhindern. So entstanden die Montanunion, 1957 die EWG, 1993 die EG, 2009 schließlich die EU.

Blind für die vielleicht doch nicht so gleichen Bedürfnisse der einzelnen Nationen wird eine immer weitere Vereinheitlichung vorangetrieben. In seiner bekannten Hybris sprach sich der seinerzeitige EU-Parlamentspräsident und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz dafür aus, bis 2025 die „Vereinigten Staaten von Europa“ zu errichten. Das Ziel einer „europäischen Identität“ wird ausgegeben. Das wirkt für viele alles andere als attraktiv. Angela Merkel diktiert die Linie für EU-Mitglieder gern. Beschimpft werden die Visegrád-Staaten und neuerdings auch Italien, welche die „Flüchtlingspolitik“ der Kanzlerin nicht so recht übernehmen wollen, Viktor Orbán und Matteo Salvini sind hier das personifizierte Böse. Im Prinzip ist der GAU bereits eingetreten: Mit Großbritannien verlässt erstmals ein Mitglied die EU – deren Entwicklung und immer weiter fortschreitende „Integration“ bislang doch nur eine Richtung kannte. Klares Zeichen für die Ignoranz der vermeintlichen EU-Anhänger ist, dass die nichtwirtschaftlichen Gründe für den Brexit völlig ausgeklammert werden. Die „Warner“ vor einem „Zerbrechen“ – sie meinen das Konstrukt nach ihren Vorstellungen – sind mitnichten die Verteidiger der friedensgarantierenden Idee der zunächst westeuropäischen, später osterweiterten Nachkriegsordnung. Sie sind deren Zerstörer.