24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.09.18 / Irans Schwarzer Freitag / Vor 40 Jahren erreichte die Islamische Revolution ihren ersten dramatischen Höhepunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-18 vom 07. September 2018

Irans Schwarzer Freitag
Vor 40 Jahren erreichte die Islamische Revolution ihren ersten dramatischen Höhepunkt
Wolfgang Kaufmann

Vor knapp 55 Jahren, im Januar 1963, proklamierte Schah Mohammad Reza Pahlavi, seit 1941 der konstitutionelle Monarch des Iran, die „Weiße Revolution“. Hierbei handelte es sich um ein sehr ambitioniertes Programm zur wirtschaftlichen und sozialen Modernisierung sowie Öffnung des Landes gegenüber dem Westen. Per Referendum stimmten über 99 Prozent der Bevölkerung dieser Revolution zu. Widerspruch kam lediglich von den Großgrundbesitzern und der schiitischen Geistlichkeit, als deren Sprachrohr Ruhollah Musawi Khomeini fungierte. Dieser rief erst zum Heiligen Krieg gegen die „Herrschaft der Verbrecher“ auf und äußerte dann am 3. Juni 1963 mit Blick auf den Schah: „Diese Regierung ist gegen den Islam gerichtet.“ Hieraufhin zettelten radikale Muslime gewaltsame Proteste an. Deswegen wurde Khomeini verhaftet und später ausgewiesen.

In den Folgejahren trugen die Reformen des Schahs durchaus Früchte. So verzehnfachte sich das Bruttosozialprodukt in der Zeit von 1963 bis 1978, während das Durchschnittseinkommen der Iraner von 174 auf 2540 US-Dollar pro Jahr stieg. Frauen erhielten das aktive und passive Wahlrecht, und die Zahl der Analphabeten sank spürbar. 

Allerdings blieb der Reichtum weiterhin ungleich verteilt, und es grassierte die Korruption. Zudem flossen die seit 1973/74 reichlich sprudelnden Öl-Dollars vorrangig in ein gigantisches Aufrüstungsprogramm, durch das die iranische Armee letztlich zur fünftstärksten der Welt aufstieg. Maßgeblich beteiligt hieran waren die USA, die allein 1977 Waffen für zwölf Milliarden Dollar lieferten. Das schuf ebenso böses Blut in der Bevölkerung wie die demonstrativ guten Beziehungen der Teheraner Führung zu Israel und die Hinwendung des Schahs zum vorislamischen „Heidentum“ der Perser, in deren Zusammenhang Reza Pahlavi unter anderem die traditionelle islamische Zeitrechnung abschaffte. 

Dahingegen litten die Iraner deutlich weniger unter politischer Verfolgung und dem Agieren der Geheimpolizei SAVAK, als von den Schah-Gegnern im In- und Ausland kolportiert wurde. Die anfangs von Khomeini genannte Zahl von 60000 Repressionsopfern reduzierte sich nach Auswertung des lange geheim gehaltenen Datenmaterials der staatlichen iranischen „Märtyrer-Stiftung“ sukzessive auf 3164, von denen 2781 im Zuge der Krawalle der Jahre 1977 und 1978 starben. 

Die Ernsthaftigkeit der Reformbemühungen des Schahs zeigte sich auch in seiner Reaktion auf die Forderungen des US-amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter nach mehr Demokratie und der Einhaltung der Menschenrechte. Am 5. August 1978 kündigte Reza Pahlevi offiziell neue Gesetze an, in denen die Presse- und Redefreiheit garantiert werden sollte. Ayatollah Khomeini wiederum, der den Schah im Dezember 1977 per Fatwa für abgesetzt erklärt hatte, hielt dem entgegen: „Von welcher Freiheit spricht er? Es liegt nicht an ihm, Freiheit zu gewähren. Gott hat den Menschen die Freiheit gegeben. Der Islam hat ihnen die Freiheit gegeben.“

Diese Meinung teilten die Mitglieder der neugegründeten Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit (JRM), die explizit eine Islamische Revolution anstrebten und seit November 1977 immer wieder gewalttätige Demonstrationen gegen den Schah veranstalteten. An denen beteiligten sich nun zunehmend auch säkulare Iraner, weil sie immer stärker unter der Inflation und staatlichen Sparmaßnahmen litten. Deshalb befand sich das Land im Sommer 1978 praktisch an der Schwelle zur Unregierbarkeit. Deutlichster Ausdruck dessen waren permanente Übergriffe des von Islamisten angeführten Mobs gegen Banken und staatliche Gebäude sowie Orte, an denen es irgendwie „unislamisch“ zuging, also Kinos, von Ausländern frequentierte Hotels und Alkoholgeschäfte. 

Dieses Treiben gipfelte am 19. August in Brandanschlägen auf 28 Kinosäle im Iran, bei denen mehrere hundert Menschen ums Leben kamen. Anschließend beschuldigte Khomeini den Schah und die SAVAK, das Ganze inszeniert zu haben, um die revolutionäre Bewegung zu diskreditieren.

Reza Pahlavi antwortete hierauf mit weiteren Konzessionen an die radikalen Moslems wie die Schließung von Spielhallen und Kasinos sowie die Wiedereinführung des alten Kalenders. Khomeini bezeichnete dies allerdings nur als Versuch, die Menschen zu blenden. Daraufhin fanden in den ersten Septembertagen Protestaktionen statt, bei denen erstmals die Abschaffung der Monarchie gefordert wurde. Dabei kam es am 8. September 1978 zum legendären Blutbad auf dem Teheraner Jaleh-Platz. Deshalb gilt dieser Tag seitdem als „Schwarzer Freitag“ und Schlüsselmoment der islamischen Revolution im Iran.

Auslöser des Massakers mit 64 Toten waren Schüsse libyscher und palästinensischer Provokateure, die sich unter die Demonstranten gemischt oder als Heckenschützen auf umliegenden Dächern Stellung bezogen hatten. Sie feuerten sowohl auf die Protestierenden als auch auf die Sicherheitskräfte und sorgten so für einen Gewaltausbruch, der dann wiederum der Regierung angelastet wurde, wobei Khomeinis Anhänger zugleich noch von 15000 Toten und Verwundeten phantasierten. Außerdem verbreiteten sie das Gerücht, der Schah persönlich habe aus einem Hubschrauber in die Menge geschossen.

Hierdurch stand Reza Pahlavi nun vollends mit dem Rücken zur Wand. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Während Khomeini die Errichtung eines islamischen Gottesstaates verlangte, wurde das Land durch Massenstreiks und weitere Unruhen gelähmt. Am 6. November verhängte der Schah schließlich das Kriegsrecht. 

Daraufhin beschlossen die Regierungschefs der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Bundesrepublik Anfang Januar 1979 auf der Konferenz von Guadeloupe, Reza Pahlavi die Unterstützung zu entziehen und das Gespräch mit Khomeini zu suchen. Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind bekannt. Erst ging der Schah am 16. Januar ins Exil, dann kehrte der Ayatollah am 1. Februar ins Land zurück. Kurz darauf wurden die zumeist prowestlichen lo­yalen Reste der Armee durch Aufständische niedergekämpft. Dem folgten Ende März ein Referendum über die Errichtung der Islamischen Republik und die Ausrufung derselben durch Khomeini am 1. April 1979.