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07.09.18 / Schwedenfreund mit Kunstverstand / Vor 300 Jahren geboren: der Kunstmäzen Adolf Friedrich von Olthoff – Gut Boldevitz auf Rügen ist sein stolzes Vermächtnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-18 vom 07. September 2018

Schwedenfreund mit Kunstverstand
Vor 300 Jahren geboren: der Kunstmäzen Adolf Friedrich von Olthoff – Gut Boldevitz auf Rügen ist sein stolzes Vermächtnis
Martin Stolzenau

Hätte Goethe bei Google nachschlagen können, dann wäre ihm nicht dieser Fehler unterlaufen: Aus Gut Boldevitz auf Rügen machte er „Bolwitz“. So steht es in seiner Biografie des Künstlerfreundes Jakob Philipp Hackert von 1811. Dieser hatte Wandmalereien nicht nur im Gutshaus des vor 300 Jahren geborenen Kunstmäzens Adolf Fried­rich von Olthoff ausgeführt, sondern auch in dessen Stadthaus in Stralsund. Stadthaus und Gut erstrahlen inzwischen nach umfangreicher Sanierung in neuer Pracht. 

Besonders Boldevitz beein­druckt mit den berühmten Hackert-Gemälden. Doch ohne Olthoffs Mäzenatentum und Gastgeberrolle gäbe es heute nicht diese Anziehungskraft von Boldevitz, die jährlich unzählige Besucher anlockt. Der einstige Gutsherr von Boldevitz wurde am 7. September 1718 in Strelitz geboren. Nach der auf der Grundlage des Hamburger Vergleichs von 1701 vorgenommenen dritten Landesteilung Mecklenburgs war Strelitz, wo sich zwei Handelswege kreuzten, von Herzog Adolf Fried­rich II. von Meck­lenburg-Strelitz als Residenz ausgewählt worden. 

Hier fungierte Vater Olthoff als Pagenhofmeister. Seinem Sohn verpasste er die Vornamen seines Herzogs: Adolf Friedrich. Später machte Vater Olthoff im Dienst der Regierung von Schwedisch- Pommern mit Sitz in Stralsund Karriere. Er brachte es bis zum Landsyndikus bis dahin, dass er im Alter in den erblichen Adelsstand erhoben wurde. 

Sohn Adolf Friedrich absolvierte in Stralsund das Gymnasium, studierte auf Geheiß des Vaters nacheinander in Halle sowie Greifswald Jura und wurde 1738 vom Vater als Adjunkt übernommen. Nach gründlicher Einarbeitung fungierte Adolf Friedrich Olthoff zusätzlich noch als Sekretär der Ritterschaft in Schwedisch-Pommern. Nach dem Rück­tritt des Vaters übernahm er gänzlich dessen Amt des Landsyndikus. Dazu weilte der nunmehrige Adolf Friedrich von Olthoff bis 1756 recht häufig als Vertreter der einheimischen Ritterschaft in Stockholm, wo er zudem Kontakte für den Aufbau eigener Ge­schäfte betrieb. Mit Erfolg. 

1757 erhielt er zusammen mit dem Stralsunder Kaufmann Joachim Ulrich Giese die Pacht über die neue Stralsunder Münze. Das versprach hohe Gewinne. Fast parallel stieg er bei der Regierung von Schwedisch-Pommern zum Kanzleirat und dann bei Eintritt Schwedens in den Siebenjährigen Krieg zum Kriegskommissar auf. Die Münze entwickelte sich zunächst erfolgreich. Nur Olthoff hatte Pech, als er Ende Oktober 1759 bei Demmin als schwedischer Kriegskommissar in preußische Kriegsgefangenschaft geriet und nach Berlin verbracht wurde. Erst 1760 kam er wieder frei. 

Olthoff erwarb nun zusätzlich zum Stadthaus in Stralsund die Einzelhöfe Darz sowie Zargelitz bei Zirkow auf Rügen, erreichte bei der schwedischen Regierung für seine Münze die Übernahme des minderwertigen preußischen Münzfußes und kaufte angesichts der damit größeren persönlichen Gewinne 1762 das Gut Boldevitz auf Rügen, das er aus- und um­bauen ließ und als Kunstfreund ausgestaltete.

Die erste urkundliche Erwähnung von Boldevitz geht auf das Jahr 1314 zurück. Als erste Adelsfamilie ist das Geschlecht derer von Rotermund überliefert. Deren Herrschaft endete mit Caspar Detlov von Rotermund 1711, der von seinen Kriegszügen eine Türkin mit auf das Gut brachte, die als „Ungläubige“ zur Sensation gedieh. Er fand seine letzte Ruhe in der Familiengruft in der Gingster Kirche. Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb 1762 Adolf Friedrich von Olthoff das Gut mit dem Herrenhaus, einem „dreigeschossigen Putzbau mit zwei parallelen Satteldächern, wie sie nur auf Rügen überliefert sind“.

Olthoff empfing auf Boldevitz mit seiner Mutter berühmte Gäste. Die Reihe reichte vom Theologen Johann Joachim Spalding über die Brüder Duncker, die durch ihre Schlösserbände in die Kunstgeschichte eingingen, die Theologen sowie Philosophen Johann Caspar Lavater, Heinrich Füßli und Felix Hess bis zu den Malern Georg David Matthieu sowie Jacob Philipp Hackert.

Besonders Hackert, der vom Schweizer Philosophen Johann Georg Sulzer, der in Berlin als Professor lehrte, an Olthoff empfohlen worden war und schon im Stralsunder Stadthaus Olthoffs in der Ossenreyerstraße seine künstlerischen Spuren hinterlassen hatte, glänzte auf Boldevitz durch seine Leinwandtapeten mit ge­malten Ideallandschaften für den Festsaal. Sie überstanden alle Wechselfälle der Geschichte und gehören bis heute zu den bedeutendsten Kunstdenkmälern auf Rügen. Über die Hackert-Kunst auf Boldevitz berichtete schon Johann Wolfgang von Goethe, der mit Hackert nach dessen Boldevitz-Wirken befreundet war. 

Olthoff schwamm zunächst auf einer Erfolgswelle, wurde vom Schwedenkönig mit den Friedensverhandlungen mit Preußen be­auftragt, die er in Hamburg zum Erfolg führte, wurde zum Wirklichen Regierungsrat Schwedens erhoben und zog sich nach 1763 etwas leichtfertig auf seine Ge­schäfte als Privatmann zurück. Er genoss das Leben, lebte mit seiner Mutter auf Gut Boldevitz, empfing Gäste und gefiel sich als Förderer junger Künstler. 

Dabei lebte er wohl über seine Verhältnisse. Als Schweden das Münzregal über 1763 hinaus nicht verlängerte und die anteilige Gewinnrückzahlung aus der Münze in Stralsund eigenmächtig halbierte, kamen Olthoff und sein Partner Giese ins Schwitzen. Beide konnten aufgenommene Schulden nicht bezahlen. Es begann eine sprichwörtliche Gratwanderung mit neuerlicher Einstellung in den schwedischen Staatsdienst als Regierungsrat, erster Verpachtung von Boldevitz nach 1767 und dann 1777 die Konkurseröffnung. 1780 wurde Gut Boldevitz versteigert. Nach der Entlassung als Regierungsrat wurde er 1787 zum Vizekanzler der Greifswalder Universität ge­kürt. Aber das kostspielige Mäzenatenleben war vorbei. 

Darüber starb Olthoff, der un­verheiratet geblieben war, am 30. Juni 1793 in Stralsund. Seine letzte Ruhe erhielt er auf dem St.-Jürgens-Friedhof der Hansestadt. Das Grabmal ist nicht überliefert. Einzig das Stralsunder Stadthaus und Gut Boldevitz auf Rügen erinnern mit ihren Kunstgegenständen an den einstigen Kunstmäzen. 

Auf Gut Boldevitz folgte nach der Versteigerung die Adelsfamilie von der Lancken mit ihren verschiedenen Zweigen. Unter Gottfried von der Lancken gab es in Boldevitz die erste „Industrieschule auf Rügen“, die sich an den Ideen von Johann Heinrich Pestalozzi orientierte. Soviel Fortschritt hätte man auf Rügen nicht erwartet. Nach der umstrittenen Hinrichtung von Silvius von der Lancken-Wakenitz-Albedyll nach 1945 und der damit verbundenen Enteignung endete dann die Gutsherrschaft der Familie von der Lancken auf Gut Boldevitz.

Das geschichtsträchtige Gutshaus mit den Hackert-Gemälden erwachte allerdings nach der deutschen Vereinigung und einer Sanierung mit neuen Besitzern in den letzten Jahren zu neuem Leben.