26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.09.18 / Auf den Zahn gefühlt / Was Mumien verbergen – Mannheim schaut unter die Oberfläche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-18 vom 14. September 2018

Auf den Zahn gefühlt
Was Mumien verbergen – Mannheim schaut unter die Oberfläche
H. Tews

Der verheerende Großbrand, der vor einer Woche das Nationalmuseum von Rio de Janeiro komplett zerstörte, hat auch altägyptische Mumien eingeäschert. Archäologen können nur froh darüber sein, dass viele Mumien aus der Inkakultur weltweit in solchen Museen aufbewahrt werden, die hoffentlich feuerfest sind. 

So zählt zu den Sammlungsbeständen der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen eine weibliche Mumie in Rückenlage mit gekreuzten Unterschenkeln. Sie stammt aus Peru und ist über 500 Jahre alt. Ihre Hände sind fest zu Fäusten geschlossen und ruhen auf dem Oberkörper. Die Mumie ist eine der Vorzeigeobjekte der neuen Sonderausstellung „Mu­mien – Geheimnisse des Lebens“. Vom 16. September bis 31. März 2019 präsentiert das Museum Zeughaus mehr als 50 Mensch- und Tiermumien aus verschiedenen Naturräumen und Kulturen.

Gut zehn Jahre nach der ersten großen Mumien-Schau in Mannheim erzählt man dort anhand neuer Forschungsergebnisse die Geschichte des Mädchens aus Peru. Inszenierte Laborbereiche sowie eine Virtual-Reality-Station bieten dabei interessante Einblicke in die Methodenwelt moderner Mumienforschung.

Dank computertomografischer Aufnahmen erhielten die Wissenschaftler einen zerstörungsfreien Einblick in die Hände der Mumie und entlockten ihnen eine einzigartige Geschichte. Ohne die zu Fäusten geballten Hände gewaltsam öffnen zu müssen, entdeckte man darin zwei kleine Gegenstände, die man als Kinderzähne identifizierte. 

Die Mannheimer Ausstellung zeigt auch die weltweit erste ge­röntgte menschliche Mumie. Es handelt sich um eine altägyptische Kindermumie aus dem Sammlungsbestand des Senckenberg Naturmuseums in Frankfurt am Main. Nur wenige Monate nach Wilhelm Conrad Röntgens revolutionärer Entdeckung der nach ihm benannten Strahlen machte ein Frankfurter Forscherteam im Jahr 1896 die ersten zerstörungsfreien Aufnahmen von der bandagierten Mumie. Neben der Kindermumie sind in Mannheim auch die originale Röntgenaufnahme sowie historische Geräte aus den Anfangszeiten der Röntgentechnik zu sehen. 

Seitdem hat die Forschung große Fortschritte gemacht. Gut 120 Jahre nach der ersten Untersuchung entlockten Wissenschaftler der Mumie mit modernen Analysemethoden detailreiche Erkenntnisse. „Heute wissen wir, dass es sich bei der Kindermumie um einen Jungen handelt, der un­gefähr im Alter von vier bis fünf Jahren zu Tode kam. Die Mumie wurde auf den Zeitraum 378 bis 235 vor Christus datiert. Der mu­mifizierte Körper weist Anomalien wie beispielsweise eine Trichterbrust auf. Diese Informationen stammen unter anderem aus einer CT-Untersuchung, die präzise Bilder von den menschlichen Überresten innerhalb der textilen Umhüllung lieferte“, fasst Wilfried Rosendahl, Direktor an den Reiss-Engelhorn-Museen, den aktuellen Stand zusammen. 

In der Ausstellung erlebt man als Besucher Mumienforschung hautnah mit. In inszenierten La­borbereichen lernt man einzelne Forschungsmethoden kennen. Ne­ben Röntgenanalytik und Computertomografie werden auch 3-D-Oberflächenscanning, Paläopathologie, physische Anthropologie sowie Traumatologie vorgestellt, die zusammen faszinierende Einblicke in das Innere einer Mumie gewähren. So wird für alle Zeiten deren Geheimnis enthüllt, bevor sie als mögliches Brandopfer in der Urne landen.


Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 13,50 Euro. Begleitend zur Ausstellung findet vom 11. bis 12. Oktober das Symposium „Unsterblichkeit – Traum oder Trauma?“ statt. In­ternet: www.rem-mannheim.de