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21.09.18 / Andrej Šiško für mehrere Tage in Haft / Schlag der slowenischen Polizei gegen die regionalistische »Štajerska varda« in der Untersteiermark

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-18 vom 21. September 2018

Andrej Šiško für mehrere Tage in Haft
Schlag der slowenischen Polizei gegen die regionalistische »Štajerska varda« in der Untersteiermark
Bodo Bost

Seit einiger Zeit gibt es in Slowenien in der Untersteiermark (Štajerska) eine regionalistische Bewegung des „Landes Štajerska“. Nachdem sich Teile dieser Bewegung zu einer bewaffneten paramilitärischen „Štajerska varda“ (Steirische Wacht) zusammengeschlossen und auf Facebook posiert haben, war der Führer der Bewegung, Andrej Šiško, in Marburg an der Drau (Maribor) kurzzeitig verhaftet worden. Nach Angaben der Polizei wurden in Marburg und Olsnitz (Murska Sobota) Wohnungen und Autos durchsucht. Die Polizei behandle den Fall mit „voller Ernsthaftigkeit“, hieß es in der entsprechenden Polizeimitteilung. Demnach konzentrierten sich die Ermittlungen auf den Verdacht der Aufhetzung zur gewaltsamen Änderung der verfassungsrechtlichen Ordnung, worauf laut slowenischem Strafgesetzbuch bis zu fünf Jahre Haft stehen. 

Nach den Worten ihres Anführers zählt die Štajerska varda mehrere hundert Mitglieder und soll unter anderem für den Schutz der Grenze zur österreichischen Steiermark sorgen. Šiško gab an, dass die Bürgerwehr das bereits im Vorjahr gegründete „Land Štajerska“ schützen solle. In einem Video schwören Vermummte, dass sie „bis zum Tod treu die Befehle“ ihrer Vorgesetzten erfüllen werden. Zum Abschluss rufen sie, in Abwandlung des Schlachtrufs des slowenischen Fußballmeisters NK Maribor: „Steirische Treue. Štajerska bis ins Grab!“ 

Slowenische Spitzenpolitiker haben die Vorgänge scharf verurteilt. Allerdings hat Slowenien derzeit nur eine Minderheitsregierung unter Führung eines ehemaligen Komikers, Marjan Sarec. Vier Parteien haben sich zusammengetan, um eine Regierungsbildung durch den Wahlsieger, den Nationalkonservativen Janez Jansa, zu verhindern. 

Šiško ist Chef der außerparlamentarischen nationalistischen Partei Vereinigtes Slowenien. Er hatte im Vorjahr bei der Präsidentenwahl mit landesweit 2,2 Prozent der Stimmen einen Achtungserfolg verbucht. Šiško ist jedoch selbst kein Steirer, sondern wurde 1969 in der slowenischen Adriastadt Koper geboren.

2005 musste Slowenien im Rahmen einer von der EU verlangten regionalen Neugliederung sich in sogenannte Statisticne regije (Statistische Regionen) aufteilen, die jedoch bislang ohne politisch-administrative Bedeutung geblieben sind. Um ein steirisches Regionalgefühl zu verhindern, bildet die Untersteiermark keine eigene Statisticna regija, sondern wurde vielmehr aufgeteilt. Ein Teil wurde der Statisticna regija Koroška zugeschlagen, der Rest auf andere Statisticne regije aufgeteilt.

In der Untersteiermark lebten 1910 bei der letzten Volkszählung der österreichischen Monarchie etwa 15 Prozent deutschsprachige Steirer und 85 Prozent Slowenen. Der deutschsprachige Bevölkerungsanteil war vor allem in den Städten wie Marburg mit dort 80 Prozent Deutschsprachigen eine Mehrheit. Slowenen bildeten die Mehrheit auf dem Land. Trotzdem stellte die deutsche Minderheit vor dem Ersten Weltkrieg die Führungsschicht in Wirtschaft und Politik. 

Nachdem der Stadtrat von Marburg am 30. Oktober 1918 die Zugehörigkeit der Stadt zu Deutsch­österreich erklärt hatte, übernahm Major Rudolf Maister am 1. November 1918 die Befehlsgewalt über die Stadt. Der Stadtrat von Marburg stellte zur Verteidigung der Stadt und der Untersteiermark eine Schutzwehr aus deutschen Steirern auf, die jedoch am 23. November zur Kapitulation gezwungen wurde. An diese Schutzwehr möchte Šiško zumindest namentlich jetzt nun anschließen. 

Als sich am 27. Januar 1919 mehr als 10000 pro-österreichische Untersteirer aus Anlass bevorstehender Verhandlungen einer US-Delegation über die zukünftige Grenze auf dem Marburger Hauptplatz versammelten, eröffneten slowenische Soldaten sogleich das Feuer. Der Marburger Blutsonntag forderte 13 Tote und 60 Verwundete. 

Tausende deutschsprachige Untersteirer verließen nach 1918 das Land, teils freiwillig, teils durch indirekte Maßnahmen gezwungen oder gar direkte wie Abschiebung. Alle deutschsprachigen Schulen und Vereine wurden zwangsaufgelöst. Bei den Volkszählungen gaben immer weniger Menschen Deutsch als Muttersprache an. Nach dem Zerfall Jugoslawiens wurde in Slowenien im Gegensatz zu anderen Nachfolgestaaten die Existenz einer deutschen Minderheit nicht anerkannt.