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21.09.18 / »Um Bayern, nicht nur um Deutschland« / Ministerpräsident Markus Söder versucht, die Bundespolitik aus dem Landtagswahlkampf herauszuhalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-18 vom 21. September 2018

»Um Bayern, nicht nur um Deutschland«
Ministerpräsident Markus Söder versucht, die Bundespolitik aus dem Landtagswahlkampf herauszuhalten
Peter Entinger

Knapp einen Monat vor der Landtagswahl in Bayern werden die Umfragewerte für die bislang allein regierende CSU immer schlechter. Parteichef und Bundesinnenminister Horst Seehofer vermittelt nichtsdestoweniger den Eindruck, an eine Wende zu glauben.

„Für die CSU ist alles möglich, auch die Verteidigung der absoluten Mehrheit“, sagte Seehofer den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Es wird eine ganz große Herausforderung, weil viele Menschen sich erst zuletzt entscheiden, ob und wen sie wählen.“

Bayern stehe „prächtig“ da, sagte Seehofer und lobte seinen Nachfolger im Amt des bayerischen Regierungschefs, Markus Söder: „Wir haben einen wirklich guten Ministerpräsidenten. Unser Problem ist das Aufkommen der AfD.“ 

Die Rechtspartei erreicht in den Umfragen bisher rund 14 Prozent der Stimmen. Allerdings ist das Potenzial der AfD schwer einzuschätzen, weil sie in der Fläche nicht überall präsent ist. Bei der Bundestagswahl 2017 hat die Partei trotz eines eher mäßigen Wahlkampfs im Freistaat weitaus besser abgeschnitten, als es die Umfragen vorhergesagt hatten. 

Die Christsozialen werden zunehmend nervös und machen Front gegen die rechte Konkurrenz. Ministerpräsident Söder fordert nach den Ereignissen von Chemnitz härtere Maßnahmen gegen die AfD. „Chemnitz ist für mich ein Einschnitt, weil deutlich wurde, dass die AfD nicht einfach ein Sammelbecken für Protest ist, sondern Seit an Seit mit NPD, Pegida und Hooligans marschiert“, sagte der CSU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Wenn die Bayern-AfD dann auch noch freien Waffenbesitz fordere, sei dies ein Angriff auf das Gewaltmonopol des Staates.

 Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren hatte die CSU mit 47,7 Prozent noch 101 von 180 Sitzen im Landtag errungen. In den Umfragen kam sie zuletzt nicht über 36 Prozent hinaus. Die in Bayern traditionell schwache SPD kämpft um ein zweistelliges Ergebnis. Zweitstärkste Kraft wären derzeit die Grünen, die auf 16 Prozent kommen. Die bereits im Landtag vertretenen Freien Wähler können ebenso von einem erneuten Einzug träumen wie die FDP, die derzeit knapp oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde liegt. Der Linkspartei werden keine realistischen Chancen eingeräumt.

Den Versuchen, das Umfragetief seiner Partei allein auf den Streit mit der CDU im Sommer über die Asylpolitik zurückzuführen, hält Seehofer entgegen: „Wenn ich und die CSU an allem Schuld wären, müsste die SPD glänzend in den Umfragen dastehen, die CDU noch besser. Aber in Wahrheit haben wir im Moment auch zu dritt keine Mehrheit.“

Obwohl der CSU eine historische Pleite droht, erwarten die meisten Wahlberechtigten auch nach dem Wahltermin am 14. Oktober weiter Markus Söder als Ministerpräsidenten. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GMS sagten 57 Prozent aller Wahlberechtigten und 79 Prozent der CSU-Anhänger, Söder solle Ministerpräsident bleiben. 61 Prozent gehen davon aus, dass Söder im Amt bleibt. Eine Alleinregierung der CSU befürworten laut der GMS-Umfrage zwar nur noch 18 Prozent der Wähler, aber 60 Prozent wäre eine Koalition unter CSU-Führung am liebsten. Auf die Frage, wen die Wahlberechtigten sich als Koalitionspartner der CSU wünschen, gibt es keine einhellige Antwort. 23 Prozent würden gern die Freien Wähler in der Regierung sehen, 22 Prozent die Grünen. Eine Koalition ohne CSU wünschen sich nur 15 Prozent der Bayern. 

Seehofer nimmt das zum Anlass, um Hoffnung zu verbreiten: „Das Grundvertrauen der Bayern in die CSU sei noch vorhanden, wir müssen jetzt kämpfen und dann können wir ein deutlich besseres Ergebnis als erwartet erzielen.“ 

Hauptgegner der CSU in den letzten Wochen vor der Wahl ist die AfD. „Wir haben erstmals eine Partei rechts der Union, die sich mittelfristig etablieren könnte, ein gespaltenes Land und einen mangelnden Rückhalt der Volksparteien in der Gesellschaft“, sagte Seehofer. Dies habe zwar „nicht nur“ mit der Immigrationspolitik zu tun, doch bezeichnete er die Migrationsfrage als „Mutter aller politischen Probleme“ in diesem Land. 

Söder versucht händeringend, andere Themen zu setzen als die Asylpolitik. Bayern stehe gut da, die Wirtschaft floriere. Auch das Vertrauen der Bürger in die innere Sicherheit sei noch groß. „Die Dinge, die jetzt im Moment diskutiert werden, haben ja mit Bayern nur sehr wenig zu tun im Grunde genommen“, sagte der CSU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl. Um im Schlussspurt die Zustimmung für die CSU zu verbessern, sei es wichtig, herausarbeiten zu „können, dass es bei der Landtagswahl um Bayern geht, nicht nur um Deutschland“.

Viele in der Partei empfinden die Auftritte von Innenminister Seehofer mittlerweile als Belastung. Offen sagen will dies niemand. Auf den letzten Metern solle nicht noch durch öffentliche Streitereien unnötiges Porzellan zerschlagen werden. Doch hinter den Kulissen brodelt es. „Vertraute der beiden schildern Missmut bis Misstrauen. Seehofer sieht seine Zweifel an Söders Landesvater-Kompetenz durch die Umfragen bestätigt. Söder ist schwer genervt von den Berliner Wortmeldungen zur Asylpolitik“, schreibt der gewöhnlich gut informierte „Münchner Merkur“. Sollte die Landtagswahl zum Desaster werden, drohe in der CSU ein offener Krieg.