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21.09.18 / Verrohte Sprache

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-18 vom 21. September 2018

Verrohte Sprache
Erik Lommatzsch

Seit die AfD in die Parlamente, insbesondere den Bundestag, eingezogen ist, verroht die Sprache. Dies wurde zunächst als vorurteilende These geäußert. Inzwischen lässt es sich vielfach bestätigen. Man muss nur einen Blick auf jüngere Äußerungen und Debatten werfen. Allerdings sind es mitnichten die Verlautbarungen der noch relativ jungen Partei. Vor allem die Vertreter der SPD fühlen sich neuerdings zu verbalen Ausfällen sondergleichen animiert. 

Andrea Nahles verkündete als Fraktionsvorsitzende bereits kurz nach der Bundestagswahl 2017: „… ab morgen kriegen sie in die Fresse.“ Gemeint war die kommende Regierung. Nahles ging davon aus, dass ihre Partei nicht an dieser beteiligt sein werde. Es kam anders, nun bekommen andere „in die Fresse“. 

Martin Schulz, zurzeit einfacher SPD-Abgeordneter, folgt der Vorgabe der Chefin. In der Generaldebatte des Deutschen Bundestages in der vergangenen Woche behauptete er, AfD-Bundessprecher Alexander Gauland bediene sich in seinen Reden der „Mittel des Faschismus“, eine „ähnliche Diktion hat es in diesem Haus schon einmal gegeben“. Schulz rief damit Reminis­zenzen an Zeiten hervor, in denen eine verbrecherische Politik das Land an den Abgrund führte. Besäße er einen Deut historischer Bildung, wäre ihm die Ungeheuerlichkeit dieses Vergleichs bewusst.

Schulz hatte allerdings nur vorlegt. Dessen Hamburger Parteifreund Johannes Kahrs senkte das Niveau noch einmal kräftig. Nach mehrfacher Klassifizierung von AfD-Mitgliedern als „Rechtsradikale“ und der Aufforderung in Richtung der Fraktion, „Schauen Sie in den Spiegel, dann sehen Sie, was diese Republik in den 20ern und 30ern ins Elend geführt hat“, begab er sich, abermals die Spiegel-Wendung nutzend, auf einen Tiefpunkt des parlamentarischen Gebarens, den persönlichen Angriff. An Gauland gewandt: „Hass macht hässlich! Schauen Sie doch in den Spiegel.“

In einem Interview nach der Bundestagsdebatte bezeichnete Kahrs seine Ausführungen als „klare Kante“ gegenüber „diesen Spaltern und Hetzern“. Das „ewige Mimimi von Rechtsradikalen“ – die AfD hatte während Kahrs‘ Rede den Plenarsaal verlassen – zeige, dass diese austeilen, aber nicht einstecken könnten.

Neu mag sein, dass der Oberst der Reserve Kahrs seine Unflätigkeiten ins Parlament trägt. Ansonsten sah er die Dinge nie so eng. „Schlampe halt“, twitterte er 2016 über das Bild einer Schülerin. Bereits 1992 war er der Polizei als anonymer Anrufer bei einer innerparteilichen Konkurrentin ins Netz gegangen. Dass er auch für die vor der Fangschaltung getätigte Äußerung „Ich krieg dich, du Schlampe“ verantwortlich war, bestritt er. 

In Anbetracht des stetigen Absinkens der Wählerzustimmung steht die SPD mit dem Rücken zur Wand. Aufkommende Panik offenbart erschreckende Erziehungsdefizite einiger Genossen bezüglich einfachster menschlicher Umgangsformen, von Demokratieverständnis ganz zu schweigen. Wahrscheinlich sollte man in diesen Zeiten dankbar sein, wenn es bei Worten bleibt. Es sei daran erinnert, dass SPD-Vize Ralf Stegner auch schon einmal formuliert hatte, man müsse „Positionen und Personal“ der AfD „attackieren“.