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21.09.18 / Zeuge in eigener Sache / Ein TV-Porträt würdigt Erzbischof Nossol als Diener der Verständigung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-18 vom 21. September 2018

Zeuge in eigener Sache
Ein TV-Porträt würdigt Erzbischof Nossol als Diener der Verständigung
C. W. Wagner

Als ich in meiner Kindheit auf dem Feld gearbeitet und Kühe gehütet habe, dachte ich über meine Zukunft nach. Ich stellte mir die Frage, in welchen Beruf man den Menschen am meisten helfen könne, und kam zu dem Schluss, dass dies im Priesteramt am besten möglich sei“.

Pontifex heißt ein Film von TVP Oppeln, in dem der emeritierte und aus einer deutschen Familie stammende Erzbischof Alfons Nossol (86) über sein Leben und Wirken erzählt. Am 16. September durfte der „Ich-Erzähler“ Nossol den Film von Beata Hyzy-Czolpinska aus Bialystok und Sylwia Nieckarz zum ersten Mal sehen. „Der Film wäre objektiver gewesen, wenn ich nicht selbst gesprochen hätte. Aber damit muss ich leben. Aber die Produktion erinnert vielleicht den einen oder anderen daran, dass bei uns in Schlesien das Anderssein nicht Fremdsein bedeutet. Durch Fremdsein kann man nicht bereichern, aber durch das Anderssein. Ich möchte durch unser schlesisches Anderssein, das offene, europäische Anderssein, andere bereichern, denn dies dient einer tieferen Aussöhnung und dem Frieden für alle “, sagte Nossol nach der Premiere im Oppelner Kino Helios. 

Der Film spielt in Nossols Heimatdorf Broschütz [Brozec] in der Gemeinde Walzen [Walce], auf dem St. Annaberg, in Groß Stein [Kamien Slaski], wo Nossol im Sebastianeum Silesiacum seinen Alterssitz hat, in der Oppelner Kathedrale, die eine zweite Hauptrolle im Film spielt sowie in Görlitz, wo er 2017 den Europäischen „Brückepreis“ entgegennahm.

„Die Idee des Filmes war, den Erzbischof selbst erzählen zu lassen und so durch die von ihm geschilderten Ereignisse den Menschen und Geistlichen Nossol zu porträtieren“, erklärte Marek Lis, kirchlicher Assistent im Film.

So unternimmt der Film unter anderem den Versuch einer Erklärung, wie man im Geiste der Ökumene handeln sollte und gleichzeitig in seiner Meinung überzeugt bleibt. Dazu sagte Nossol nach der Premiere: „Der Heilige Vater hat während des ökumenischen Gottesdienstes in der Dreifaltigkeitskirche zu Warschau einen der größten Theologen des 20. Jahrhunderts zitiert, den Schweizer Karl Barth, der sagte, wir Christen glauben zwar anders, aber wir glauben nicht an einen Anderen“. In „Pontifex“ erklärt Nossol: „Für mich als Schlesier ist es einfacher, die Ökumene zu leben, denn dafür muss man wollen, sich in das christliche Anderssein hineinzudenken und sie lernen zu wollen“.

Bei der Filmprämiere in Oppeln war auch der jetzige Bischof der Diözese Oppeln und Nossols-Nachfolger, Andrzej Czaja, anwesend. Dieser war mit der „Ich-Form“ des Zeitdokumentes zufrieden: „Keiner von uns hätte seine Gedanken so gut wiedergeben können, wie er selbst. Er hat in dem Film viel von seinem Inners-ten, vom Herzen preisgegeben und davon, wie sich sein Herz an seinem Lebensanfang geformt hat. Deshalb ist es ein besonders wichtiger Beitrag. Und die Art der Filmgestaltung finde ich sehr attraktiv und sehr fesselnd. Es wird nicht langweilig und es gibt viele Momente mit wichtigen Botschaften“.

Regisseurin Beata Hyzy-Czolpinska musste viel Überzeugungsarbeit leisten, denn Nossol wollte zunächst am Film partout nicht mitwirken. „Es dauerte einige Monate Überzeugungsarbeit, bis er endlich seine Einwilligung gab. Doch als wir mit dem Team vor Ort waren, hieß es dann, er habe anderes zu tun. Aber einem Erzbischof verzeiht man Vieles. Ich bin fasziniert von seiner Persönlichkeit“, so Hyzy-Czolpinska, die im Film auch die Geschichte Schlesiens und die deutsch-polnischen Beziehungen nach dem zweiten Weltkrieg durch Nossol schildert.

Alfons Nossol gilt seit Jahrzehnten als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland sowie als Mittler zwischen den Konfessionen. 1980 ermöglichte Nossol dem damaligen Augsburger Bischof Josef Stimpfle, die erste deutsche Predigt seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem oberschlesischen St. Annaberg zu halten. Im Juni 1989 feierte er dort trotz polnischer Vorbehalte selbst einen deutschsprachigen Gottesdienst und führte deutschsprachige Messen in seiner Diözese ein. Im November 1989 nahmen auf Initiative Nossols Bundeskanzler Helmut Kohl und der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki an einem von Nossol gefeierten Versöhnungsgottesdienst im niederschlesischen Kreisau [Krzyzowa] teil, nachdem Polen sich zuvor jedoch gegen eine Massenmanifestation am St. Annaberg gesträubt hatte, wo der Großteil der deutschen Schlesier wohnt. Oppeln verdankt Nossol die Universität. Zuerst gründete Nossol ohne Zustimmung der Behörden eine Filiale der Katholischen Universität Lublin, und nach dem Zusammenschluss mit der Pädagogischen Hochschule entstand daraus doch noch eine Universität Oppeln.