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28.09.18 / »Merkel ist eine Zerstörungskanzlerin« / Interview: Willy Wimmer über die Regierungspolitik, die Medien und den entmachteten Souverän

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-18 vom 28. September 2018

»Merkel ist eine Zerstörungskanzlerin«
Interview: Willy Wimmer über die Regierungspolitik, die Medien und den entmachteten Souverän

Er war 33 Jahre lang Abgeordneter im Deutschen Bundestag und bekleidete hohe und einflussreiche Ämter: Verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium und Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der KSZE/OSZE. Als Spezialist für außen- und sicherheitspolitische Fragen ist Willy Wimmer bis heute gefragter Interviewpartner nationaler und internationaler Medien. Das Interview führte Bernd Kallina.

PAZ: Von Charles de Gaulles stammt der Satz, dass Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen haben. Spiegelt er Ihre jahrzehntelange Erfahrung in nationaler und internationaler Politik wider?

Willy Wimmer: Ich finde den Satz von Charles de Gaulles nur bedingt richtig. Wir haben als Bundesrepublik Deutschland unsere Sternstunden unter den Kanzlern Adenauer, Brandt, Schmidt und vor allem auch Helmut Kohl gehabt, weil wir mit unseren europäischen Nachbarn pfleglich und gut umgegangen sind und ihre Interessen immer in die deutschen Überlegungen mit einbezogen haben. Kohl beispielsweise war immer streng darauf bedacht, gerade die besonderen nationalen Anliegen der kleineren Staaten zu berücksichtigen. Das genaue Gegenteil erleben wir mit der „Zerstörungskanzlerin“ Angela Merkel, die ja im Zusammenhang mit ihrer einsamen Migrationsentscheidung vom September 2015 alles daran gesetzt hat, um ihr Vorhaben, die dauerhafte Grenzöffnung durchzusetzen, aber keinen unserer Nachbarn in ihre Pläne einbezogen hat – bis auf den österreichischen Bundeskanzler Faymann, dem sie die Pistole auf die Brust gesetzt hat und der dann sofort kapitulierte.

PAZ: Im Untertitel Ihres neuen Buches („Deutschland im Umbruch“, Zeitgeist-Verlag 2018) steht der Satz „Eine Republik wird abgewickelt“. War hierbei der Merkelsche Verfassungsbruch durch Gewährung von illegaler Massenzuwanderung die entscheidende Zäsur?

Wimmer: Ja, denn unser Land ist aufgrund dieser Entscheidung nicht mehr wiederzuerkennen. Und Sie können sogar in den Publikationen regierungsfreundlicher Verlage genau nachlesen, was führende deutsche Polizeibeamte oder Mitarbeiter aus dem Sicherheitsapparat lange vor diesem verhängnisvollen Wochenende im Herbst 2015 bei der Kanzlerin alles – geradezu händeringend – unternommen haben, um den klar erkennbaren Übergriff an den deutschen Grenzen abzuwehren. Doch sie hat sich jedem Schutz der deutschen Grenzen versagt – und das Ergebnis sehen wir heute.

PAZ: Was war das Motiv der Kanzlerin?

Wimmer: Darüber kann man nur spekulieren. Sie hat bis heute dem deutschen Volk ihre Motivlage nicht erklärt und der Deutsche Bundestag hat vor ihr in erbärmlicher Weise gekuscht. Selbst Ministerpräsidenten deutscher Länder reklamierten im Fernsehen, dass das deutsche Parlament dieser zentralen Aufgabe nicht nachgekommen sei. Wenn wir jedoch eine Verfassung, eine Regierung und ein Parlament haben, die ihrem Auftrag nicht entsprechen, dann müsste man die dort       (Un-)Verantwortlichen eigentlich in Handschellen legen!

PAZ: Mehrfach haben Sie die Leitmedien in Deutschland scharf kritisiert. Um einigermaßen angemessen und wahrheitsgemäß über wichtige Vorgänge nationaler und internationaler Politik informiert zu sein, müsse man sich über ausländische Medienquellen versorgen. Wie erklären Sie sich diese missliche Lage?

Wimmer: Das hängt auch mit dem Hauptstadt-Wechsel von Bonn nach Berlin zusammen. Wir haben nicht nur eine andere Medienlandschaft bekommen, sondern auch eine veränderte politische Situation im Land selber. Aus einem Land souveräner Bürger – und das sind wir in der Bonner Republik gewesen – hat sich in den letzten Jahren eine Lage entwickelt, in der die politische und administrative Macht in den Händen von Verbänden, Lobbyorganisationen und NGOs liegt und der Bürger dabei überhaupt keine Rolle mehr als Souverän spielt. Dem entspricht auch die Entwick­lung von Presse und Rundfunk. Die Berliner Medienakteure bilden nicht mehr eine publizistische Vielfalt und damit den unterschiedlichen bürgerschaftlichen Willen in Deutschland ab, wie das noch zu Bonner Zeiten weitgehend der Fall war. In der Tat ist es so, dass ich, in der Berliner Republik von heute, über viele ausländische Medien oftmals besser über unser Land informiert werde als durch die eigenen.

PAZ: Zum 90. Geburtstag von Peter Scholl-Latour hob er in einem Interview hervor, dass das Problem in diesem Zusammenhang auch „Fabriken der Desinformation“ seien, ob sie nun in North Carolina, London oder in Israel stünden. Sie zielten auf deutsche und europäische Medien, und das klappe wie am Schnürchen. Von der „Taz“ bis zur „Welt“ – unisono. Halten Sie diese Aussage für übertrieben?

Wimmer: Ich weiß nicht, welche Überlegungen Scholl-Latour im Zusammenhang mit dieser Aussage wirklich gehabt hat. Aber wenn man sich im Zusammenhang mit der allgemeinen Kriegspolitik des Westens seit dem Jugoslawienkrieg 1999 die Entwick­lung ansieht, dann muss man ja davon ausgehen, dass die Unterstützung dafür flächendeckend von gleichgerichteten Medienzentralen aus gesteuert worden sind. Jeder weiß, dass dabei beispielsweise bei CNN Christiane Amanpour eine wesentliche Rolle gespielt hat, den gesamten Westen im Zusammenhang mit der amerikanischen Kriegspolitik „einzunorden“. Insofern könnte Scholl-Latour das gemeint haben.

PAZ: In Ihrem Buch erwähnen Sie ein verstärktes Einwirken politischer Kräfte von außen auf die Bundesrepublik nach 1990. Worin unterscheidet sich dieses Einwirken im Vergleich zur Zeit davor?

Wimmer: Wir hatten vor der Wiedervereinigung eine Lage, in der wir unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten nur teilsouverän waren. Es galten die alliierten Vorbehaltsrechte, die sich auf die Möglichkeit einer Wiedervereinigung bezogen und das hatte eine ganze Menge von Konsequenzen. Aber: Wie souverän Deutschland vor 1989 wirklich war, zeigte das Zehn-Punkte-Programm von Helmut Kohl, mit dem der Weg zur deutschen Wiedervereinigung aufgemacht wurde. Dieses Programm wurde mit keinem der drei West-Alliierten in irgendeiner Form abgestimmt. Kohl hat das auf seine Kappe genommen, ist damit an die Öffentlichkeit gegangen und hat damit deutlich gemacht, dass ein teilsouveränes Land, wenn es um die zentrale nationale Frage geht, weiß, wie es zu entscheiden hat. Papierkram hin, Papierkram her. Der Unterschied zur heutigen Situation besteht darin, dass wir über den 2+4-Vertrag zwar formal ein voll souveränes Land geworden sind, allerdings mit dem Ergebnis, dass wir eine nationale Kompetenz nach der anderen an internationale Organisationen oder an den US-amerikanischen NATO-Oberbefehlshaber – und damit den US-Präsidenten – abgetreten haben. Siehe das Verrenken der jeweiligen Bundesregierung um den berühmten Parlamentsvorbehalt beim Einsatz der Bundeswehr, wo in diesen Tagen Ursula von der Leyen schon darüber spekuliert, wie man in Syrien in einen völkerrechtsfeindlichen Krieg einsteigen kann und wie man Tricksen muss, damit der Bundestag umgangen werden kann.

PAZ: Deutsche Selbstbestimmung in der NATO, in der EU, in einer globalen Welt mit großen internationalen Verflechtungen auch vertraglicher Art. Wäre unser Spielraum merklich größer, wenn wir eine patriotisch orientierte Führungselite hätten? 

Wimmer: Wir haben noch nicht einmal eine Elite, die die Verfassung ernst nimmt. Dabei bräuchte man gar keinen besonderen Impetus zu zeigen. Ich bin sowieso auf dem Begriffsfeld „patriotisch“ nur schwer ansprechbar, weil ich der Auffassung bin, dass wir in einem Rechtsstaat leben, da gelten die Gesetze und da gilt die eigene Verfassung. Aber wir haben es in den zurückliegenden 20 Jahren von 1999 an zweimal mit einem staatlich oktroyierten Rechtsbruch zu tun gehabt. Einmal im Zusammenhang mit dem Jugoslawienkrieg und der zweite war die einsame Migrationsentscheidung vom September 2015 durch eine sogenannte Bundeskanzlerin, die deutsche Grenzen für eine illegale und von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnte Masseneinwanderung einfach öffnete. Beide Rechtsbrüche haben Deutschland entscheidend geschwächt, um es zurückhaltend auszudrücken.

PAZ: Also sind Sie in erster Linie Verfassungspatriot?

Wimmer: Ich bin Deutscher und freue mich immer, dass wir nahe Maastricht und Eupen leben!

PAZ: Nun steht die Bundesrepublik ja wieder vor einer entscheidenden Frage dieser Art. Dabei geht es um die erwogene Beteiligung an einer militärischen Aktion im Syrienkonflikt. Die würde ja sowohl gegen das Völkerrecht als auch gegen das Grundgesetz verstoßen. Womit müssen wir rechnen?

Wimmer: Wir müssen damit rechnen, dass an dieser Frage die Koalition in Berlin zerplatzt. Denn wenn es nicht vorher schon aus anderen Gründen zum Exitus dieser komischen Regierung kommt, dann wird hier die Glaubwürdigkeitsfrage für die Sozialdemokraten eine zentrale Rolle spielen. Dabei geht es um die Interessen der Menschen dieses Landes und um die Achtung aller Staatsbürger, der Regierung und des Parlaments vor der eigenen Verfassung und dem Völkerrecht. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat ja bereits unmissverständlich klar gemacht, dass die SPD einem Einsatz der Bundeswehr in Syrien, der von vorne bis hinten illegal wäre, nicht zustimmen wird. Und ich glaube, dass es dabei bleibt.

PAZ: Sie haben im russischen Auslandsfernsehsender RT Deutsch unlängst geäußert, dass das Schicksal der USA und der Welt an einem seidenen Faden hinge. Wie meinen Sie das?

Wimmer: Wir brauchen uns ja nur den Umstand anzusehen, dass in den USA ein Präsident mit dem Namen Donald Trump gewählt worden ist, von dem die „größte Gefahr“ überhaupt ausgeht, weil er sich mit der Russischen Föderation im Interesse von uns allen verständigen möchte. Dagegen steht das gesamte Kriegs-Establishment in Washington, bestehend aus einem Großteil der Republikaner und der Demokraten. Und die überschütten Trump jeden Tag mit Kübeln von Unrat, und wir sehen ja heute schon ganz offiziell in der Welt, mit wem wir es zu tun haben. Es ist eine gefährliche, unübersichtliche Gemengelage entstanden. Niemand weiß, wer zurzeit für die Vereinigten Staaten handelt: Ist es der Präsident oder ist es das Kriegs-Establishment? Wir haben es mit einer brandgefährlichen Situation zu tun.