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28.09.18 / Enthüllende Kunst / Ein neuer Donnersmarck – »Werk ohne Autor« kommt in die Kinos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-18 vom 28. September 2018

Enthüllende Kunst
Ein neuer Donnersmarck – »Werk ohne Autor« kommt in die Kinos
H. Tews

Bei der ersten Vorführung seines neuen Films vor Hamburger Kritikern gab sich Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck die Ehre. Er wartete ungeduldig auf die ersten Meinungen. Schließlich habe er vier Jahre Arbeit in sein drittes Kinoprojekt investiert, das „kompromisslos ehrlich“ sein soll. Am Ende gab es dafür sogar Applaus.

Nach seinem Oscar-prämierten Film „Das Leben der Anderen“ (2007) sowie seinem nur halbwegs geglücktem Hollywoodausflug mit „The Tourist“ (2010) legt er jetzt mit „Werk ohne Autor“ eine verkappte Biografie des Künstlers Gerhard Richter vor. Wir sehen die Lebensstationen des Dresdener Malers, wir sehen seine Anfänge als Maler des Sozialistischen Realismus, die Flucht mit seiner Frau in der Berliner 

S-Bahn in den Westen, seine Aufnahme in der Düsseldorfer Kunstakademie, seine Begegnung mit dem schrägen Josef Beuys, und wir sehen ihn bei der Arbeit an seinen verwischten fotorealistischen Bildern, die eine dunkle NS-Vergangenheit enthüllen. 

Nur heißt Richter in dem Film eben nicht Richter, sondern Kurt Barnert, wie denn auch alle anderen reale Vorbilder fiktive Namen erhalten haben. Er habe sich bei der Zeichnung der Figuren Freiheiten genommen, begründet Donnersmarck diese Verschlüsselung bei einem Film, der bloß nicht dokumentarisch sein soll.

Wie bei Fledermäusen, so er­klärte der Regisseur den Filmkritikern, sei es wichtig, Signale auszusenden, viel wichtiger aber sei, welche zu empfangen. Mit viel Empathie für seine handelnden Figuren hat sich Donnersmarck also ans Werk gemacht. Dafür nimmt er sich Zeit, viel Zeit. Drei Stunden lang trägt er ein familiäres Schicksal aus Richters Leben vor, dessen Hintergründe dem Künstler selbst erst im Jahr 2004 durch eine journalistische Re­cherche bekannt wurden: Der Schwiegervater seiner ersten Frau war in der NS-Zeit als Gynäkologe und SS-Arzt mitverantwortlich dafür, dass eine unter Schizophrenie leidende Tante von Richter zum Euthanasie-Opfer wurde. 

Für „Werk ohne Autor“ wechselte Sebastian Koch die Seiten. War er in „Das Leben der Anderen“ das von der Stasi verfolgte Opfer, so ist er jetzt der dämonische Täter, der sich in Richters/ Barnerts Bildern ertappt fühlt. Als vom autoritären Schwiegervater eingeschüchterten Maler macht Tom Schilling eine gute Figur. Er findet zu seinem ab­strakten Stil, Donnersmarck dagegen weniger. Etwas an Richter orientierter Mut zum Experiment hätte dem Film gutgetan. Es bleibt bei solidem Filmrealismus, der dem üblichen Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse verhaftet ist. Weil Hollywood das bei Donnersmarcks erstem Film goutiert hat, geht „Werk ohne Autor“ in Ermangelung besserer Alternativen für Deutschland zu Recht ins Rennen als bester fremdsprachiger Film für die Oscars 2019.