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28.09.18 / Ein Fels aus Freundschaft und Poesie / Der Mensch Ulrich Schacht – eine persönliche Würdigung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-18 vom 28. September 2018

Ein Fels aus Freundschaft und Poesie
Der Mensch Ulrich Schacht – eine persönliche Würdigung
Sverre Schacht

Poet, politischer Kopf, Charismatiker, Christ und Kat­zenliebhaber – Ulrich Schacht verströmte Zeit seines Lebens gestalterische Kraft auf vielen Ebenen. Sie wirkt weiter über die Summe der Teile seines Lebens. Sie bewirkte etwas in Menschen. Umgeben von einem Rudel Katzen und meist mehreren Stapeln Büchern und Zeitungen – Letzteres selbst auf Reisen – sprach er über Politik so selbstverständlich und urteilsmächtig („kurz und gar nicht gut“) wie über die von ihm geliebte Philosophie, insbesondere die Vorsokratiker, aber auch Schelling und Heidegger. 

Seinen Gästen auf dem Schwedenhof tischte er geistreich und oft deftig wie wortgewandt auf. Er bewirtete mit Flusskrebsen, feinen Weinen und der Einladung zu geistreichen Gesprächen. Der Dichter (er liebte japanische Haikus) mit dem lutherischen Temperament hatte auch einen Sinn für die feinen Wahrnehmungen und Botschaften der Natur, vor allem aber für die Familie. Sie war das Zentrum seiner Liebe, wie ein ungeheurer Freundeskreis Bewegungsraum seines an Plänen und gemeinschaftlichen Projekten reichen Lebens war, festgehalten im regelmäßig erneuerten und doch durch Gebrauch rasch zerfallenden, umfangreichen schwarzen Adressbuch. Schwarz – nicht im Sinne von Düsternis, sondern von Klarheit – war die Farbe seiner Wahl. Mit einem Gin in der Hand und dem Blick auf das Meer, und mehr noch auf seine Gäste, lud er auf der Terrasse seines zur Bibliothek ausgebauten einstigen Hühnerstalls zur Analyse des Zeitgeschehens und der Naturschönheit ein. Es war sein selbst gewähltes Schwedenexil, das ihm Kraft gab, ihn zwischen Lesereisen und Begegnungen in Deutschland erdete, Abstand schaffte. 

Sein Humor speiste sich aus einer im besten Sinne konservativen Haltung, die vom Zeitgeist unkorrumpiert und deftig – mitunter auch gegen sich selbst die freie und kenntnisreiche Rede auf eine Weise kultivierte, wie sie besonders im Politischen selten geworden ist. Karikaturen über ihn – eher gegen ihn und sein streitbares politisches Wirken – sammelte er und freute sich selbstironisch darüber. Schon morgens hatte er sich in der Regel durch die wichtigsten Zeitungen gearbeitet, mit denen er auch mal die Kaffeetasse vom Tisch wischte. Stapel ausgewerteter Lektüre begleiteten seine Mitmenschen, einer beständigen Lawine gleich. Sie waren Zeugnis seiner Gegenwart wie seine bei näherem Hinsehen oft von Katzenkrallen durchdrungene Kleidung. 

Ulrich Schacht schonte sich nicht und teilte so gern den Lebensgenuss mit anderen. Sein Menschenbild war dabei weder negativ noch schwärmerisch humanistisch, es war ein nüchterner doch stets von harter Liebe geleiteter Blick auf den Nächsten, der nun erloschen ist. Ulrich Schacht lebt in seinem umfangreichen Werk weiter.