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28.09.18 / Merkwürdiges Demokratieverständnis eines Professors

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-18 vom 28. September 2018

Merkwürdiges Demokratieverständnis eines Professors
Wolfgang Kaufmann

Die Demokratie ist eine uralte politische Institution und muss daher ständig an die wechselnden Bedingungen  angepasst werden. Dabei kommt es allerdings zu erheblichen Diskrepanzen zwischen dem Ist- und dem Sollzustand in einer Demokratie, wie man an der aktuellen Situation in unserem Lande sehen kann. Insofern tat der Staats- und Verwaltungsjurist sowie frühere Innenminister von Schleswig-Holstein, Hans Peter Bull (SPD), grundsätzlich Recht daran, eine klärende Studie zum Thema „Was soll, was kann Demokratie?“ vorzulegen.

Allerdings erscheinen die Rezepte des Autors, wie die Demokratie unter den derzeitigen Bedingungen weiterentwickelt werden sollte, doch recht zwiespältig. Auf der einen Seite schlägt Bull eine „Stärkung der repräsentativen Demokratie durch straffere Organisation ihrer Entscheidungsprozesse“ und „häufigeren Wechsel der Amtsträger“ vor, was sicher sehr von Nutzen wäre. Auf der anderen Seite will er aber auch „mehr Befugnisse für das Europäische Parlament“ und keine nennenswerte Ausweitung der direkten Demokratie.

Das kann man als fachliche Meinungsäußerung eines Rechtswissenschaftlers akzeptieren, obzwar sich die vielen drängenden Probleme der Gegenwart so wohl kaum lösen lassen werden. Dahingegen zeugen Bulls Aussagen zur Zuwanderungsfrage von einem höchst merkwürdigen Demokratieverständnis: Wenn in Polen, Ungarn und anderswo in der EU das Volk keine Zuwanderer im Lande haben wolle, dann sei das „hochgefährlich für die europäische Einigung und für das demokratische Bewusstsein aller Europäer“. Deshalb sollten die „europäischen Demokraten“ den „Wi­derstand anderer nicht als unabänderlichen ‚Volkswillen‘ hinnehmen“. Das hieße dann konkret was, Herr Professor? 

Hans Peter Bull: „Was soll, was kann Demokratie?“, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2018, gebunden, 224 Seiten, 30 Euro