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28.09.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Die schon wieder / Wie wir von Erfolg zu Erfolg eilen, wie gewisse Elemente alles madig machen, und wie wir Treue zu »unserem System« erzwingen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-18 vom 28. September 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Die schon wieder / Wie wir von Erfolg zu Erfolg eilen, wie gewisse Elemente alles madig machen, und wie wir Treue zu »unserem System« erzwingen

Die strahlenden Erfolgsmeldungen und superguten Nachrichten nehmen gar kein Ende mehr. Erst hatten die Zeitungsverleger die deutsche Kanzlerin mit einem Preis geehrt (die PAZ berichtete vergangene Woche). Nun kam zudem heraus, dass die Deutschen laut Umfrage auf nichts und niemanden so furchtbar stolz sind wie auf ... na? ... Angela Merkel!

Zwischendurch hat uns ein „Integrationsbarometer“ bestätigt, was die Deutschen von Köln bis Chemnitz ohnehin schon ahnten: Die Integration von Asylsuchern und Immigranten läuft blendend. Kein Wunder also, dass selbst die sonst ewig nörgelnden „kritischen“ Künstler endlich mit dem Gemaule aufgehört haben und sich hinter die Politik ihrer Kanzlerin stellen. In einem Aufruf fordern sie den Sturz von Merkels Quälgeist Seehofer, weil der „fortwährend die Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung sabotiert und dem internationalen Ansehen des Landes schadet“.

Unterzeichnet haben 290 „Kulturschaffende“, wie sie sich nennen, von Günter Wallraff („Ganz unten“) bis Hugo Egon Balder („Tutti Frutti“). Der Begriff „Kulturschaffende“ hat kurzzeitig für Irritationen gesorgt. Laut einer Information der Bundeszentrale für politische Bildung haben dieses Wort die Nationalsozialisten erfunden. Legendär ist der „Aufruf der Kulturschaffenden“ von 1934, in dem die Damen und Herren Adolf Hitler anflehten, nach dem Tod von Reichspräsident Hindenburg endlich alle Macht im Reich an sich zu reißen. 

Nanu? Heißt es neuerdings wieder, dass damals ja nicht alles schlecht gewesen sei, schließlich habe Hitler ja auch die Autobahnen ...? Nein, nein, gewiss nicht. Wenn die 290 überhaupt etwas von Geschichte wissen, dann liegen ihre Wurzeln wohl eher im Jahre 1976. Damals wurde Wolf Biermann von der DDR-Führung ausgebürgert. Die Reaktion war laut SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ eine „überwältigende Zustimmung der Kulturschaffenden der DDR zur Politik von Partei und Regierung“. 

Das war wohl auch das Mindeste. Schließlich hatte Biermann mit seinen regimekritischen Liedern fortwährend die Arbeitsfähigkeit der Regierung der DDR sabotiert und dem internationalen Ansehen des Landes geschadet.

Nach all den Ehrungen, Erfolgsmeldungen und Solidaritätsbekundungen erwarten wir für kommende Woche die Berichte aus den Kombinaten und Produktionsgenossenschaften der Republik hinsichtlich der abermaligen Planübererfüllung in Vorbereitung des 31. Parteitags der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands vom 6. bis 8. Dezember 2018 in Hamburg.

Allerdings darf neben dem vielen Licht auch der Schatten nicht aus dem wachen Blick fallen. Nach wie vor schleichen nämlich feindlich-negative Elemente durchs Land.

Thomas Krüger, der Präsident der genannten Bundeszentrale für politische Bildung, will als Gegenmittel die politische Schulung  massiv ausbauen, besonders in den neuen Bundesländern. Das soll nicht nur die Schulen betreffen. Die jungen Leute habe man nämlich relativ gut im Griff, weiß Krüger zu beruhigen. Das Hauptproblem stellten die Leute dar, die noch zu DDR-Zeiten die Schulbank gedrückt hätten und heute im Berufsleben steckten. Die Demokratie-Erziehung, vor allem bei Polizisten oder anderen Beamten, müsse dringend intensiviert werden, so SPD-Mann Krüger, und das schwerpunktmäßig natürlich in Sachsen.

Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet jene Deutschen, welche als einzige eine erfolgreiche            demokratische Revolution durchgezogen haben, wissen – im krassen Kontrast zu Wessis und Nachgeborenen – von Demokratie am allerwenigsten und müssen dringend nachgeschult werden. Am besten durch Wessis und Nachgeborene. 

Wobei man bei den Deutschen nicht Halt machen darf. Überall in Europa treiben Populisten ihr Unwesen. In einigen Ländern haben sie schon die Macht gekapert, indem sie freie Wahlen dazu missbraucht haben, eigene Kandidaten aufzustellen. In Italien beispielsweise hat man die Gefahr viel zu spät erkannt und nicht rechtzeitig „Gegendemonstranten“ zusammengekarrt, um den Protest zu ersticken. Alle haben sie gepennt dort unten, die Medien, die zivilgesellschaftlichen Nichtregierungsorganisationen unter der Regierung von George Soros ebenso wie die hauptamtlich engagierten Bürger aus den Bürostuben von Kirchen und Gewerkschaften. 

Ein Versagen sondergleichen, das sich in unserer Republik nicht wiederholen wird. Berlin war schließlich auch dann noch stramm bei der Stange, als in der Sowjetunion mit ihrer lächerlichen Perestroika schon alles den Bach runter ging. Heute wie damals sind es die Polen und die Ungarn, die sich als erste in die Kurve einer „Wende“ gelegt haben. Da kann man mal wieder sehen, was das für unzuverlässige Gesellen sind.

Den Vogel der Frechheit abgeschossen hat aber ein anderes Volk. Eines, das seine sogenannte „Freiheit“ schon seit Langem höher schätzt als die Treue zu „unserem System“. Ich rede natürlich von den Briten. Die belassen es nicht beim Widerspruch, die machen sich sogar der Unionsflucht schuldig!

Hier hilft nur noch eines: Härte zeigen und streng bestrafen. Leiden sollen sie. Beim EU-Gipfel in Salzburg hat man Briten-Premier Theresa May nach allen Regeln der Folterkunst durch die Spießrutengasse gescheucht. Durch ein kaum darstellbares Maß an Selbstverleugnung hatte die Frau versucht, für ihren Inselstaat mildernde Umstände zu erkaufen: Die Regeln des EU-Binnenmarktes sollen in Großbritannien auch in Zukunft ebenso weitgehend gelten wie die EU-Gesetze zur Sozial-, Arbeits- und Umweltpolitik. 

Das Königreich ist also bereit, sich künftig Regeln zu unterwerfen, auf deren Gestaltung es als Ex-EU-Mitglied gar keinen Einfluss mehr hätte. Wie eine Kolonie. Und wenn’s mal Streit gibt zwischen London und Brüssel, so Mays Vorschlag, soll der Europäische Gerichtshof entscheiden, in dem dann auch kein Brite mehr mitbestimmt. Selbstbewussten Angelsachsen wurde speiübel angesichts von so viel Unterwürfigkeit.

Doch die EU-Partner ließen sich davon nicht erweichen. Unionsflucht bleibt Unionsflucht. Sie solle gefälligst eine zweite Volksabstimmung vornehmen, die anders auszugehen hat, wurde May dekretiert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte auch eine Idee parat, womit man ein zweites Referendum begründen könnte: „Lügner“ hätten die Briten zum Brexit verführt.

Ein gutes Argument, denn wenn die anderen eine Abstimmung gewinnen, waren schließlich immer Lug und Trug am Werk, so man aber selbst triumphiert, hat es die Weisheit des Volkes gefügt. Auf der Schiene kann man jede Abstimmung so oft wiederholen, bis die Bürger klein beigeben. Und sei es aus purer Erschöpfung.

Mit dem Wort „Lügner“ sind wir in Deutschland allerdings vorsichtig. Es liegt zu nahe an unserer politischen Praxis und steht daher als Hetzvokabel in Acht und Bann. Kanzlerin Merkel hatte einst gesagt, „wir schaffen das“, sprich: Wir kriegen die Asylflut in den Griff, auch juristisch, und dies wiederum bedeutet: Wir setzen unsere Regeln durch, indem Asylsucher nach Wegfall der Asylgründe Deutschland wieder verlassen müssen und illegal Eingereiste sowieso.

Nun enthüllt uns Wolfgang Schäuble, dass diese Aussage wohl das war, was man gemeinhin eine Lüge nennt. Von wegen, wir setzen unsere Regeln durch. Die Deutschen, so Schäuble, sollten nicht länger die „Hoffnung schüren“, dass ein Großteil der Asylsucher jemals heimkehren werde. Mit anderen Worten: Ätschibätschi, wir haben euch reingelegt. 

Ob das Ärger gibt? Ach nein: Thomas Krüger wird uns schon erklären, warum sich jeder, dem Merkels Lüge auf den Magen schlägt, als gefährlicher Populist entlarvt. Und das will niemand sein, also: Klappe halten.