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05.10.18 / Merkel zerlegt Volksparteien / Fraktionswahl hat gezeigt: Der Union fehlt die Kraft zur Neuorientierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-18 vom 05. Oktober 2018

Merkel zerlegt Volksparteien
Fraktionswahl hat gezeigt: Der Union fehlt die Kraft zur Neuorientierung
Hans Heckel

Einen Aufstand in der Unionsfraktion hat es nicht gegeben. Dafür fehlten Kraft und Orientierung. Der Umschwung wird viel größer.

Der neue Chef der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, beeilte sich nach seiner Wahl gegen den Merkel-Favoriten Volker Kauder zu betonen, dass kein Blatt Papier zwischen die Kanzlerin und ihn passe. Um seine Loyalität zu beweisen, sprach er sich sogleich dafür aus, dass Merkel im Dezember erneut für den Posten der CDU-Chefin kandidieren möge.

Was für einen kurzen Moment wie die Emanzipation der Unionsparlamentarier von der übermächtige Parteichefin aussehen mochte, war damit schon im ersten Anlauf erloschen. Diese Nachricht ist weitaus schwerwiegender als die Einsicht, dass Merkels Ära sich ihrem Ende neigt. Dieses Ende ist seit einem Jahr unübersehbar, die Kauder-Abwahl ist bloß ein weiterer Markstein eines überfälligen Abgangs.

Die Lauheit von Brinkhaus’ ersten Schritten legt vielmehr offen, dass der Union sowohl das Personal als auch die Orientierung fehlt für einen kraftvollen Neuanfang nach Merkel. Woran liegt das?

Die CDU-Chefin hat nicht bloß personell so lange um sich gebissen, bis alle konkurrenzfähigen Schwergewichte verschwunden waren. Sie hat mit ihrer Linkswendung der CDU das bundesdeutsche Parteiensystem insgesamt zerlegt. Denn aufgrund des Linksschwenks hat die CDU ihre Vorstellung davon eingebüßt, wofür sie stehen soll. Der Untergang der SPD ist der vorweggenommene Kollateralschaden dieser Entwicklung, weil die Sozialdemokraten in der linken Mitte keinen Platz mehr finden neben der Union.

Die Linkswendung der Union hat die politischen Debatten in Deutschland ins Irreale abrutschen lassen. Früher hat das offen ausgekämpfte Für und Wider „linker“ und „rechter“ Positionen eine Rückbindung an die Realität erzwungen, schon um der konkurrierenden Glaubwürdigkeit beider Lager willen. Heute dagegen herrscht eine einheitliche, phrasenhafte Realitätsverleugnung, die mittels Hysterie „gegen Rechts“ vor Einsprüchen aus der Wirklichkeit geschützt wird.

In diesem Umfeld kommen die Grünen noch am besten weg. Sie können sich nahezu gänzlich in ihrer Weltanschauung einmauern, denn ihre Wählerschaft ist die mit den höchsten Gehältern. Ein solches Klientel kann sich Wirklichkeitsverachtung am ehesten „leisten“.

Der Linkspartei erwachsen hier schon größere Probleme, wie Wagenknecht begriffen hat, ebenso schlingert die FDP. Am schlimmsten aber trifft es die beiden alten Volksparteien, die gänzlich von jener an die Wirklichkeit gekoppelten „Volkstümlichkeit“ lebten, die sie auf dem Weg nach Linksgrün verloren haben. Dass sie sich diese Volkstümlichkeit noch zurückerobern können, erscheint immer unwahrscheinlicher. Wahrscheinlicher wird damit eine gründliche Neusortierung des Parteiensystems.