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05.10.18 / Mehrere Hundert Klagen / Heiko Maas’ Zensur-Erbe als Justizminister beschäftigt die Gerichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-18 vom 05. Oktober 2018

Mehrere Hundert Klagen
Heiko Maas’ Zensur-Erbe als Justizminister beschäftigt die Gerichte

Als Heiko Maas noch Justizminister war, forderte er von sozialen Netzwerken wie Facebook, sie müssten rigoros gegen „rechte Hetze“ vorgehen und diese löschen. Die juristische Praxis zeigt, dass dies gar nicht so einfach ist. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Social-Media-Plattform, die dem Betreiber das Recht einräumen, allein auf der Grundlage selbst errichteter Maßstäbe über die Entfernung von geposteten Inhalten zu entscheiden, sind unzulässig. Der Grundsatz der Meinungsfreiheit gilt auch für soziale Netzwerke. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) München in einem grundlegenden Beschluss entschieden. 

Hintergrund ist eine Klage der AfD-Politikerin Heike Themel, die auf der Facebook-Seite von „Spiegel Online” einem Mitdiskutanten entgegnete: „Ich kann mich argumentativ leider nicht mehr mit Ihnen messen, Sie sind unbewaffnet und das wäre nicht besonders fair von mir.“ Facebook hatte den Kommentar mit der Begründung gelöscht, der Post verstoße gegen die Facebook-Richtlinien, wonach Rechte anderer Personen nicht verletzt werden dürften und Äußerungen nicht erlaubt seien, die gegen die Richtlinien von Facebook verstießen. In den AGB von Facebook heißt es hierzu. „Wir können sämtliche Inhalte und Informationen entfernen, wenn wir der Ansicht sind, dass diese gegen unsere Richtlinien verstoßen.“ 

Kritiker sprechen hierbei neudeutsch von der Gefahr des „Overblockings“, dem Über-Blockieren. Aufgrund staatlicher Regelungen würden Betreiber von sozialen Netzwerken dazu verleitet, übertrieben häufig Inhalte zu sperren, um auf diese Weise der Gefahr zu entgehen, durch rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen mit gesetzlichen Strafbestimmungen in Konflikt zu geraten. 

Das OLG betonte in seiner Entscheidung nun exakt diese Gefahr der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch eine zu extensive Sperrung von Inhalten. Eine Bestimmung in den AGB sei unwirksam, wenn der Vertragspartner hierdurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde. Das OLG erklärte aber, dass soziale Plattformen verpflichtet sind, sogenannte Hassbotschaften von ihren Seiten zu entfernen. Hassbotschaften sind demnach „Inhalte, die Personen aufgrund ihrer Rasse, ethnischen Zugehörigkeit, nationalen Herkunft, religiösen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder aufgrund von Behinderung oder Krankheiten direkt angreifen“.

Wo hierbei die juristische Grenze liegen könnte, zeigt sich an einem anderen Fall, den das Landgericht Heidelberg unlängst entschieden hat. Im Juli hat eine Facebook-Nutzerin einen Beitrag zum Thema Integration kommentiert: „Für fundamentalistische Muslime sind wir verweichlichte Ungläubige, Schweinefresser und unsere Frauen sind Huren. Sie bringen uns keinen Respekt entgegen.“ Facebook löschte den Beitrag und sperrte das Profil für 30 Tage – wogegen die Frau erfolglos klagte. Nach Auffassung der Richter war Facebook zu diesen Maßnahmen berechtigt, da das Unternehmen in seinen Gemeinschaftsstandards explizit Hassreden untersage. Diese werden definiert als direkte Angriffe auf Personen aufgrund ausdrück­lich aufgezählter und geschützter Eigenschaften, wie etwa ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft oder Religion.

Mit rund 2,17 Milliarden monatlich aktiven Nutzern ist Facebook das mit Abstand größte soziale Netzwerk der Welt. Derzeit sind alleine in Deutschland mehrere Hundert Klagen gegen die Löschpraxis anhängig.P.E.