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05.10.18 / Teurer Braunkohleausstieg / Der Verzicht kostet Tausende Arbeitsplätze und Milliarden Euro für teureren Strom

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-18 vom 05. Oktober 2018

Teurer Braunkohleausstieg
Der Verzicht kostet Tausende Arbeitsplätze und Milliarden Euro für teureren Strom
Norman Hanert

Ronald Pofalla, der Co-Vorsitzende der sogenannten Kohlekommission, hat mit der Nennung eines Ausstiegsdatums bei der Braunkohleförderung für erheblichen Wirbel gesorgt. 

Obwohl die Kommission erst wenige Male getagt hatte, preschte der frühere Kanzleramtschef in einem Interview mit dem „Spiegel“ vor. Pofalla präsentierte einen Zeitplan, über den er sich offenbar mit Kommissionsteilnehmern in vertraulichen Gesprächen verständigt hat. Demnach sollen die letzten Braunkohlekraftwerke zwischen 2035 und 2038 vom Netz gehen, fünf bis sieben große Kohlekraftwerke sollen bereits bis 2020 abgeschaltet werden. Der Merkel-Vertraute hat mit seinem Vorstoß über die Medien nicht nur bei seinen Kommissionskollegen für Irritationen gesorgt. Über ein Ausstiegsdatum sollte nämlich erst ganz zum Schluss geredet werden. 

Vor allem in Sachsen und Brandenburg hat der skizzierte Zeitplan auch für erheblichen Unmut gesorgt. Die Lausitz, die sich über beide Bundesländer erstreckt, befindet sich mittlerweile seit 1990 in einem tiefen Strukturwandel, der Tausende Arbeitsplätze gekos-tet hat. Derzeit arbeiten in der Lausitz noch immer etwa 8000 Menschen direkt in der Braunkohle-Industrie. Der Kohleabbau sorgt in der Region für eine Wertschöpfung von 1,5 Milliarde Euro pro Jahr. Sachsens christdemokratischer Ministerpräsident Michael Kretschmer rechnete unlängst vor, welche Mammutaufgabe es ist, den Wirtschaftsfaktor Braunkohle zu ersetzen: „Das bedeutet, jedes Jahr ein Unternehmen in der Größe von 50 Millionen Jahresumsatz anzusiedeln. Und das 20 Jahre lang in der Lausitz beispielsweise. Das ist die Aufgabe und jeder weiß, wie schwierig das ist.“

Auf Einladung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) haben sich Ende September Politiker, Gewerkschafter, Unternehmer und Experten zu einer Lausitz-Konferenz zusammengefunden, um über Zukunftsideen für die Region zu sprechen. In Cottbus anwesend waren auch die Ministerpräsidenten der Lausitzer Kohleländer Brandenburg und Sachsen. Präsentiert wurde Altbekanntes wie etwa die Forderung nach Geld vom Bund für den Strukturwandel. Beide Ministerpräsidenten wollen beim Bund aber auch durchsetzen, dass die Lausitz beim Aufbau des neuen 5G-Mobilfunk-Standards bevorzugt behandelt wird, damit zukunftsfähige Industriearbeitsplätze entstehen können. Der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis sprach sich für die Schaffung von Rahmenbedingungen aus, die es globalen Investoren leicht machen, sich für die Lausitz anstelle irgendeiner anderen Region zu entscheiden.“ 

Mit dem Verzicht auf Kohle als Energieträger müssen allerdings nicht nur Tausende Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen geschaffen werden. Das Industrieland Deutschland ist auch auf dem Weg, auf einen sehr kostengünstigen Energieträger zu verzichten. Die Erstellungskosten liegen bei der Braunkohleverstromung im Bereich weniger Cent je Kilowattstunde. Mit einem politisch forcierten schnellen Kohleausstieg drohen ganz erhebliche Belastungen für die privaten Verbraucher und die Wirtschaft. Wie aus einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Frontier Economics für den Energieversorger RWE hervorgeht, ist mit einem Anstieg der Strompreise um annähernd 20 Prozent zu rechnen, wenn ein Kohleausstieg bereits bis 2040 erfolgt. Den Berechnungen zufolge könnte der Preis bis 2040 um 25 Euro je Megawattstunde steigen. Pro Jahr würden sich damit laut Frontier Economics Zusatzkosten von bis zu vier Milliarden Euro ergeben. Insgesamt drohen den Stromkunden bei einem schnellen Kohleausstieg laut diesen Berechnungen zusätzliche Kosten von insgesamt rund 29 Milliarden Euro zwischen 2020 und 2040.