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05.10.18 / Hohenschönhausen erhalten!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-18 vom 05. Oktober 2018

Hohenschönhausen erhalten!
Vera Lengsfeld

Die Gedenkstätte im ehemaligen Stasigefängnis Berlin-Hohenschönhausen geriet in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen. Dem stellvertretenden Direktor Hellmuth Frauendorfer wurden von anonym gebliebenen ehemaligen Mitarbeiterinnen sexistische Handlungen vorgeworfen. Er wurde daraufhin vom Leiter der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, beurlaubt. Über seinen Anwalt legte Frauendorfer schließlich ein Teilgeständnis ab.

Der Stiftungsrat kam bei einer Krisensitzung zu dem Schluss, dass die Vorwürfe zu ernst seien, um ohne Konsequenzen zu bleiben. Er beschloss einstimmig, dem Gedenkstättenleiter Knabe fristgerecht zu kündigen und ihn bis dahin zu beurlauben. Man traue ihm die notwendigen Veränderungen in der Gedenkstätte nicht zu. Es muss eine unvoreingenommene Untersuchung der Vorwürfe geben. Danach wird eingeschätzt werden können, ob die Kündigung Knabes gerechtfertigt ist oder nicht. 

Unabhängig davon muss Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) dem Eindruck entgegenwirken, die mutmaßlichen Verfehlungen Frauendorfers würden dazu benutzt, die Konzeption der Gedenkstätte zu verändern. Die Gedenkstätte in der ehemaligen Zentralen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit ist ein Projekt politischer Gefangener. 

Nach dem Mauerfall hatte die Stasi die politischen Gefangenen sehr schnell entlassen. Sie holte aus den überfüllten Strafanstalten der DDR Kriminelle in die leer gewordenen Zellen und hoffte, als Betreiber einer normalen Strafanstalt sich in die Deutsche Einheit retten zu können.

Der Plan misslang. Am 4. Okto­ber 1990 wurde das Gefängnis geschlossen. Es gab Pläne des Senats, das Gelände in ein Gewerbegebiet umzuwandeln. Das wurde verhindert, indem ehemalige politische Gefangene anfingen, Führungen auf dem Gelände durchzuführen. Die waren bald so erfolgreich, dass aus dem Projekt eine „Gedenkstätte in Gründung“ wurde. Seitdem ist es eine richtige Gedenkstätte. Unter Knabes Leitung profilierte sie sich zum wichtigsten Erinnerungsort an die zweite deutsche Diktatur. Dank Knabe gelang es, alle politisch motivierten Angriffe auf die Gedenkstätte erfolgreich abzuwehren. In den Auseinandersetzungen mit den ehemaligen Stasi-Betreibern, die immer wieder versuchen, die Haftbedingungen zu verharmlosen, konnte mancher Sieg erfochten werden. Einer der wichtigsten war, dass das ehemalige Sperrgebiet, das die Anlage von ihrer Umgebung abschirmte, wieder markiert wurde. Auch die Besucherzahlen stiegen kontinuierlich. Zuletzt lagen sie bei über 400000 im Jahr.

Dieser Erfolg hatte seine Schattenseiten. Er ging zum Teil zulasten der Besucherreferenten, deren Arbeitsbedingungen sich rapide verschlechterten, ohne dass ausreichend Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. Außerdem gab es erhebliche Schäden an der historischen Substanz. 

Es ist unbedingt notwendig, diese Mängel zu beseitigen, um die Gedenkstätte Hohenschönhausen in ihrer Substanz und Funktion zu erhalten. Senator Lederer ist hier gefordert, dass diese wichtige Gedenkstätte als das erhalten wird, was sie ist: Eine Mahnung, dass die SED-Diktatur aufgearbeitet werden muss.