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12.10.18 / Wer regiert zukünftig Bayern? / Eine Fortsetzung der CSU-Alleinregierung scheint ausgeschlossen – Grüne zur Koalition bereit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-18 vom 12. Oktober 2018

Wer regiert zukünftig Bayern?
Eine Fortsetzung der CSU-Alleinregierung scheint ausgeschlossen – Grüne zur Koalition bereit
Peter Entinger

Am Sonntag findet die mit Spannung erwartete Landtagswahl in Bayern statt. Letzte Umfragen sagen der bisher alleine regierenden CSU massive Verluste voraus. Da eine Fortsetzung der CSU-Alleinregierung unwahrscheinlich ist, stellt sich die Frage nach der zukünftigen Koalition.

Eine der letzten Umfragen vor der Wahl, die vom TV-Sender Sat1 in Auftrag gegeben wurde, bestätigte den Trend der vergangenen Wochen. Demnach wäre die CSU mit 35 Prozent weit von einer absoluten Mehrheit entfernt, die Grünen wären mit 16 Prozent zweitstärkste Kraft. Es folgen die SPD mit 13 Prozent, die AfD mit zwölf Prozent und die Freien Wähler mit zehn Prozent. Die FDP zöge mit gerade fünf Prozent in den Landtag ein, die Linke würde mit vier Prozent den erstmaligen Einzug knapp verpassen. Rechnerisch wäre demnach ein Dreier-Bündnis aus CSU, Freien Wähler und FDP möglich oder ein Bündnis von Christsozialen und Grünen. Sollten FDP und Linkspartei den Einzug ins Maximilianeum verpassen, könnte es auch für eine Koalition aus CSU und SPD reichen. 

Die Stimmung ist aufgeheizt, die CSU zunehmend nervös. Die Aussage, dass es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe, die der einstige Übervater Franz-Josef Strauß über Jahre predigte, scheint nicht mehr zu gelten. Die AfD erzielte schon bei der Bundestagswahl mit 12,6 Prozent ihr bestes Resultat in den „alten Bundesländern“ ausgerechnet im Freistaat. Seitdem gilt es als sicher, dass die Rechtspartei erstmals in den Landtag einziehen wird. 

Ursprünglich hatte die AfD den zweiten Platz als Ziel ausgegeben und auf ein Ergebnis von 15 plus x gehofft. Dass daraus möglicherweise nichts werden wird, liegt an der starken Konkurrenz durch die Freien Wähler um den populären Frontmann Hubert Aiwanger. Entsprechend schlecht ist die AfD auf die Freien Wähler zu sprechen. Von einer „Mogelpackung“ und einem „Wurmfortsatz der CSU“ ist da die Rede. 

Zur Konkurrenz durch die Freien Wähler kommen bei der AfD strukturelle eigene Problemen des Landesverbandes im Freistaat. „Ausgerechnet vor den Landtagswahlen in Bayern, der nächsten und wichtigsten Etappe des AfD-Marschs durch die Institutionen“, zerlege sich die Partei vor aller Augen so, dass sie derzeit in Umfragen weit hinter den Grünen liege, schreibt die Wochenzeitung „Die Zeit“. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Partei mit einer gespaltenen Fraktion in den Landtag in München einziehe. 

Hintergrund sind persönliche und programmatische Differenzen. Der Landesvorsitzenden Martin Sichert sitzt im Bundestag und hat eine Landtagskandidatur frühzeitig abgelehnt. Aus Angst vor einem wochenlangen Streit hat die Partei auf die Nominierung eines Spitzenkandidaten verzichtet und plakatiert lediglich die Listenführer in den Regierungsbezirken. Doch ausgerechnet im einwohnerstarken Oberbayern gibt es Ärger. Franz Bergmüller, auf Platz Eins der Bezirksliste, sieht sich einem Parteiausschlussverfahren ausgesetzt, weil er eine Doppelmitgliedschaft bei den Freien Wählern verschwiegen habe. Landeschef Sichert ist dennoch optimistisch: „Wir werden besser abschneiden als in den letzten Umfragen. Die Unzufriedenheit mit der CSU ist groß.“ 

Während die AfD nach einem mehrjährigen Siegeszug auch ein eher durchschnittliches Ergebnis verschmerzen dürfte, steht für die bisher allein regierende CSU viel auf dem Spiel. Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl rettete sich Bayerns Regierungschef Horst Seehofer nach Berlin und macht dort als Innenminister nicht nur der Bundeskanzlerin Angela Merkel das Leben schwer, sondern auch seinem Nachfolger in Bayern und Intimfeind Markus Söder. Ein Absturz auf weit unter 40 Prozent könnte die Karriere beider Politiker stark beschädigen. Seehofers Sitz als CSU-Vorsitzender dürfte dann ebenso wackeln wie Söders als bayerischer Ministerpräsident. Außer Frage steht, dass dies der fast 70-jährige Seehofer einfacher verkraften dürfte als der erst 51-jährige Söder. Bei der Wahl 2013 hatte die CSU 47,7 Prozent der Stimmen erzielt, was für die absolute Mehrheit im Landtag reichte. Von diesen Werten ist sie meilenweit entfernt. Auch landsmannschaftliche Aspekte spielen in Bayern immer eine Rolle. Das Ansehen des Franken Söder ist weit von der Beliebtheitswelle entfernt, mit der Alfons Goppel, Franz Josef Strauß, Edmund Stoiber und früher auch mal Seehofer durch den Wahlkampf getragen wurden. 

Landtagspräsidentin Barbara Stamm soll sich nach einem Bericht des „Spiegel“ sehr darüber geärgert haben, dass der CSU-Chef die jüngste Sitzung des Parteivorstands in München frühzeitig verlassen habe, um einen Termin in Berlin wahrzunehmen. Sie habe noch nie erlebt, dass es einem im Landtagswahlkampf so schwer gemacht werde wie jetzt, sagte Stamm dem Bericht zufolge.

Auch die in Bayern ohnehin schon traditionell schwache SPD hat ihre Probleme. Selbst mit dem beliebten und bekannten Münchner Oberbürgermeister Christian Ude als Spitzenkandidaten reichte es vor fünf Jahren gerade einmal für 20,6 Prozent. Nun steht die Fraktionsvorsitzende Natascha Kohnen in der ersten Reihe und muss darauf hoffen, dass es wenigstens ein zweistelliges Ergebnis wird. 

Dass die Grünen zweitstärkste Kraft werden, gilt als ausgemacht. Ludwig Hartmann und Katharina Schulze bilden ein unverbrauchtes und dynamisches Spitzenduo. Auf den Oktoberfesten traten beide in Landestracht auf, auch die Grünen geben sich im Freistaat bürgerlich. „Eine unglaubliche Euphorie“, will Schulze während des Wahlkampfs verspürt haben und hält sich alle Optionen offen. „Wenn der Wähler einem Verantwortung überträgt, darf man sie nicht einfach ablehnen“, sagt sie zu einem möglichen Bündnis mit der CSU.