19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.10.18 / Rückkehr der fünften Richtung / Lange schien es, als wenn rechts der Union nichts mehr hochkommen könne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-18 vom 12. Oktober 2018

Rückkehr der fünften Richtung
Lange schien es, als wenn rechts der Union nichts mehr hochkommen könne
Erik Lommatzsch

Nach zwei Jahrzehnten nahezu uneingeschränkter CDU/CSU-SPD-FDP-Dominanz erweiterte sich das Parteientableau plötzlich erst  nach links und nun auch nach rechts.

Eine Zeitlang schien es, als ob sich im Parteiensystem der alten Bundesrepublik tatsächlich „Konzentrationstendenzen“ gezeigt und vor allem verstetigt hätten. Drei Parteien – die CDU und ihre bayerische „Schwester“ CSU, die als Union zusammengezählt werden, die SPD und die FDP – kristallisierten sich seit den 1950er Jahren vor allem auf Bundes-, aber auch weitgehend auf Landesebene als Wettbewerbssieger heraus, andere, etwa die Deutsche Partei oder die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung, wurden verdrängt. Zudem erfüllten die drei Parteien die theoretischen Anforderungen an ein Parteiensystem, von dem korrekterweise erst gesprochen werden kann, wenn alle Parteien untereinander koalitionsfähig sind.

Blickt man auf die fünf Richtungen (siehe unten), die seit Beginn des Entstehens der Parteien in Deutschland erkennbar waren, so knüpfte die SPD nach dem Zweiten Weltkrieg an ihre Tradition als Vertreter der Arbeiterschaft an. Die FDP vereinte die links- und die rechts- beziehungsweise nationalliberale Strömung. Eine Fortsetzung der Aufspaltung hätte wohl zur Marginalisierung beider Teile geführt. Lange waren die beiden Flügel in der Partei deutlich erkennbar. Sichtbar wurde dies beispielweise, als ein großer Teil von sich eher links verortenden FDP-Mitgliedern nach dem Koalitionswechsel ihrer Partei unter Hans-Dietrich Genscher von der SPD zur Union im Herbst 1982 aus der Partei austrat oder gar zur Sozialdemokratie wechselte. Die CDU – und auch die CSU, allerdings mit spezifisch bayerischer Färbung – setzte einerseits die Zentrumstradition fort, wollte sich andererseits allerdings auch als christlich-überkonfessionell verstanden wissen und beanspruchte zugleich liberale und konservative Elemente. In ökonomischer Hinsicht trug sie das Banner der Sozialen Marktwirtschaft vor sich her und entsprach am ehesten dem Bild einer allumfassenden, aber auch immer schwerer zu konturierenden Volkspartei.

Lediglich eine relevante konservative Partei war nicht wieder entstanden. Die Union erhob zwar den Anspruch, diese Richtung mit abzudecken, wurde dem aber anfänglich nur durch einzelne Vertreter und mit der Zeit überhaupt nicht mehr gerecht. Auf konservativer Seite gab es lange – so auch der Politikwissenschaftler Werner Patzelt – eine „Repräsentationslücke“. Parteigründungen der vergangenen Jahrzehnte, die rechts der Union angesiedelt waren, überschritten entweder wirklich die Grenze zum Rechtsradikalismus oder wurden von den Vertretern der etablierten Parteien erfolgreich als „rechtsradikal“ diffamiert, wie etwa die Republikaner. 

Nach zwei Jahrzehnten nahezu uneingeschränkter Unions-SPD-FDP-Dominanz erweiterte sich das Parteientableau plötzlich nach links. Die ursprünglich eher aus dem konservativen Spektrum hervorgegangenen Grünen standen politisch bald sehr weit auf der anderen Seite und zogen 1983 in den Bundestag ein. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung waren dann fünf Parteien im Parlament vertreten. Hinzugekommen war die SED-Nachfolgepartei, heute nach mehreren Namenswechseln „Die Linke“. 

Nachdem im gesamtdeutschen Bundestag über zweieinhalb Jahrzehnte drei linke und eine liberale Partei sowie eine Union, die ihren Platz in einer unbestimmbaren, im Zweifel sogar eher linken Mitte suchte, vertreten waren, ist nun seit 2017 mit der AfD ein Gegengewicht vorhanden. Die Konservativen haben in Form einer Partei erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges wieder eine Vertretung erhalten.