23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.10.18 / Prozess der Konzentration umgekehrt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-18 vom 12. Oktober 2018

Prozess der Konzentration umgekehrt

Der Begriff „Partei“ ist auf das lateinische „pars“ (Teil) zurückzuführen. Zu Anfang vielfach negativ konnotiert, im Sinne von „Abspaltung“ vom Ganzen, erfolgte später ein Bedeutungswandel, einhergehend mit der Entwick­lung parlamentarischer und demokratischer Systeme. Übereinstimmende Interessen und Anschauungen Einzelner werden in einer Partei gebündelt und mittels Wahl Abgeordnete bestimmt, die dann in den Volksvertretungen einerseits ihrer Richtung Einfluss verschaffen, andererseits im Sinne des Funktionierens des Gemeinwesens gezwungen sind, Kompromisse zu schließen.

Diese Gegebenheiten sah die Politikwissenschaft ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Schwinden begriffen. Die Zukunft gehöre der „Volkspartei“. Man behauptete, die Entwicklung laufe letztlich auf lediglich zwei große, inhaltlich kaum zu unterscheidende Parteien hinaus. Anfänglich war der Begriff „Volkspartei“ in den Selbstbezeichnungen bürgerlicher Organisationen geführt worden, um den auf die „Arbeiterklasse“ setzenden linken Parteien etwas entgegenzustellen und übergreifenden Anspruch zu betonen. Der moderne „Volkspartei“-Begriff ging davon aus, dass die Industriegesellschaft entideologisiert sei und die Idee verschiedener „Klassen“ überwunden. Wesentliche Themen würden nahezu alle Bürger tangieren, daher sei es keiner Partei möglich, ein wesentliches Themenfeld nicht zu vertreten, bei gleichzeitiger Verminderung der Varianz der Lösungsansätze. 

Den Weg der immer weiteren Annäherung an die Ununterscheidbarkeit hatten die CDU und CSU, aber auch die SPD lange eingeschlagen. Sie bezeichneten sich mit Stolz als „Volkspartei“, vorzugsweise mit dem Zusatz „modern“. Mögen die Mitgliederzahlen sie noch als die beiden „großen“ Parteien auszeichnen – der Wähler zeigt seit einigen Jahren, dass die Idee der Entwick­lung zweier gleichförmiger „Volksparteien“ als theoretisches Konstrukt ausgedient haben dürfte.E.L.