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12.10.18 / Wem gehört Lettland? / Nach Wahlen im baltischen Staat – Zersplitterte Parteienlandschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-18 vom 12. Oktober 2018

Wem gehört Lettland?
Nach Wahlen im baltischen Staat – Zersplitterte Parteienlandschaft

Die beiden Parteien der ethnischen Russen und des „lettischen Trump“ haben die Parlamentswahl in Lettland gewonnen, doch ob sie gemeinsam regieren werden, ist alles andere als sicher. Die Mitte-Rechts-Regierung in Lettland hat ihre Mehrheit verloren. Stärkste Kraft im Parlament wurde zum dritten Mal hintereinander die Partei Harmonie des russischstämmigen Bürgermeisters von Riga, Nils Uschakow, mit knapp 20 Prozent. 

Ohne Harmonie wird die Bildung einer stabilen Regierung kaum möglich sein. Die Protestpartei KPVLV wurde mit gut 

14 Prozent der Stimmen aus dem Stand zweitstärkste Kraft. Allerdings rechnen viele damit, dass die bisherigen drei Regierungsparteien, obwohl sie abgewählt wurden, noch eine oder zwei weiteren Parteien dazunehmen, um weiter koalieren zu können. Die neugegründete liberale und prowestliche Partei Entwicklung/ FOR, die mit zwölf Prozent auf Platz vier landete, könnte eine davon sein. Sie wird von beiden Blöcken umworben.

Insgesamt ist das lettische Parlament nunmehr in sieben Fraktionen zersplittert, keine davon hat noch mehr als 20 Prozent. Die Partei von Ministerpräsident Maris Kucinskis, die Union der Grünen und Bauern, verlor fast die Hälfte ihrer Stimmen und kam auf zehn Prozent. 

Sollte die Verliererkoalition weiter ihre Koalition fortsetzen und zusätzliche Partner finden, würde die Neue Konservative Partei (JKP) des ehemaligen Justizministers Janis Bordans mit 13,6 Prozent stärkste Kraft werden und das Amt des Premier ihm zufallen. Unter den Kandidaten der wertkonservativen und wirtschaftsliberalen JKP befinden sich zwei führende ehemalige Anti-Korruptions-Ermittler. Brüssel wäre sicher zufrieden.

Die Harmonie hatte höhere Sozialleistungen und die Überwindung der Spaltung des Landes in die lettisch- und russischstämmigen Bürger versprochen. Die KPVLV verdankt ihren Überraschungserfolg vor allem dem „lettischen Trump“, ihrem Vorsitzenden Artuss Kaimins. Der Schauspieler und Radiomoderator Kaimins gründete die KPVLV im Jahre 2016. KPVLV ist eine Abkürzung für: „Wem gehört der Staat Lettland?“ Kaimins hatte auf sich aufmerksam gemacht, als er mit einer Webkamera im Parlament umherlief und Szenen von den angeblich „unsäglichen Zuständen“ im hohen Haus nach draußen übertrug. 

Etwa ein Viertel der 1,9 Millionen Letten hat russische Wurzeln. Eine Zusammenarbeit mit der KPVLV könnte der Harmonie nun den Weg in die Regierung ebnen. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien hat der Spitzenkandidat der KPVLV, Aldis Gobzems, ein Regierungsbündnis mit Harmonie nicht ausgeschlossen. Laut Prognosen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens kommen Harmonie und die KPVLV auf 39 der 100 Sitze im Parlament, eine Mehrheit haben sie so noch nicht. Nur wenn die beiden einen weiteren Koalitionspartner finden, könnte ein ethnischer Russe der nächste Premier werden.

Allerdings sprach sich auch die Harmonie, wie alle anderen Parteien in diesem Wahlkampf nicht offen für den Austritt Lettlands aus EU, NATO oder Eurozone aus. Die Balten waren in den letzten Jahren die größten Nutznießer von EU-Mitteln, und die NATO-Verbündeten schickten auch etwa 1000 Soldaten ins Land, das über eine gemeinsame Grenze mit Russland verfügt.B.B.