29.03.2024

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12.10.18 / Michelangelo unserer Tage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-18 vom 12. Oktober 2018

Michelangelo unserer Tage

Nach acht Jahren Arbeit fing Michelangelo 1555 in einem Anfall von Frustration damit an, seine Florentiner Pieta zu zerstören. Nur dem mutigen Eingreifen eines Dieners ist es zu verdanken, dass man die Marmorskulptur heute noch in einem Stück bewundern kann, wenngleich mit einem amputierten Jesus-Bein. 

Verzweiflung, Zerstörungswut, das Ringen um Aufmerksamkeit – es gab schon viele Gründe, weshalb Künstler eigene Statuen zerhauen, Leinwände aufgeschlitzt oder Installationen verbrannt ha­ben. Jetzt hat sich ein Fall ereignet, bei dem die Zerstörung wohl Teil des Kunstwerks selbst ist. Vor den Augen der Öffentlichkeit zerschredderte sich ein kleines Gemälde des britischen Graffiti-Künstlers Banksy selbst, als es im Aktionshaus Sotheby’s für eine Million Pfund ersteigert wurde. Ein im Bildrahmen versteckter und per Funk ausgelöster Mechanismus verwandelte die Hälfte des Bildes in Papierfäden.

Kaum denkbar, dass Sotheby’s von dem Clou nicht eingeweiht war. Es wäre ein Ar­mutszeugnis, hätte sich dort niemand gefragt, warum ein modernes Gemälde in einem 

18 Zentimeter dicken Barockrahmen steckte, in dem ein schwerer Schredderapparat eingebaut war.

Auch für den Käufer hat sich der Scherz gelohnt: Da das Bild nicht zur Gänze zerstört ist, soll es jetzt das Doppelte, also zwei Millionen Pfund, wert sein – natürlich nur mit Rahmen. Falls alles nur Show war, hat man eine neue Methode gefunden, um Kunstpreise künstlich in die Höhe zu treiben.tws