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12.10.18 / Vater gleich zweier Automarken / Vor 150 Jahren wurde der Audi-Gründer August Horch in der preußischen Rheinprovinz geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-18 vom 12. Oktober 2018

Vater gleich zweier Automarken
Vor 150 Jahren wurde der Audi-Gründer August Horch in der preußischen Rheinprovinz geboren
Manuel Ruoff

Nur wenige können von sich sagen, wie August Horch gleich zwei bedeutende, nach ihm benannte Automobilmarken erschaffen zu haben. Und dennoch war Horchs unternehmerische Tätigkeit eher weniger erfolgreich. Dafür war er als Automobilkonstrukteur umso begnadeter. 

Eigentlich hat der am 12. Ok­tober 1868 in Winningen bei Koblenz geborene Junge ja wie der Vater Schmied werden sollen. Und er absolviert im elterlichen Betrieb auch eine entsprechende Ausbildung. Da ihn Technik aber viel mehr reizt als die Aussicht, den väterlichen Betrieb zu übernehmen, und er auch von der Konstitution her für diesen schweren Beruf ungeeignet ist, münden die Wanderjahre, in denen er sich in den unterschiedlichsten Berufen ausprobiert, schließlich in einem Maschinenbaustudium am Technikum Mittweida. Nach drei Jahren Studium ist der Volksschüler Ingenieur. 

In der Ausübung dieses Berufes findet Horch schließlich zum Automobilbau. 1896 kommt er zum Automobilbaupionier Carl Benz, der ihm bereits nach vier Monaten mit der Produktion des Benz Velo, des ersten in Serie produzierten Autos der Welt, betraut. Doch typisch Techniker interessiert ihn weniger das betriebswirtschaftlich Vernünftige als das technisch Machbare. Er strebt nach leistungsfähigeren Automobilen. 

Die diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten mit dem Arbeitgeber erweisen sich als unüberbrückbar, und Horch gründet 1899 in Köln-Ehrenfeld mit Horch & Cie. sein erstes eigenes Unternehmen. Seine Autos sind Innovationsträger. Sein erstes Modell aus dem Jahre 1900 nutzt erstmals eine Kardanwell für die Kraftübertragung. Sein 1903 präsentiertes Model 3 ist das erste deutsche Auto mit Vierzylindermotor. 1907 folgt das erste Modell mit sechs Zylindern.

Das alles ist kapitalintensiv. Einen Geschäftspartner und auch persönlichen Freund findet Horch in dem vermögenden Kaufmann und Unternehmer Friedrich Paul Fikentscher aus Zwickau. Beide wandeln Horchs Unternehmen 1904 in eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zwickau um. 

In der sächsischen Stadt erleidet Horch schließlich ein ähnliches Schicksal wie zuvor schon bei Benz in Mannheim. Als Konstrukteur wird der ambitionierte Ingenieur geschätzt, als Betriebswirt weniger. 1909 kommt es zu einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung des Unternehmens, das seinen Namen trägt, aber von dem er selber nur wenige Anteile besitzt. Von ihm wird gefordert, den Geschäftsführerposten zu räumen und sich auf das Konstruieren zu konzentrieren. Das will Horch nicht, und er geht. 

Mit ehemaligen Mitarbeitern, Friedrich Paul Fikentscher sowie dessen Neffen Franz Fikentscher gründet er unweit des bestehenden 1909 ein neues Automobilunternehmen, die August Horch Automobilwerke. Naheliegenderweise kommt es zu einem Rechtsstreit zwischen den beiden Gründungen Horchs um dessen Namen. Horch unterliegt. In dieser Situation kommt Franz Fikentschers Sohn Heinrich, der auf dem Gymnasium Latein hat, auf die Idee, auf die lateinische Übersetzung von „horch“ und „höre“, nämlich „audi“, auszuweichen. 1910 werden die August Horch in Audi Automobilwerke umbenannt, und der erste Audi wird gebaut.

Im Ersten Weltkrieg muss auf Kriegsproduktion umgestellt werden. Horch reizt es weniger, bei Audi die Produktion von Minenwerfern und dergleichen zu managen. Stattdessen beteiligt er sich lieber an der Konstruktion des ersten deutschen Panzers, des A7V, der nicht etwa bei Audi, sondern bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft sowie dem Braunschweiger Lkw- und Omnibushersteller Büssing entsteht. Die Entfremdung von Audi setzt sich nach Kriegs­ende fort. 1920 wechselt Horch vom Vorstand in den Aufsichtsrat.

Obwohl bei Kriegsende erst 50 Jahre alt, ist Horch in den folgenden Jahrzehnten bis zu seinem Tode kaum noch innovativ tätig. Er zehrt von seinem Ruhm, sammelt Ehrenämter, betätigt sich als Gutachter und Berater. Der „öffentlich angestellte und beeidigte Kraftfahrzeug-Sachverständige für Kraftfahrzeuge aller Art im Bereich der Industrie- und Handelskammer zu Berlin“ und „beeidigte Sachverständige für das Kammer- und Landgericht Berlin“ wird Mitglied der Rennleitung für das erste Avus-Rennen, Aufsichtsratsmitglied der „AUKA“ zur Koordinierung der Automobilausstellung 1923, Leiter des Normenausschusses der Deutschen Industrie, Präsident der Deutschen Verkehrswacht und Ausschussleiter der Außenhandelsstelle für Fahrzeuge. Nachdem 1932 auf staatlichen Druck hin die sächsischen Automobilhersteller Audi, Horch, Wanderer und DKW sich unter dem heutigen Audi-Zeichen, den vier verschlungenen Ringen, zur Auto Union zusammengeschlossen haben, wird Horch 1933 deren Aufsichtsratsmitglied. 

Da herrschen in Deutschland bereits die Nationalsozialisten. Da Adolf Hitler der Automobilbau ein Herzensanliegen ist, steigt in der NS-Zeit noch das Renommee des deutschen Automobilbaupioniers. Obwohl kein Parteigenosse, droht für Horch diese Wertschätzung nach Kriegs­ende zur Belastung zu werden. Sicherheitshalber flieht er wenige Monate nach der Besetzung durch die Rote Armee von Sachsen in den Westen nach Oberfranken. Als im Westen die Geschichte der Auto Union weitergeht, wird Horch wieder in ihren Aufsichtsrat berufen. Mittellos, aber hochgeehrt, stirbt der begnadete Automobilkonstrukteur, aber glücklose Unternehmer am 3. Februar 1951 im oberfränkischen Münchberg.