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19.10.18 / Es reicht für eine bürgerliche Koalition / Die CSU wird wohl mit den Freien Wählern koalieren, notfalls unter Einbeziehung der FDP

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-18 vom 19. Oktober 2018

Es reicht für eine bürgerliche Koalition
Die CSU wird wohl mit den Freien Wählern koalieren, notfalls unter Einbeziehung der FDP
Peter Entinger

Das Ergebnis der Landtagswahl in Bayern fiel wenig überraschend aus. Obwohl die CSU stark verlor, gibt es eine bürgerliche Mehrheit im Freistaat.

Als großen Gewinner versuchten am Wahlabend alle etablierten Medien die Grünen zu verkaufen. Die Öko-Partei erzielte mit 17,5 Prozent in der Tat ein historisches Resultat, profitierte aber vor allem vom Absturz der SPD, die nicht einmal mehr auf zehn Prozent kam. Da die Linke abermals nicht in den Landtag einziehen konnte, blieb das linke Lager weit unter der 30-Prozent-Marke. Mit Abstand stärkste Partei wurde trotz Verlusten im zweistelligen Bereich die CSU, deren Ministerpräsident Markus Söder deutlich machte, dass er die künftige Regierung im Freistaat anführen werde. „Es dauert neun Monate, um ein Kind auszutragen, ich bin gerade einmal sechs Monate im Amt. Ein bisschen Zeit sollte man mir schon lassen. Wir nehmen das Ergebnis mit Demut zur Kenntnis. Etwas anderes bleibt uns auch gar nicht übrig, aber es ist so, dass man nicht gegen uns regieren kann. Damit haben wir unser Hauptwahlziel erreicht.“ Ob sein Vorgänger Horst Seehofer als CSU-Chef und auch als Bundesinnenminister weiterhin im Amt bleiben kann, wird sich wohl erst in den kommenden Wochen entscheiden. Seehofer gilt vielen in Berlin und München als Hauptverantwortlicher für das schwache Resultat der CSU, die gerade auf etwas mehr als 37 Prozent kam. 

Mit den erneut starken Freien Wählern (FW), die sich auf 11,5 Prozent steigerten, möchte Söder nun eine Koalition bilden. Da die Machtverhältnisse im neuen Landtag für das Zweierbündnis eher knapp sind, steht auch eine Einbindung der FDP zur Debatte, die am Wahlabend lange zittern musste, ehe ihr Landtagseinzug feststand. Dass FW-Chef Hubert Aiwanger kein einfacher Koalitionspartner werden wird, ließ er bereits durchblicken. „Ich bitte die CSU und Herrn Blume, sich jetzt mal langsam zu entscheiden“, sagte er in Richtung des CSU-Generalsekretärs Markus Blume: „Die CSU sollte sich nicht alle Optionen ewig offen halten, sondern klar sagen, wenn sie mit uns eine Koalition bilden möchte.“ Man wolle nun in einer künftigen Regierung, die Themen stark machen, die im Wahlkampf bereits erfolgreich waren. „Bürgerthemen sind das“, sagt Aiwanger und fügte hinzu: „Die Arroganz der CSU, den Staat und die Bürger als Beute zu betrachten, werden wir ihr in der Regierung austreiben.“

Welche Auswirkungen das Wahlresultat für die Berliner Koalition haben wird, war zu 

Wochenbeginn nicht absehbar. Mehrere Politikwissenschaftler äußerten die Ansicht, die SPD könne sich nur noch in der Opposition regenerieren. In Bayern spielt sie bei der Regierungsbildung ohnehin keine Rolle. Die bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen ist nach der Wahlniederlage ihrer Partei dazu bereit, „über alles“ zu reden. Offenbar in Anspielung auf mögliche personelle Konsequenzen aus dem Wahldebakel sagte sie, sie meine damit „auch über alles“. 

Die Bundesvorsitzende Andrea Nahles kündigte eine gründliche Analyse des Wahlergebnisses an. „Die Gründe für das schlechte Abschneiden der SPD werden und müssen wir sorgfältig analysieren, auf allen Ebenen“, sagte Nahles. Einer der Gründe sei „sicherlich auch die schlechte Performance der Großen Koalition in Berlin.“

Der Bundesvorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, fordert eine Aufkündigung der Großen Koalition in Berlin: „Wir regieren uns zu Tode. Das hat keinen Sinn mehr.“

Der frühere Münchner Oberbürgermeister und ehemalige Spitzenkandidat der SPD, Christian Ude, nannte das Resultat verheerend. „Wir sind auf der schiefen Bahn nach unten. Wir müssen über alles reden, wie wir diesen Trend umkehren können.“ 

Nicht reden will Ministerpräsident Markus Söder mit der AfD. Die Rechtspartei, die zu Beginn des Wahlkampfes ein Ergebnis von mehr als 15 Prozent als Ziel ausgegeben hatte, kam am Ende auf 10,2 Prozent. Der Parteivorsitzende Alexander Gauland nannte die Freien Wähler „etablierte Brüder im Geiste, die sicherlich eine große Konkurrenz waren“. Ein zweistelliges Ergebnis sei aber kein Grund zur Enttäuschung.  Sein Co-Vorsitzender Jörg Meuthen sprach gar von einem „grandiosen Erfolg“. Tatsächlich hat die Bayern-AfD mehr erreicht als die meisten anderen westdeutschen Landesverbände, die bei ihren Landtagswahlen zum Teil deutlich unter zehn Prozent geblieben waren. „Bundespolitische Themen ziehen bei bundesweiten Wahlen“, sagte Gauland dazu, „wir sind erst neu auf dem Markt, müssen uns ab und an noch finden.“ Dass der zerstrittene bayerische Verband sich nicht auf einen Spitzenkandidaten einigen konnte, sei „sicherlich nicht optimal gewesen“, sagte der Parteivorsitzende. Medienberichte, in denen spekuliert wurde, die mehr als 20 gewählten Parlamentarier könnten sich nicht auf eine gemeinsame Fraktion einigen, wies Gauland zurück: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ 

Bereits am übernächsten Wo-chenende wird in Hessen gewählt. Dort steht die schwarz-grüne Koalition unter CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier vor der Abwahl. Die Grünen haben Morgenluft gewittert und liebäugeln offen mit einer Dreierkoalition mit Linkspartei und SPD. „Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und setzen auf Sieg. Wir wollen den nächsten Ministerpräsidenten stellen“, sagte der grüne Parteivorsitzende Robert Habeck.