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19.10.18 / Das Problem ist die Entfernung / Nur mit sehr hohen Geschwindigkeiten erscheinen ewig dauernde Reisen vermeidbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-18 vom 19. Oktober 2018

Das Problem ist die Entfernung
Nur mit sehr hohen Geschwindigkeiten erscheinen ewig dauernde Reisen vermeidbar
Wolfgang Kaufmann

Das nächstgelegene Sternsystem ist Proxima Centauri. Es besitzt einen relativ erdähnlichen Planeten und ist 4,2 Lichtjahre entfernt. Das sind fast 40 Billionen Kilometer. Neuerdings wird intensiv darüber nachgedacht, Raumflüge über diese Distanz durchzuführen.

Interstellare Missionen erfordern komplett andere Technologien als die derzeitige Raumfahrt. So würden Planetensonden wie die Voyager 1, die 35 Jahre brauchte, um den Rand des Sonnensystems zu erreichen, 70000 Jahre zu unserem Nachbarstern unterwegs sein. Das heißt, für eine Reise zum Proxima Centauri sind deutlich höhere Geschwindigkeiten nötig, wenn Ergebnisse nutzbar sein sollen. Aus diesem Grund tüfteln nun Wissenschaftler bei der US-Weltraumbehörde NASA und weiteren Einrichtungen an neuartigen, effektiveren Antriebssystemen. Dabei herrscht Konsens unter den Forschern, früher angestoßene Projekte wie „Daedalus“ oder „Icarus“ fallenzulassen. Diese sahen nämlich die Nutzung von inzwischen als zu gefährlich eingestuften Nuklearantrieben vor.

Stattdessen setzt man jetzt auf Sonnensegel, an denen briefmarken- bis handygroße Nano-Sonden hängen. Durch den Strahlungsdruck unseres Zentralgestirns könnten solche Gespanne immerhin um die fünf Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen und schon in wenigen Jahrzehnten am Ziel sein – wenn das ultradünne Foliensegel aus Graphen die Größe von 14 Fußballfeldern hätte. So errechneten es Experten vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen.

Ebenfalls auf die Kraft des Lichtes setzt das Projekt Breakthrough Starshot, das von Personen wie dem Facebook-Vorstandsvorsitzenden Mark Zuckerberg unterstützt wird. In diesem Falle soll die Sonde zur Erkundung des benachbarten Sternsystems in wenigen Minuten auf rund 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit, also etwa 60000 Kilometer pro Sekunde, beschleunigen und deshalb auch schon nach nur zwei Jahrzehnten am Proxima Centauri eintreffen. Dazu müsste allerdings ein Laserstrahl mit 100 Gigawatt Leistung auf das Sonnensegel gerichtet werden, was technisch im Bereich des Machbaren läge.

Noch kühner ist die Idee von Gerald Jackson und Steven Howe von Hbar Technologies in Chicago, Antimaterie für den Antrieb zu verwenden. Nach Ansicht der beiden Physiker würden 17 Gramm Antiwasserstoff genügen, um eine zehn Kilogramm schwere Sonde mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit in Richtung Proxima Centauri zu schießen. Momentan verursacht die Produktion von Antimaterie jedoch noch Kosten im Billionen-Dollar-Bereich pro Gramm. Zudem dürfen die Antiteilchen nicht mit normaler Materie in Berührung kommen, was zu extremen technischen Problemen führt.

Apropos Probleme: Die würden sich auch stellen, wenn die Sonden mit den Sonnensegeln am Ziel abgebremst werden sollen, um nicht innerhalb von Sekunden an unserem Nachbarstern und dessen Planeten vorbeizurasen. Wodurch könnte die Bremswirkung entstehen? Durch bestimmte Flugmanöver? Entsprechende Befehle an die Sonde zu schicken, wäre auf jeden Fall wegen der immens langen Signallaufzeiten schwierig. Die nötigen Kommandos müssten dann schon vier Jahre vor Erreichen des Proxima-Centauri-Systems abgehen. Nichtsdestotrotz wird das Projekt Breakthrough Starshot momentan besonders stark forciert. So fanden im Sommer des Vorjahres bereits erste erfolgreiche Tests der Nano-Sonden im Erdorbit statt.