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19.10.18 / Kreativ gegen das Alkoholverbot / Allensteiner Klein-Unternehmer fühlen sich vom nächtlichen Verkaufsverbot in ihrer Existenz bedroht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-18 vom 19. Oktober 2018

Kreativ gegen das Alkoholverbot
Allensteiner Klein-Unternehmer fühlen sich vom nächtlichen Verkaufsverbot in ihrer Existenz bedroht
Dawid Kazanski

Seit der Allensteiner Stadtrat beschlossen hat, ein nächtliches Verkaufsverbot für Alkohol zu verhängen, sehen sich Klein-Unternehmer, die ihre Läden bis spät abends geöffnet haben, in ihrer Existenz bedroht. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch, und so haben sie einen Weg gefunden, das Verbot zu umgehen.

Die Geschichte der Prohibition reicht bis ins Jahr 1920 zurück, als man in den Vereinigten Staaten Herstellung, Konsum und Verkauf von alkoholischen Getränken verbat. In Allenstein will man nun den nächtlichen Verkauf von Spirituosen einschränken. Obwohl in Polen bereits ein allgemeines Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit herrscht, haben die Kommunen am 1. Januar 2018 die Möglichkeit erhalten, in ihrem Verwaltungsbereich den Verkauf von Hoch- und Niedrigprozentigem in der Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr zu verbieten. Nachdem der Stadtrat von Allenstein auf seiner Juli-Sitzung einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, gilt auch in der Woiwodschaftshauptstadt ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot. Während der Nachtstunden dürfen alkoholische Getränke nur in Kneipen und Restaurants verkauft werden, die eine Lizenz nachweisen können. Für die Einführung des nächtlichen Alkoholverbots hatte sich die Fachstelle für Prävention und Suchttherapie eingesetzt. Die Leitung dieser Einrichtung begründete dies damit, dass es immer häufiger Vorfälle im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum während der Nachtstunden gebe, über die sich die Bewohner beschwerten. 

Die Stadtratsmitglieder trafen ihre Entscheidung gegen den Willen der Einwohner. An öffentlichen Beratungen und Gesprächen, welche die Gegner der Prohibition im Vorfeld der umstrittenen Beschlussfassung organisiert hatten, nahmen etwa 1800 Menschen teil. Das Ergebnis war so deutlich wie überraschend: Fast 60 Prozent der Befragten sprachen sich gegen Einschränkungen im Alkoholhandel aus. Daher stellt sich die Frage, warum die Verordnung trotz des bürgerlichen Widerstands durchgesetzt wurde. 

Zieht man eine Bilanz der Gewinne und Verluste, zeigt sich, dass dieser Schritt nicht gut durchdacht war. Einerseits dürfte es die Anwohner der Liebstädter- und der Mohrungenstraße freuen, von denen die meisten Beschwerden über Saufgelage in der Nachbarschaft kamen, und auch die Jugendschutzbeauftragten dürften mit der jetzigen Rechtslage zufrieden sein, aber andererseits ist zu bedenken, dass Designerdrogen heutzutage eine unvergleichbar höhere Bedrohung für Jugendliche darstellen, deren toxische Zusammensetzung oft unbekannt ist und deren Einnahme unter Umständen sogar den plötzlichen Tod herbeiführen kann. 

Von der nächtlichen Prohibition bleiben die Interessen von Kneipen- und Restaurantinhabern, die auf steigende Besucherzahlen besonders am Wochenende zählen, wenn viele Partygänger unterwegs sind, zwar unberührt, andererseits leiden aber zweifellos die Besitzer von kleinen Läden, die vom Spirituosenhandel leben, vor allem am späten Abend und in der Nacht, wenn die Discounterketten und Supermärkte geschlossen sind. Die Betreiber dieser Geschäfte fürchten eine mögliche Pleite. 

Blickt man auf die Geschichte der Prohibition zurück, besteht die Gefahr, dass das Verbot des Alkoholhandels zu bestimmten Zeiten den illegalen Verkauf von selbstgebranntem Schnaps blühen lässt, was in kommunistischer Zeit, als die meisten Lebensmittel einer Reglementierung un-terlagen, an der Tagesordnung war. Abgesehen davon bewahrheitet sich auch in diesem Fall das Sprichwort, dass die Not erfinderisch macht. Im ersten Monat nach der Inkraftsetzung des kontroversen Beschlusses bestätigte sich nämlich das Talent der Menschen, unbequeme Verordnungen geschickt zu umgehen und in einer scheinbar ausweglosen Situation neue Möglichkeiten wahrzunehmen. So warten am Eingang einiger Läden Türsteher auf Gäste, die ab 22 Uhr kontrollieren, weshalb die Kunden kommen. Wenn jemand Alkohol kaufen will, muss er ein Ticket für „eine geschlossene Veranstaltung“ kaufen. In einem Geschäft im Stadtviertel Jaroty beispielsweise besteht ein solches Ticket aus einem einfachen Kassenzettel, den man beim Einkauf an der Kasse erhält, in einem anderen Laden am Rand der Altstadt kostet eine solche Eintrittskarte etwa 70 Euro-Cent. Wenn der Kunde alkoholische Getränke kauft, wird ihm dieser Betrag zurückerstattet. 

Wie in Kneipen oder Restaurants öffnen Verkäufer ihren Kunden die Alkoholflaschen. Wer nicht vor Ort trinken möchte, kann die im Karton am Eingang befindlichen Kronkorken nutzen, um eine Flasche wieder zu verschließen. An der Tür der Läden hängen die Regeln für diese „geschlossenen Veranstaltungen“, die täglich ab 22 Uhr stattfinden. 

Schon kurz nach Inkrafttreten des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots wird das Thema für den Wahlkampf instrumentalisiert. So stellt Michal Wypij, Kandidat der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS)  für das Amt des Stadtpräsidenten bei den bevorstehenden Selbstverwaltungswahlen, die Aufhebung des Verbots in Aussicht. Er vertritt die Meinung, dass die neu eingeführte Regelung die Kleinunternehmer ruiniere, für die der Spirituosenverkauf bislang ein bedeutender Teil ihres Kleingewerbes gewesen sei. Wie weiter mit der Gültigkeit des Beschlusses über den Alkoholhandel umgegangen wird, werden die ersten Monate nach dem Wahlausgang zeigen.