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19.10.18 / Besser als ein »Tatort« / Sudermanns »Die Reise nach Tilsit« an der Dittchenbühne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-18 vom 19. Oktober 2018

Besser als ein »Tatort«
Sudermanns »Die Reise nach Tilsit« an der Dittchenbühne
Ute Eichler

Was Raimar Neufeldt in seiner Dramatisierung Sudermanns Erzählung „Die Reise nach Tilsit“ – er führt zusammen mit Halina Rohde auch Regie – im Forum Baltikum in Elmshorn auf die Bühne bringt, setzt eigene Akzente. Es werden teilweise andere Szenen und neue Bilder geschaffen, als sie beim Lesen des literarischen Werks vor dem inneren Auge des Rezipienten entstehen.

Die Premiere am 24. August zeigte: Es wird zeitgemäße Technik verwendet (Bühnenbild als Bildprojektion per Beamer, maßvoll und gut), und es wird das versucht, was manch älterer Besucher sich schon vor Jahren gewünscht und sich von einem Ensemble, das auf einer Dittchenbühne agiert, erhofft hat – den Gebrauch der ostpreußischen Mundart. In dieser Inszenierung geht sie weit über die Verwendung landläufiger Worte und Wendungen hinaus. Hier sind alle Rollen, die Gestalten der Landbevölkerung verkörpern, in der Mundart geschrieben. Es läßt staunen, wie gut es den Darstellern im Einzelnen gelungen ist, sich die Charakteristika der Aussprache und Stimmfärbung anzueignen. Der Bauchladenhändler zum Beispiel (gespielt von Kai Göhring) wirkt wie ein „echter Ostpreuße“, und erst der zweite Blick offenbart: Kann ja gar nicht sein – allein vom Alter her.

Als in der Pause ein Besucher zu Raimar Neufeldt sagte: „Was haben Sie denn aus der ‚Reise nach Tilsit’ gemacht? Aus der Tragödie eine Komödie“, so ist das zwar überzogen, enthält jedoch ein Körnchen Wahrheit. Der durchgängige Gebrauch der Mundart nimmt der Handlung Schwere und der Sprache Härte. So hofft der Zuschauer von Anbeginn, dass die Geschichte gut ausgehen müsse.

Aus der Ausgangssituation entsteht ein krimineller Plan. Der Magd Busze ist Indre, die Frau des Fischers und Grundbesitzers Ansas aus Willwischken am Kurischen Haff, im Wege, und Ansas (Ralf Skala) lässt sich zum Werkzeug ihrer Absichten machen.

In vielen (Haupt-)Rollen war Ralf Skala im Laufe der Jahre schon auf der Dittchenbühne zu sehen. Sein schauspielerisches Talent, Rollen überzeugend darzustellen, hat er mit Ansas wieder unter Beweis gestellt. 

Indre (Katrin Cibin) wie auch ihr Vater, der wohlhabende 

Jakszat (Helmut Meier) wirken ein wenig holzschnittartig, während die Magd Busze (verkörpert von Monique Wodtke) vom ersten Moment an Verführung, Selbstbewusstsein und Frechheit ausstrahlt, und wenig später wird ihre Skrupellosigkeit, einen mörderischen Plan zu verfolgen, deutlich.

Einen jüngeren Besucher befragt, ob er Schwierigkeiten habe, die ostpreußische Mundart zu verstehen – nein, überhaupt nicht.

Wieder einmal ein Werk von Sudermann (die Dittchenbühne hat ja nicht ohne Grund die Adresse Hermann-Sudermann-Allee 50 in Elmshorn) auf der Bühne zu sehen, tut gut. In diesem Fall ist die Inszenierung von „Die Reise nach Tilsit“ durch die Entscheidung für den durchgängigen Gebrauch der ostpreußischen Mundart etwas Besonderes. Gelegenheit, das Stück selbst zu sehen und zu hören, ist am 21. sowie am 28. Oktober, jeweils 16 bis 

18 Uhr, und am 26. Dezember, 

18 bis 20 Uhr.


Karten gibt es beim „Forum Baltikum – Dittchenbühne“, Hermann-Sudermann-Allee 50, 25335 Elmshorn, Telefon (04121) 89710, E-Mail: buero@dittchenbuehne.de.