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26.10.18 / Ohne Hosen ins Gefecht / Mangelwirtschaft bei der Bundeswehr jetzt auch bei Bekleidung und Einsatzverpflegung – Vollausstattung erst im übernächsten Jahrzehnt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-18 vom 26. Oktober 2018

Ohne Hosen ins Gefecht
Mangelwirtschaft bei der Bundeswehr jetzt auch bei Bekleidung und Einsatzverpflegung – Vollausstattung erst im übernächsten Jahrzehnt
Jan Heitmann

Die Erkenntnis, dass es ohne Mampf keinen Kampf gibt, ist so alt wie das Militär selbst. Bis zum Olymp militärischer Führung namens Hardthöhe hat sich das offensichtlich nicht herumgesprochen. Denn Anfang des Jahres musste das Verpflegungsamt der Bundeswehr einräumen, dass die „Mindesbevorratungshöhe“ bei den sogenannten Einmannpackungen (EPA) deutlich unterschritten war. Auch wenn diese Kampfrationen, die einen Mann im Feld einen Tag ernähren sollen, sich bei den Soldaten nicht gerade großer Beliebtheit erfreuen – Motto: Der Hunger treibt‘s rein –, führte das zu einer erheblichen Einschränkung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Gleichwohl hat es einige Zeit gedauert, bis die Führung reagiert und dann ganz pragmatisch auf die Schnelle „feldküchenunabhängige und mahlzeitengerecht portionierte Verpflegung“ bei den Franzosen eingekauft hat. Damit fehlen am Solllagerbestand von 483000 nur noch rund 115000 EPA.

Hunger müssen die Soldaten nun erst einmal keinen leiden, dafür stehen sie womöglich bald ohne Hosen da. Wie Alexander Müller, FDP-Obmann im Verteidigungsausschuss, in Erfahrung gebracht hat, drohen der Truppe nämlich die Kampfanzüge auszugehen. Das Problem: Seit Jahren wird der Bedarf der Streitkräfte an Kampfbekleidung und Ausrüstung auf der Grundlage der Personalstärke in den Auslandseinsätzen berechnet, wie das Verteidigungsministerium auf Anfrage Müllers kleinlaut zugeben musste. Derzeit sind gerade einmal 3500 Soldaten im Einsatz. Dass diese Rechnung bei rund 176500 Soldaten, auf die das nicht zutrifft, nicht aufgehen kann, ist offensichtlich. Das Ministerium hat sich jetzt die „bedarfsorientierte und zeitgerechte Ausstattung aller Angehörigen der Bundeswehr mit Bekleidung und persönlicher Ausrüstung“ zum Ziel gesetzt. Einzelheiten des Beschaffungsvorhabens will es nicht öffentlich nennen, da dies „einen umfassenden Einblick in die weitere Bestandsentwicklung vermitteln und somit Rückschlüsse auf die Fähigkeiten der Bundeswehr zulassen“ würde. Dafür verrät es, was man auf der Hardthöhe unter „zeitgerecht“ versteht: Die Beschaffung der zur Bedarfsdeckung erforderlichen Mengen soll „nach derzeitiger Planung“ 2031 abgeschlossen sein.

Es wird also noch fast eineinhalb Jahrzehnte dauern, bis jeder Soldat mit dem Ausstattungssoll an Kampfbekleidung und Schutzausrüstung versehen und die Bundeswehr wenigstens in dieser Hinsicht wieder voll einsatzbereit ist. Der Grund ist vor allem das komplizierte, überbürokratisierte und unflexible Beschaffungssystem. Die vor einigen Jahren wieder entprivatisierte BW Bekleidungsmanagement GmbH muss jeden Auftrag ausschreiben, teilweise sogar europaweit. Jedes Detail wird dabei akribisch vorgeschrieben. Über jeden Bestandteil des Produkts müssen die Hersteller durch Materialprüfer umfangreiche Sicherheitsdokumentationen erstellen lassen. Selbst ein Hosenknopf wird unter die Lupe genommen, als sei er ein sicherheitsrelevantes Teil eines Strahlflugzeugs. Bevor also die erste Uniformhose produziert werden kann, werden unzählige Tonnen von Papier produziert. Und gibt es dann endlich Prototypen, werden die im Truppenversuch auf ihre Praxistauglichkeit geprüft. So kann die Beschaffung eines einfachen Beinkleids bei der Bundeswehr schon einmal Jahre in Anspruch nehmen. Nicht selten ist ein Bekleidungsstück schon veraltet, wenn es in die Truppe eingeführt wird.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen könnte bald selbst ohne Hosen dastehen – bildlich gesprochen selbstverständlich. Kürzlich hat der Bundesrechnungshof bemängelt, dass ihr Ministerium bis zu 150 Millionen Euro im Jahr für externe Berater ausgibt –  auf zweifelhafter rechtlicher Grundlage. Nach einer anonymen Anzeige, die von einem Mitarbeiter des Hauses stammen soll, ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft jetzt „gegen das Bundesministerium der Verteidigung vertreten durch die Bundesministerin“. Der Vorwurf: Das Ministerium habe einen Teil dieser Berater über einen längeren Zeitraum „wie Mitarbeiter beschäftigt“. Durch diese Tätigkeit als Scheinselbständige seien der Sozialversicherung Beiträge vorenthalten worden. Details der Sache waren bis Redaktionsschluss nicht bekannt.