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26.10.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Am Montag danach / Was bis nach der Wahl warten muss, wie der Rechtsstaat durchgreift, und wie wir »Desinformation« ausmerzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-18 vom 26. Oktober 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Am Montag danach / Was bis nach der Wahl warten muss, wie der Rechtsstaat durchgreift, und wie wir »Desinformation« ausmerzen

Soll Seehofer gehen? Muss Merkel weg? Was hat die Nahles eigentlich noch an der Spitze ihrer Partei verloren nach all den Schlappen und dem völlig vergeigten „Neuanfang in der SPD“? Die Medien streiten über fast nichts anderes mehr. Aber wollen die Deutschen das überhaupt wissen? Philipp Amthor reicht es. Bei „Maischberger“ enthüllte der CDU-Bundestagsabgeordnete kurz nach der Bayern-Wahl die Stimmung im Volk: Statt Personalquerelen wollten die Leute, dass wir endlich zu den Sachfragen zurückkehren, stellte der junge Mann (Jahrgang 1992) aus Vorpommern fest.

Ja, die Jugend ist halt ungeduldig. Und öfters auch ein bisschen ungerecht. In Bayern hat man sich nämlich schon am ersten Tag nach der Wahl an die ersehnte Lösung brennender „Sachfragen“ gemacht, die so lange liegen geblieben waren. Gleich am Montag entstiegen in München 177 Familienangehörige von Asylsuchern einer gecharterten Maschine aus Athen.

Vermutlich hatten sie wahlkampfbedingt ziemlich lange warten müssen. Seit März war es die erste Maßnahme dieser Art im Freistaat. Für die nahe Zukunft sind dem Vernehmen nach weitere solche Aktionen geplant.

Na also, Herr Amthor: Es geht doch voran mit den „Sachfragen“!  Der Transport musste lediglich ein bisschen warten, weil bis zur Wahl der Eindruck von den „drastisch zurückgehenden Zahlen“ verteidigt werden musste. Da hätte so ein Schwall von Neuankömmlingen das Bild zerkratzen können. Wir nehmen die Bedenken und Befürchtungen in der Bevölkerung schließlich ernst! Man darf die Menschen nicht verunsichern, zumindest nicht, ehe sie ihre Stimme abgegeben haben. 

Dessen ungeachtet gilt es weiterhin, den Spaltern und Angstmachern die Stirn zu bieten. Die allerwichtigste Forderung lautet: Wir dürfen es nicht zulassen, dass soziale Fragen mit Asyl und Einwanderung vermengt werden. Etwa, wenn es um den knappen Wohnraum geht.

Während schicke Neubausiedlungen aus dem Boden schießen, die ausschließlich für die neuen Nachbarn entstehen, berichtet der „Stern“ über eine „Notunterkunft für Familien“ in Berlin, wo sich eine junge Familie, Vater, Mutter, Söhnchen, ein karges 20-Quadratmeter-Zimmer teilen muss. Sie konnten sich die Miete ihrer Wohnung nicht mehr leisten, gerieten in Zahlungsrückstand und flogen raus.

Wir erinnern uns: „Niemandem wird wegen der Zuwanderung etwas weggenommen!“ Richtig: Der Familie wurde die Wohnung auch nicht „weggenommen“, sie hatte ja gar keine mehr. 2017 wurden bundesweit 275000 neue Wohnungen fertiggestellt. Wie viele in dem Jahr wegen Abriss, Umwidmung oder Zusammenlegung wegfielen, ist nicht bekannt. Auch nicht, welcher Anteil auf Nobelwohnungen entfiel, die sich nur Grünen-Wähler leisten können. Aber egal: Allein anhand dieser Zahl muss doch jeder einsehen, dass noch jede Menge Platz ist für weitere hunderttausende Asylsucher jedes Jahr. Deutschland ist schließlich ein reiches Land.

Und ein sehr flexibles obendrein: Dass nicht genug Wohnungen da sein sollen, liegt angeblich auch am trägen Genehmigungsverfahren. Alles sehr umständlich und zeitraubend. In Hamburg hat man daher allerhand hemmende Regeln über den Haufen geworfen und in Rekordzeit eine neue Siedlung mit 800 Wohnungen gebaut für 2500 ... nein, das sagen wir jetzt nicht. Nur so viel: Die glücklichen Bewohner sind durchweg „erst kürzlich zu uns gekommen“. Für solche Projekte wurde 2015 das Baugesetzbuch dergestalt geändert, dass die Planer auf die aufwendige Ausarbeitung eines offiziellen Bebauungsplans („zunächst“) verzichten konnten. Ruck­zuck war alles fertig.

Um populistischen Neidkampagnen vorzubeugen, hat der Hamburger Senat versprochen, die Siedlungsbewohner rasch in andere Wohnungen in der Stadt umzusiedeln, damit auch Einheimische in die hübschen neuen Behausungen einziehen können. Nicht verraten hat die rot-grüne Stadtregierung, aus welchem verborgenen Winkel der Elbmetropole sie diese bislang unbekannten Heimstätten ziehen will, ohne dass diese wiederum einheimischen Wohnungssuchern weggeschnappt werden. Ein großes Abrakadabra, das irgendwann aufzufliegen droht, aber wann? Wir empfehlen für die Bekanntgabe einen noch näher zu datierenden Montag im Februar 2020. Dann wäre an der Alster nämlich die nächste Bürgerschaftswahl einen Tag her und damit die Zeit für „Sachfragen“ gekommen.

Gut, das geht also. Aber was ist mit der inneren Sicherheit? Über die reden die Leute ja auch immerzu. Leidet die nicht mehr als früher – also, sagen wir mal, vor 2015? Quatsch, um die innere Sicherheit ist es bestens bestellt; die Polizei ist personell wie materiell für alle weiteren Herausforderungen gewappnet und die Gerichte greifen durch, wie ein Fall aus Köln bestätigt. Dort wurde ein 76-jähriger Rentner zu 300 Euro Geldstrafe auf Bewährung verurteilt, weil er Kaffee aus dem Müllcontainer eines Supermarkts geklaut hat. Die 35 Vakuumpäck­chen waren zwar bereits durchstochen, vom Weiterverkauf also ausgeschlossen und eigentlich hinüber. Durch dieses Kinkerlitzchen ließ sich der Richter aber nicht von seinem strengen Kurs abbringen und taxierte den „Wert“ der Müllpackungen auf 200 Euro.

Machen Sie sich also keine Sorgen: Dieser alte Langfinger wird es sich in Zukunft gründlich überlegen, ob er unsere öffentliche Ordnung noch einmal so rück­sichtslos herausfordert. Die innere Sicherheit wird knallhart verteidigt. Jedenfalls gegen Typen wie den.

Selbstverständlich muss man neben Härte auch Flexibilität und Verständnis walten lassen, wenn die Zielgruppe es verdient. Den Drogen-Dealern in Berlins Görlitzer Park hat der Bezirk im vergangenen Jahr sogar eine eigene Ausstellung gewidmet, in der es hieß: „Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Widerstände arbeiten Drogenverkäufer unerschrocken und tapfer im öffentlichen Raum.“ Es handele sich um Schwarzafrikaner, die auch mit Rassismus zu kämpfen haben und daher nicht pauschal kriminalisiert werden dürfen. Die Politik schickt seit einiger Zeit Parkläufer in die Gegend, welche die Afrikaner dazu bewegen sollen, wenigstens nicht auch Mütter und Kinder „anzusprechen“. Alles sehr einfühlsam, gell? Man kann solche tapferen Seelen schließlich nicht abfertigen wie alte weiße Müllkaffee-Diebe. 

Ein Problem bleiben die Hetzer, die unsere Gesellschaft mit Falschnachrichten vergiften wie „Die Dealer im Görlitzer Park brechen das Gesetz“ oder „Illegal Eingewanderte sind illegale Einwanderer“ oder „Der Mond kreist um die Erde“. 

Kanzlerin Merkel hat solchen Gestalten in ihrer jüngsten Regierungserklärung endlich den Kampf angesagt. Sie will, so wörtlich, „Leitlinien für den Umgang mit Parteien schaffen, die in ihren Kampagnen aktiv Desinformation betreiben. Das bedeutet in letzter Konsequenz auch, über finanzielle Sanktionen nachzudenken.“

Was ist „Desinformation“? Nun ja, damit bezeichnet man für gewöhnlich das, was der politische Gegner behauptet. Sowas will sich Merkel künftig nicht mehr bieten lassen. Damit ändert sich auch der Blick auf demokratische Wahlen und Abstimmungen: Wenn der Gegner Erfolg hat, war das die faule Frucht von „Desinformation“, mit welcher der Wähler reingelegt wurde. Gewinnt man selbst, hat die Wahrheit gesiegt. 

In Großbritannien läuft diese ganz neue Interpretation von Meinungsfreiheit gerade zur Höchstform auf. Dort fordern die Brexit-Gegner eine neue Abstimmung, weil die Briten nicht ihrer Propaganda auf den Leim gegangen waren, sondern der Propaganda der anderen. Das sei Betrug und daher müsse die Abstimmung wiederholt werden. Solange, bis das Ergebnis „demokratisch“ ausfällt, also dem Geschmack der Brexit-Gegner entspricht. Willkommen in der „Postdemokratie“!