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02.11.18 / Hessen bleibt wohl schwarz-grün / Entgegen aller Prognosen reicht es nicht für ein grün-rot-rotes Bündnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-18 vom 02. November 2018

Hessen bleibt wohl schwarz-grün
Entgegen aller Prognosen reicht es nicht für ein grün-rot-rotes Bündnis
Peter Entinger

Nach der Landtagswahl vom letzten Sonntag hätten rein rechnerisch auch eine Große und eine Ampelkoalition eine Mehrheit, aber es wird wohl auf eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition hinauslaufen, allerdings mit einem gestärkten Juniorpartner. 

Großer Sieger – aber doch nicht gewonnen. Die Grünen unter Führung des bisherigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Tarek Al Wazir legten zwar deutlich zu und lieferten sich am Wahlabend ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD um den zweiten Platz. Die Hoffnungen, dass Al Wazir nach Winfried Kretschmann der zweite grüne Ministerpräsident der Republik werden könnte, scheinen sich aber nicht zu erfüllen. Dies lag auch daran, dass die Linkspartei mit rund sechs Prozent nicht so stark abschnitt wie erwartet und die AfD mit 13,1 Prozent dann doch stabiler war, als viele Vertreter der etablierten Parteien erhofft hatten. Die Verluste der einstigen Volksparteien fielen in der vorher erwarteten Größenordnung aus. 

Die SPD, die Hessen jahrzehntelang regierte, verlor rund zehn Prozentpunkte und fuhr ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegsgeschichte ein. Und so dürften die Debatten um einen Fortbestand der Großen Koalition weiterhin an Schärfe gewinnen. Kevin Kühnert sah die Gründe für das schlechte Abschneiden der SPD in der Bundespolitik. „Unter den Bedingungen, unter denen wir hier in Berlin arbeiten, wird die SPD in keinem Bundesland einen Fuß auf den Boden bekommen“, sagte der Juso-Chef. Im Wahlkampf habe er den Eindruck gehabt, die Leute wollten der Großen Koalition eins auswischen. „Und das haben sie heute auch getan.“ Der Juso-Chef war von Anfang an gegen ein Bündnis mit der Union. Kühnert lobte den Wahlkampf der SPD in Hessen. „Es tut mir wahnsinnig leid für die Hessen-SPD und auch für Thorsten Schäfer-Gümbel“, sagte der Parteilinke.

Schäfer-Gümbel war die Enttäuschung am Wahlabend deutlich anzusehen. „Wir gelten als kompetent, wir haben gute Noten bekommen. Aber wir halten am Ende die Goldene Zitrone in der Hand. Das ist ganz bitter“, sagte der hessische SPD-Chef, der die dritte Niederlage als Spitzenkandidat kassierte. Zwar würde ein schwarz-rotes Bündnis im hessischen Landtag ebenso die absolute Mehrheit von 69 Stimmen gerade so erreichen wie eine Ampelkoalition, allerdings gelten beide Optionen als äußerst unwahrscheinlich.

Weiterhin im Amt bleiben wird daher ein anderer Verlierer, der am Ende doch der Gewinner war. Die CDU unter Führung des Mi-nisterpräsident Volker Bouffier fuhr mit rund 27 Prozent ein schlimmes Ergebnis ein, wird aber dennoch weiterhin den Regierungschef stellen. Die CDU verlor rund 50000 Wähler ins Lager der Nichtwähler und rund 90000 Stimmen an die AfD. „Das zeigt, dass die Dinge komplex sind und die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt“, sagte Bouffier. Der Dauerstreit in Berlin sei sicherlich nicht förderlich gewesen. 

Fest steht, dass die CDU es künftig mit einer deutlich gestärkten Grünen-Mannschaft auf der Regierungsbank zu tun haben wird. Ob Bouffier auch die FDP mit an den Verhandlungstisch bitten wird, ließ er offen. Schwarz-Grün käme ebenfalls gerade so auf die erforderlichen 69 Stimmen. „Es gehört sich so, dass wir mit allen demokratischen Mitbewerbern sprechen.“ 

Die FDP steigerte ihr Ergebnis leicht und profitierte offenbar von der Angst vor Rot-Rot-Grün. Mit über sieben Prozent bieten sich die Liberale als dritter Partner an. „Wir stehen immer zur Verfügung, wenn es darum geht, Regierungsbeteiligungen einzugehen“, sagte Parteichef Christian Lindner auf die Frage, ob die FDP zu Jamaika-Gesprächen mit CDU und Grünen bereit sei. „Die einzige Voraussetzung ist, es muss ein partnerschaftliches Miteinander sein und es müssen Inhalte möglich sein.“ Zu den schweren Verlusten von CDU und SPD in Hessen sagte Lindner, die Große Koalition in Berlin werde nur noch von „Angst vor dem Wähler“ zusammengehalten. „Das ist ein Misstrauensvotum.“

Widersprüchlich waren die Reaktionen bei den Linken. Während sich die hessische Spitzenkandidatin Janine Wissler über das Ergebnis freute, zeigte sich die Bundesvorsitzende Katja Kipping enttäuscht. „Man wünscht sich immer mehr. Auch den Umfragen zufolge hatten wir uns noch ein paar Prozente mehr erhofft“, sagte sie gegenüber dem Nachrichtensender NTV. Für die Bundespolitik sehe sie jedoch ein klares Signal: „Diese Wahl heute war eine Denkzettelwahl für die Große Koalition.“ 

Eine knallharte Oppositionsarbeit kündigte die AfD an. Die rund 13 Prozent, die die Partei unter Spitzenkandidat Rainer Rahn einfuhr, sind ein achtbares Ergebnis, auch wenn die Partei offiziell ein Resultat von mehr als 15 Prozent angekündigt hatte. „Wir sind in allen 16 Parlamenten drin, das ist historisch. Wir haben im Vergleich zur Bundestagswahl noch einmal zugelegt und haben allen Grund, dieses Ergebnis zu feiern“, sagte Rahn. 

Wie schon bei der Wahl in Bayern zwei Wochen zuvor, punkteten die Grünen vor allem in den Großstädten, lagen in Frankfurt am Ende sogar vorn. Dort erzielte die AfD ein zweistelliges Ergebnis, was deren Spitzenkandidat als „unter den schwierigen Bedingungen sehr beachtlich“ einstufte. Die Hochburgen der AfD lagen wie schon bei der Bundestagswahl in den nördlichen und östlichen Landesteilen, sie schnitt auch in Kassel und Fulda stark ab. 

Deutlich zulegen konnten die Gewinner der Bayern-Wahl. Die Freien Wähler steigerten sich auf drei Prozent, verfehlten den Einzug in das Wiesbadener Parlament aber doch deutlich.