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02.11.18 / Ein Treffen, das Zeichen setzt / 9. Deutsch-Russisches Forum »Zukunft braucht Vergangenheit«: In Insterburg präsentierten Teilnehmer vorzeigbare Ergebnisse

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-18 vom 02. November 2018

Ein Treffen, das Zeichen setzt
9. Deutsch-Russisches Forum »Zukunft braucht Vergangenheit«: In Insterburg präsentierten Teilnehmer vorzeigbare Ergebnisse
Manuela Rosenthal-Kappi

Am 20. Oktober lud die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) zum Deutsch-Russischen Forum „Zukunft braucht Vergangenheit“ ein. Das 9. Forum fand in Insterburg statt. 

Herzliche Begrüßungen und Umarmungen tauschten die Teilnehmer zu Beginn des Deutsch-Russischen Forums (DRF’) aus, als sie sich in Insterburg wiedertrafen. Viele sind schon seit der ersten Stunde dabei. Das DRF hat sich zu einer Tradition entwickelt, die ihre Berechtigung hat. Das zeigt sowohl die Zahl der Interessierten als auch der Referenten und deren Arbeitsergebnisse. 65 Teilnehmer, darunter deutsche Kreisvertreter und ihre russischen Partner, Museumsdirektoren, Bibliothekare, Heimatforscher und Deutschlehrer, waren zusammengekommen, um sich über ihren Beitrag zum Erhalt des deutschen Kulturerbes im nördlichen Ostpreußen auszutauschen. 

LO-Sprecher Stephan Grigat eröffnete die Tagung mit der Versicherung, dass es sich bei der Veranstaltung um eine kulturelle handele und sich niemand – wie zuweilen durch Re-Germanisierungsphobien Einzelner propagiert wird – in die Politik im Königsberger Gebiet einmischen wolle. 

Brigitte Stramm, die Organisatorin der Treffen, konnte auf ein kleines Jubiläum zurückblicken: Vor zehn Jahren fand das erste DRF  „Zukunft braucht Vergangenheit“ in Königsberg statt.  Seitdem zeichnet es sich durch Kontinuität und herzliche Kontakte aus.  Die bisherigen Erfolge, die zeigen, dass sich etwas bewegt, überzeugten Stramm,  dass „wir aktiv gemeinsam ins nächste Jahrzehnt“ gehen werden.

Die Administration der Stadt Insterburg [Tschernjachowsk] unterstützte das DRF. Ihr offizieller Vertreter Igor Jerofejew hielt eine Grußrede.

Den Vortragsreigen eröffnete der Insterburger Kreisvertreter Rainer Buslaps mit einem Überblick zur Geschichte der Stadt, gefolgt von Eberhard Jung, der über die Spurensuche nach seiner Tante, der Dichterin Frieda Jung, Anfang der 90er Jahre berichtete.  Jelena Flegel vom Verein Dom Samok, der sich um den Erhalt der Ordensburg kümmert, freute sich, dass sie Direktorin des neuen Touristenzentrums geworden ist.

Wolfgang Freyberg, der gewohnt souverän durch die Veranstaltung führte, betonte, wie wichtig Entschlossenheit und Hartnäckigkeit für die gemeinsame Arbeit seien. Damit leitete er zum nächsten Vortrag über: Für eine Überraschung sorgte der aus Gumbinnen angereiste Walerij Gusarow, Qualitätsdirektor eines großen Industrieunternehmens, mit seinem Vortrag über Johannes Richard zur Megede. Vor zehn Jahren stieß er zufällig auf einen Text des kaum bekannten deutschen Schriftstellers, der ihn so fesselte, dass er begann, Deutsch zu lernen. Gusarow wagte sich an die Übersetzung ins Russische. Das Ergebnis seines Enthusiasmus besteht nicht nur darin, dass zwei von zur Megedes Romanen nun auf Russisch vorliegen, sondern er schaffte es auch, dass in Bartenstein im polnischen Teil Ostpreußens, wo zur Megede verstarb, ein Gedenkstein aufgestellt wurde.

Der Reiseleiter Jewegenij Snegowskij erzählte von Arno Surminskis kürzlicher Lesereise, die er begleiten durfte und die große Resonanz bei den Russen fand. Sie führte über Königsberg ins Stadtmuseum Tilsit, deren Direktorin Angelika Spiljowa mit dem Ehrenzeichen der Stadtgemeinschaft Tilsit für ihre Ausstellungen zu deutschen Persönlichkeiten und ihrem entschlossenen Beharren gegen-über Anfeindungen (die PAZ berichtete) ausgezeichnet wurde. 

Snegwoskij schlug auch nachdenkliche Töne an. Ihn treibt Kants Idee vom „Weg zum ewigen Frieden“ an. Gespräche, Treffen und die Meinung des anderen zu achten sind für ihn wichtige Mittel um zu verhindern, dass sich das tragische Schicksal Ostpreußens wiederholt.

Swetlana Sokolowa, ehemalige Direktorin des Museums Friedländer Tor und seit acht Jahren Leiterin des Königsberger Tiergartens, hat im Zoo ein Museum eingerichtet. Sie schilderte den Fortgang der Modernisierungsarbeiten, berichtete, welche deutschen Gebäude erhalten und welche originalgetreu nachgebaut wurden.

Ein Beispiel gelungener Zusammenarbeit stellte Eva Schalaginowa aus Pillau vor. Eine Kindergruppe hatte unter ihrer Anleitung einen Film gedreht, in dessen Handlung ein ehemaliger Bewohner den Kindern zur Hilfe kommt. Mit diesem Film nahm die Gruppe an einem St. Petersburger Festival teil. 

Im Anschluss schilderte der Militärhistoriker Denis Dunajewskij  die Geschichte des Militärs in Königsberg in den letzten Jahrhunderten und stellte sein umfangreiches zweisprachiges Buch zum Thema vor. 

Als Enthusiast darf Alexej Sokolow gelten, der das Wystynetskij Ökomuseum in der Rominter Heide gegründet hat. Sein Fernziel ist es, einen Nationalpark dort einzurichten. Bislang leitet er vielseitige Projekte für Kinder und Erwachsene, denen er die Geschichte nahe-bringt und für die er Expeditionen mit Lagerfeuer organisiert.

Höhepunkt der Veranstaltung war der Vortrag des Germanisten Wladimir Gilmanow mit dem Titel „Deutsche und Russen in der Geschichte und das Problem der Zukunft“, dessen Inhalt sich nur schwerlich wiedergeben lässt. Ausgehend von Kants philosophischem Werk ging er auf die wechselvolle Geschichte zwischen Deutschen und Russen ein, deren Wege sich immer wieder kreuzten. Ein Kernsatz seines Vortrags lautet: „Ich hoffe, dass Deutschland und Russland ... vermögend wären, die Chance wahrzunehmen, die die beiden seit Jahrzehnten vertan haben und zwar – die Chance der Verwirklichung der Kantischen Friedensvision ...“

Mit ihrer Teilnahme am DRF setzten die deutschen und russischen Partner ein Zeichen, dass sie am friedlichen Umgang miteinander – allen politischen Störfeuern zum Trotz – auch zukünftig festhalten wollen.