20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.11.18 / Für Deutschland würde es teuer werden / Bundesrechnungshof warnt mit Sonderbericht vor Risiken der geplanten Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-18 vom 16. November 2018

Für Deutschland würde es teuer werden
Bundesrechnungshof warnt mit Sonderbericht vor Risiken der geplanten Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds

Der Bundesrechnungshof prüft nicht nur die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, sondern er berät auch. Über „Angelegenheiten von besonderer Bedeutung“ kann er gemäß Paragraf 99 der Bundeshaushaltsordnung jederzeit den Bundestag, den Bundesrat und die Bundesregierung unter- richten. Davon hat er jetzt Gebrauch gemacht, denn die Finanzkontrolleure halten die Pläne der Europäischen Kommission zum Umbau des Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM) für nicht geeignet, „die Eurozone wetterfest zu machen“. Für eine stabile Währungsunion sei entscheidend, dass der Rettungsschirm auch künftig auf seine Kernaufgabe der Krisenbewältigung fokussiert bleibe. Vor allem warnt der Rechnungshof vor einer zunehmenden Haftung Deutschlands durch Änderungen im ESM, der zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) umgestaltet werden soll. Das macht er in seinem „Bericht über die Risiken der Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) für den Bundeshaushalt“ deutlich.

Ein nach den Plänen der Kommission ausgestalteter EWF würde den Charakter des ESM als echter Krisenbewältigungsmechanismus für die Wirtschafts- und Währungsunion Europas verlieren, heißt es. Der Vorschlag der EU-Kommission ziele darauf ab, Stabilitätshilfen an die Mitglieder künftig früher und einfacher auszureichen. Sie sollten zudem nicht mehr in dem Maße wie bisher an Reformauflagen geknüpft werden. Durch die Änderungen würden die Ressourcen des EWF stärker beansprucht, und das Volumen der möglichen Ausfälle nehme zu. Zudem könnten die Änderungen auch Fehlanreize begünstigen, zum Beispiel „indem sie Reformbemühungen in den von einer Krise betroffenen Mitgliedstaaten schwächen“.

Der Rechnungshof geht davon aus, dass „Verluste wahrscheinlicher eintreten können“. Daneben könnte es auch erforderlich werden, das Stammkapital des EWF zu erhöhen. Dies würde zu einer Ausweitung der Haftung Deutschlands über die vereinbarten 190 Milliarden Euro hinaus führen. Für die Änderung wäre zwar die Zustimmung aller Mitgliedstaaten erforderlich, Deutschland könnte sich dem jedoch kaum entziehen, zum Beispiel im Falle einer größeren Krise oder wenn neue Aufgaben „glaubwürdig finanziell zu unterlegen“ seien. Zusätzliche Belas- tungen für den Bundeshaushalt wären die Folge. „Insgesamt ergeben sich mit den von der Kommission angestrebten Änderungen erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt“, stellt der Rechnungshof fest.

Wie er weiter erläutert, soll der neue Währungsfonds Teil eines Sicherheitsnetzes für krisengeschüttelte Banken im Euro-Währungs- gebiet werden und hierfür bis zu 60 Milliarden Euro bereithalten. Dies hätte zur Folge, „dass die Haftung für Risiken im europäischen Bankensektor vergemeinschaftet würde“. Außerdem wäre damit das Signal verbunden, dass Banken notfalls auch weiterhin aus Steuermitteln gerettet würden. Auch lehnt der Rechnungshof den Kommissionsvor- schlag, den EWF als „Vehikel für politische Initiativen zu nutzen“, ab. Als Beispiel wird genannt, dass der EWF Finanzmittel bereitstellt, um konjunkturelle Schwankungen in den Mitgliedstaaten zu glätten. Dies sei aber als Teil der Wirtschaftspolitik Aufgabe der jeweiligen Mitgliedstaaten. Zudem warnt der Rechnungshof vor der Vereinfachung der Beschlussverfahren und einer Abschwächung der Mehrheitserforder- nisse im EWF: „Deutschland würde unter bestimmten Voraussetzungen sein Vetorecht verlieren. Zudem wäre nicht in allen Fällen sichergestellt, dass die Mitwirkungsrechte des Bundestages gewahrt blieben.“

Der ESM verfügt über ein Stammkapital von 705 Milliarden Euro. Davon mussten die Mitglieder 81 Milliarden direkt einzahlen und als Sicherungsreserve hinterlegen. Weitere 624 Milliarden Euro kann der ESM bei Bedarf bei den Mitgliedern abrufen. Jedes Mitglied haftet für Verluste bis zur Höhe seines Anteils am Stammkapital. Für Deutschland sind das die erwähnten 190 Milliarden Euro. Das genehmigte Stammkapital kann erforderlichenfalls erhöht werden. Dies bedarf bisher der Zustimmung der Mitgliedstaaten in den jeweiligen nationalen Verfahren.

Die Euro-Staaten wollen sich bis Dezember auf die Modalitäten für die Weiterentwicklung des ESM verständigen, weshalb der Bundesrechnungshof Handlungsbedarf sieht. J.H.