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16.11.18 / Fremd geworden / Vor 250 Jahren geboren: Zacharias Werner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-18 vom 16. November 2018

Fremd geworden
Vor 250 Jahren geboren: Zacharias Werner
H. Tews

Albert Camus war fasziniert von der Geschichte des Verlorenen Sohns. Gleich zweimal – in einer Zeitungsmeldung in „Der Fremde“ und in dem Drama „Das Missverständnis“ – thematisierte er die Rückkehr eines reichen Auswanderers, der sich als Erwachsener nicht als Sohn seinen Eltern zu erkennen gibt und als augenscheinlich „Fremder“ von diesen aus Habgier ermordet wird. Den Stoff hat Camus aber nicht erfunden. Vermutlich stieß er darauf nach der Lektüre des Dramas „Der vierundzwanzigste Februar“ des ostpreußischen Schriftstellers Zacharias Werner.

Mit diesem 1808 erschienenen Werk bereicherte Werner das Theater um die Gattung des „Schicksalsdramas“, das sich be­sonders in der Romantik großer Beliebtheit erfreute und in denen oft Flüche aus dem Jenseits das Schicksal der Diesseitigen besiegelten. Neben dem Schauspiel „Martin Luther oder die Weihe der Kraft“ gilt „Der vierundzwanzigste Februar“, das eine erste private Aufführung im Schweizer Sa­lon der Madame de Staël erlebte und dann unter Goethes Aufsicht 1811 in Weimar öffentlich uraufgeführt wurde, als Werners populärstes Werk.

Heute werden die Stücke des vor 250 Jahren, am 18. November 1768, in Königsberg geborenen Dramatikers kaum noch aufgeführt. Er ist einer der vergessenen Autoren der deutschen Literaturgeschichte, an denen sich nur be­lesene Geistesgrößen wie Camus erinnern wegen eines Geniestreichs, der Werner mit seinem Schick­salsdrama gelungen ist. 

Werner selbst ist nicht ganz un­schuldig daran, dass man ihn als Autor aus dem Auge verloren hat. Nach dem Theatererfolg in Weimar, für den er von Goethe persönlich gelobt wurde, konvertierte er in Rom zum Katholizismus, ließ sich zum Priester weihen und schrieb eher Predigten als Dramen. Als er am 17. Ja­nuar 1823 in Wien starb, nahm kaum noch jemand Notiz von ihm als einst gefeiertem Dramatiker.