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23.11.18 / Arbeitsplatzkiller Europäische Union / Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig in der Ablehnung der CO2-Reduktionsziele der Eurokraten für Lkw

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-18 vom 23. November 2018

Arbeitsplatzkiller Europäische Union
Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig in der Ablehnung der CO2-Reduktionsziele der Eurokraten für Lkw
Peter Entinger

Die Pläne der Europäischen Union für den Kohlendioxidausstoß von Lastwagen sind ehrgeizig. In der Wirtschaft wächst dagegen die Angst. Betriebsräte sprechen bereits von einem Spiel mit dem Schicksal Zehntausender Arbeitnehmer. 

Am vergangenen Mittwoch entschieden die Abgeordneten in Straßburg über den Vorschlag ihres Umweltausschusses, den Kohlendioxidausstoß von Lastwagen in den kommenden zwölf Jahren um weitere 35 Prozent zu senken. Bei Verstößen drohen ungewöhnlich hohe Strafzahlungen – so hoch, dass sie „selbst große Nutzfahrzeughersteller in ihrer Exis-tenz bedrohen könnten“, wie der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte. 

Für die Parlamentarier in Straßburg und die Vertreter der EU-Kommission in Brüssel haben die Klimaziele allerdings erst einmal Vorrang. „Die Regelung macht die großen Verschmutzer auf der Straße für mehr Klimaschutz verantwortlich“, erklärte der niederländische Grünen-Abgeordnete Bas Eickhout. Im Transportbereich steige der Ausstoß des angeblich klimaschädlichen Kohlendioxids weiter. Laut EU-Kommission ist er heute um 19 Prozent höher als 1990, weil immer mehr Waren auf der Straße transportiert werden.

Für die Association des Constructeurs Européens d’Automobiles (ACEA, Europäischer Automobilherstellerverband), der auch die Lkw-Hersteller Daimler, MAN, Scania, Volvo und Iveco angehören, ist dies aber nur ein Teil der Wahrheit. Der Lastverkehr wachse zwar, das meiste davon rolle auch über die Straßen. „Aber Lastwagen machten gerade mal fünf Prozent des CO2-Ausstoßes insgesamt aus“, heißt es in einer Mitteilung. 

In seltener Einmütigkeit hatten Firmenchefs und Betriebsräte bis zum Schluss versucht, die Regelung doch noch zu stoppen. „Mit einer solchen Entscheidung setzt die EU Zehntausende Jobs alleine in Deutschland aufs Spiel, warnte beisspielsweise Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht und erhielt Unterstützung von MAN-Betriebsrat Saki Stimoniaris: „Wenn es das Ziel der Europäischen Kommission und der EU-Parlamentarier ist, die europäische Nutzfahrzeugindustrie zu zerstören, dann handelt sie richtig.“

Die Branchenführer erklären, dass sich die Forschung seit Jahren bemühe, die Lastkraftwagen immer sparsamer zu machen. Jeder gefahrene Kilometer sei eine Betriebsausgabe, die man alleine schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen so gering wie möglich halten möchte. Die von der Politik angestoßene Umrüstung auf Elektroantrieb scheint mittelfristig keine Option für die Wirtschaft zu sein. „Auf absehbare Zeit ist so etwas nicht marktfähig, sagte VDA-Chef Mattes: „Tonnenschwere Akkus, lange Ladezeiten, notwendige Parkplätze und Ladesäulen, ich wüsste nicht, wie man das innerhalb von ein paar Jahren logistisch lösen könnte.“

Umwelt-Aktivisten wie die Grünen-Politikerin Rebecca Harms sehen das anders: Busse zum Beispiel fahre ja jeden Tag zuverlässig auf derselben Strecke und zumeist auch nicht so ganz lange Strecken. Und deshalb ist die Betankung, die Wiederaufladung der Batterien sehr viel einfacher möglich. Für schwere Lastkraftwagen, die ebenfalls auf vorhersagbaren Strecken fahren, ist es auch leichter eine Elektrifizierung zu schaffen“, erklärte sie gegenüber dem „Deutschlandfunk“. 

Betroffen von der Regelung seien ohnehin nur schwere Lastwagen, also solche die mehr als 16 Tonnen wiegen. „Diejenigen, die wir als so kleine Transporter in der Stadt sehen, die wurden bereits in der Pkw-Richtlinie reguliert“, sagte Harms. Aus der Wirtschaft kam umgehend Widerspruch zu dieser These. Es treffe nicht nur Lastwagenbauer, sondern die gesamte Volkswirtschaft in Europa, weil Gütertransport teurer werde, sagte Daimler-Vorstand Martin Daum der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Das wiederum wäre Gift für das arbeitsteilige Wirtschaftssystem, „weil ganze Wertschöpfungsketten verlagert werden könnten“.

Unterstützung bekamen die Politiker in Straßburg und Brüssel naheliegenderweise seitens der in Konkurrenz zur Straße wirtschaftenden Schiene. Bei der Deutsche-Bahn-Tochter DB Schenker sprach man sich kurz vor der anstehenden Entscheidung des EU-Parlaments für weitergehende Kohlendioxidreduktionsziele bei Nutzfahrzeugen ab 7,5 Tonnen aus. „Da geht mehr und da muss mehr gehen“, sagt Jochen Thewes, Vorstandsvorsitzender der Schenker AG. „Der Umstieg auf elektrifizierte Antriebe auf Basis erneuerbarer Energien muss dringend beschleunigt werden.“ Er sprach sich für ambitioniertere Kohlendioxidreduktionsziele für Nutzfahrzeuge von 20 Prozent bis 2025 und 35 Prozent bis 2030 aus. Im Rahmen des Beitritts zur globalen Klimainitiative EV 100 hatte DB Schenker sich kürzlich dazu entschieden, die eigene Fahrzeugflotte im Verteilerverkehr bereits schrittweise auf Elektromobilität umzustellen. Danach sollen bis 2030 alle Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen auf elektrische Antriebe oder Brennstoffzellen umgestellt werden.

Auch wenn das EU-Parlament am vergangenen Mittwoch letztlich zustimmte. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen. „Die Richtlinie geht ja dann noch in den Trilog und da könnte es auch wieder Änderungen geben, die die Werte nach unten schrauben. Also das letzte Wort wird heute nicht gesprochen. Widerstand gegen die Richtlinie gibt es von der Fraktion der Konservativen und Reformer, und auch Teile der Europäischen Volkspartei sind damit unzufrieden. Man muss wissen, dass ähnlich wie bei den Autos die Richtlinie zweigeteilt ist. Einerseits ist ein Reduktionsziel vorgesehen in Etappen: Bis 2025 eine Reduktion von 20 Prozent im Vergleich zu 2019. Und für das Jahr 2030 dann die 35 Prozent“, erklärte Paul Vorreiter, Korrespondent des „Deutschlandfunks“ in Brüssel.