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23.11.18 / Von wegen »Übernahme« / Die Industriegas-Hersteller Linde und Praxair fusionieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-18 vom 23. November 2018

Von wegen »Übernahme«
Die Industriegas-Hersteller Linde und Praxair fusionieren

Nach den EU-Wettbewerbsbehörden hat auch deren US-amerikanisches Pendant, die Federal Trade Commission (FTC, Bundeshandelskommission), die Fusion des deutschen Industriegaseherstellers Linde AG mit dessen ebenfalls börsennotierten US-Konkurrenten Praxair genehmigt. Mit dem Zusammenschluss entsteht der größte Indus-triegase-Konzern der Welt. Zur Sicherung des Wettbewerbs hat die FTC die Bedingung gestellt, dass beide Konzerne große Teile ihres Geschäfts an Konkurrenten verkaufen. Immerhin ist der neue Indus-triegase-Konzern mit einem Anteil von 24 Prozent am Markt mit deutlichem Abstand zum französischen Konkurrent Air Liquide Weltmarktführer im Bereich Industriegase.

Insbesondere Arbeitnehmervertreter übten scharfe Kritik an der Zusammenlegung der beiden Unternehmen. Der Chef der Indus-triegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, sagte: „Dieser Zusammenschluss rechnet sich nicht – weder für die Aktionäre, noch für die Beschäftigten, noch für den Industriestandort Deutschland.“ Aus Sicht der Gewerkschaft sind wegen der Auflagen der Kartellbehörden und der Kostensenkungen, die den Aktionären versprochen wurden, mehr Arbeitsplätze gefährdet, als bislang dargestellt wird. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland rund 7000 Mitarbeiter, davon die Hälfte im Raum München. Der deutschen Belegschaft wurde eine Standort- und Beschäftigungsgarantie bis zum Jahr 2021 gegeben. 

Insbesondere der Anlagenbau von Linde könnte auf längere Sicht zum Verkauf stehen. Die Sparte Anlagenbau erwirtschaftet zwar verlässlich Umsatzrenditen, gemessen an den Maßstäben, die bei 

Praxair gelten, dürfte das Geschäft aber uninteressant sein. Beide Unternehmen bezeichnen den Zusammenschluss als „Fusion unter Gleichen“. Viele Kommentatoren in der hiesigen Wirtschaftspresse äußern allerdings Zweifel an der behaupteten künftigen Parität. Weit verbreitet ist die Sichtweise, dass bei Linde künftig die Amerikaner das Sagen haben werden. 

Das neue Unternehmen trägt zwar den Namen „Linde“, hat seinen Sitz aber nicht in Deutschland, sondern in Irland. 

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Linde AG, Wolfgang Reitzle, soll zwar für zwei Jahre das Amt des Chairman (Aufsichtsratsvorsitzender) ausüben, der letzte Chairman und Chief Executive Officer (CEO, geschäftsführendes Vorstandsmitglied) von Praxair und nunmehrige CEO von Linde, Steve Angel, wird jedoch mit Finanzchef Matt White faktisch die Kontrolle ausüben. Für den amerikanischen Markt soll zwar ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Linde AG zuständig sein, aber dafür soll das Europageschäft von einem ehemaligen Praxair-Manager beaufsichtigt werden. 

Mit der Fusion scheint sich ein Kreis zu schließen. Der deutsche Ingenieur, Erfinder und Unternehmer Carl von Linde (siehe PAZ Nr. 46 vom 14. November 2009) 

gründete 1879 in Wiesbaden mit anderen die Gesellschaft für 

Linde’s Eismaschinen AG, die spätere Linde AG, sowie 1907 in den Vereinigten Staaten das Unternehmen Linde Air Products. Letzteres wurde im Ersten Weltkrieg als deutsches Feindvermögen konfisziert und Bestandteil der Union Carbide & Carbon Corporation (UCC). 1989 wurde der Bereich Union Carbide Industrial Gases unter dem Namen „Praxair“ ausgegliedert.N.H.