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23.11.18 / Hübsche Verlockung / Kraftakt in Halle an der Saale – Museum Moritzburg zeigt Klimt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-18 vom 23. November 2018

Hübsche Verlockung
Kraftakt in Halle an der Saale – Museum Moritzburg zeigt Klimt
Veit-Mario Thiede

Das Kunstmuseum Moritzburg besitzt mit dem Porträt der Marie Henneberg eines von nur vier Gemälden Gustav Klimts, die deutschen Museen gehören. Die schöne Wienerin hat Gesellschaft bekommen. Neun Gemälde und rund 60 Zeichnungen Klimts sind zu ihr nach Halle an der Saale gereist. Das ist eine Sensation, weil die Besitzer seine Werke normalerweise nicht verleihen.

Höhepunkte der Präsentation sind die Bildnisse von Damen, deren frühestes Klimts Schwester Klara (um 1880) zeigt. Die uns leicht kokett aus den Augenwinkeln anblickende junge Dame ist errötet. Dieses einnehmende Ausdrucksmittel erhob der Wiener Maler zum Markenzeichen seiner Porträts. Das zeigt aufs Schönste das Porträt Marie Hennebergs (1901/1902). Inmitten locker ge­setzter, hell flirrender kurzer Pinselstriche erscheint ihr sorgsam gemaltes Antlitz. Mit dezenter Arroganz blickt die wohlhabende Dame über den Betrachter hinweg, während die geziert angewinkelten Finger der Rechten ihr Kinn stützen. 

Zum Ölbild treten Vorzeichnungen, die Klimts Weg zur endgültigen Bildlösung aufzeigen. Während er mit den Zeichnungen unterschiedliche Körperhaltungen und Gesten erprobte, griff der Wiener Jugendstilkünstler für die Darstellung der Gesichter und Hände auf Fotografien zurück.

Mit seinen Damenbildnissen stieg der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Klimt zu einem der bestbezahlten Maler seiner Zeit auf. Aber er war wählerisch und porträtierte nur Frauen, die ihn interessierten. Viele gehörten dem jüdischen Großbürgertum an. So auch Eugenia Primavesi. Auf einer Bleistiftzeichnung setzt der Gründungspräsident der Wiener Secession sie zunächst unvorteilhaft in Szene: Mit geballten Fäusten packt die Bankiersfrau deftig ihren Umhang. Im mit kräftigen bunten Farben ausgestatteten Porträt (1913/14) jedoch hat Klimt sie in eine hoheitsvolle Erscheinung verwandelt, die keine Miene verzieht. Aber die krallenartig angewinkelten Finger verraten ihre nervöse Anspannung.

In der immer am Attersee verbrachten Sommerfrische fand Klimt die Ansichten für seine stets quadratischen Landschaftsgemälde. Der ausgestellte „Bu­chenwald“ (um 1902) veranschaulicht deren Charakteristika: Das Motiv ist ausschnitthaft er­fasst und weist einen hoch gelegenen Horizont auf. Weit größeres Aufsehen als die ungewöhnliche Landschaftsmalerei erregen aber damals wie heute Klimts nicht immer jugendfreie Aktzeichnungen und die erotisch aufgeladenen Jugendstil-Gemälde. Sie sind mit dem dunkeltonigen Ölbild „Irrlichter“ vertreten, in dem uns zwischen blinkenden Lichtpunkten Frauen verführerische Blicke zuwerfen. Doch Vorsicht! Der Titel warnt, dass sexuelle Verlockung mitunter tödlich enden kann.


Bis 6. Januar im Kunstmuseum Moritzburg, Friedmann-Bach-Platz 5, Halle (Saale), geöffnet von Donnerstag bis Dienstag von 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 12 Euro, Infos im Internet: www.klimt2018.de