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30.11.18 / Glühwein trinken in der Festung / Hinter Millionen Euro teuren Schutzwällen genießen die Berliner den Weihnachtsbummel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-18 vom 30. November 2018

Glühwein trinken in der Festung
Hinter Millionen Euro teuren Schutzwällen genießen die Berliner den Weihnachtsbummel
Norman Hanert

Nach dem verheerenden Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz im Dezember 2016 musste sich der Berliner Senat Kritik anhören, er habe die Terrorgefahr unterschätzt. Zwei Jahre später gleicht der Weih­nachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche einer Festung.

In diesem Jahr sind nicht nur Metallpoller aufgestellt worden, die unüberwindlich sein sollen. Auch Stahlgitterkörbe mit Sandsäcken und Stahl- und Betonsockel sollen verhindern, dass erneut ein Terroranschlag wie am Abend des 19. Dezember 2016 verübt werden kann. Damals war der tunesische radikale Moslem Anis Amri mit einem 40-Tonner in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt hineingerast und hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Elf Besucher des Marktes wurden bei dem Anschlag getötet, mehr als 70 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. 

Nach dem Anschlag wurden Vorwürfe laut, die Behörden hätten es versäumt, Fußgängerzonen und gefährdete Plätze wie etwa den Berliner Breitscheidplatz durch Absperrungen zu schützen. Tatsächlich weisen Sicherheitsexperten schon seit längerer Zeit darauf hin, dass Symbole der westlichen Lebensweise wie Einkaufszentren, Kirchen und Weihnachtsmärkte für islamische Terrorgruppen wichtige Anschlagsziele darstellen. 

Auch mit der Nutzung von Fahrzeugen als Waffen musste gerechnet werden: Der Islamische Staat hat schon vor Jahren detaillierte Anleitungen für Anschläge mit Autos verbreitet. Zudem war wenige Monate vor dem Berliner Anschlag ein moslemischer Terrorist mit einem Lastwagen über die Strandpromenade von Nizza gerast. Dieser Anschlag im Sommer 2016 kostete mehr als 80 Menschen das Leben.

Mittlerweile haben die Berliner Behörden vielerorts Poller und Sicherheitsabsperrungen errichtet. Auf dem diesjährigen Weihnachtsmarkt in der City-West wird aber sogar ein Hochsicherheitskonzept getestet. Mehr als 100 Gitterboxen stehen in einer Reihe aufgebaut und miteinander verschraubt wie ein Wall am Rande des Marktes. Im Innern der Metallkästen ruhen schwere, mit Sand gefüllte Kunststofftaschen. 

Diese Barriere soll im Ernstfall sogar  schwere Fahrzeuge stoppen. Auch die Längsseiten und die Fußgängerzugänge haben die Behörden mit Pollern geschützt. Zusätzlich haben sie vorbeiführende Straßen vorübergehend zu Einbahnstraßen umgewandelt. Auf dem Markt selber werden Polizisten patrouillieren, um notfalls gegen Messerattentäter vorgehen zu können. 

Für Berlins Presse ist das Ausmaß der Sicherheitsvorkehrungen auf dem Weihnachtsmarkt längst zum Thema geworden: Der „Berliner Kurier“ titelte mit der Wortschöpfung „Glühwein­festung“, andere Blätter schrieben vom „Glühwein schlürfen hinter Pollern“.

Aus Sicht des Berliner Senats stellen die aufgebauten Absperrungen einen in Deutschland bislang einzigartigen Schutz gegen Anschläge mit schweren Lastwagen dar. Diese Sicherheit hat allerdings ihren Preis: Allein die Vorkehrungen rund um den Breitscheidplatz kosten das Land 2,5 Millionen Euro. 

Berlin könnte auch mit einem anderen Sicherheitsprojekt Maßstäbe für ganz Deutschland setzten. Erstmalig hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) zu einem Clan-Gipfel geladen. In der letzten November-Woche kamen Fachpolitiker, Juristen und Ermittler zusammen, um über das Vorgehen gegen kriminelle arabische Großfamilien zu beraten. 

Ein Ergebnis des Expertentreffens ist die Entwicklung eines eigenen Zentrums zur Bekämpfung von Clan-Kriminalität. Dabei sollen Vertreter verschiedenster Behörden zusammenarbeiten, um effektiver gegen die kriminellen arabischen Familien vorzugehen zu können. Neben Polizei und Justiz könnten auch Finanzbehörden, Zoll, Jugend- und Bezirksämter sowie selbst die Jobcenter an einem Tisch sitzen. 

Als Vorbild für eine solche Arbeitsgruppe nennen die Initiatoren das 2004 gegründete „Gemeinsame Terrorabwehrzentrum“ (GTAZ). Hier koordinieren Vertreter von insgesamt 40 Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern ihr Vorgehen gegenüber islamischen Gefährdern. Auch in Berlin-Neukölln arbeiten im Kampf gegen kriminelle orientalische Großfamilien schon jetzt verschiedene Behörden zusammen. Die Innenverwaltung will dieses Modell auf ganz Berlin übertragen. 

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die Initiative des Innensenators für eine sinnvolle Idee. Der Berliner GdP-Landesvorsitzende Norbert Cioma sagt: „Wir haben den kriminellen Handlungen arabischer Clans behördenübergreifend jahrzehntelang nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die nötig gewesen wäre, um dieses Übel im Keim zu ersticken. Wozu das geführt hat, erleben meine Kolleginnen und Kollegen tagtäglich, wenn sie einen Sozialleistungen beziehenden Zweite-Reihe-Parker dazu auffordern, seinen AMG wegzufahren oder in den Gerichtssälen, in denen die Rollen von Angeklagten und Zeugen gern verwechselt werden“. 

Angesichts beschränkter Personalressourcen sieht die Polizeigewerkschaft aber auch ein Problem. Cioma warnt: „Herr Geisel muss sich bewusst sein, dass unsere Kollegen die komplexe Thematik nicht mal so nebenbei bewältigen können. Wenn wir für jede neue Idee Leute abziehen, bluten die einzelnen Dienststellen immer weiter aus“.