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30.11.18 / Fahrt in den siebten Himmel / In Marokko fährt Afrikas erster Hochgeschwindigkeitszug

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-18 vom 30. November 2018

Fahrt in den siebten Himmel
In Marokko fährt Afrikas erster Hochgeschwindigkeitszug
Bodo Bost

Al Boraq“ – so hieß das geflügelte Fabelwesen, auf dem der Prophet Mohammed einst, nach dem Glauben der Muslime, von Jerusalem aus in den siebten Himmel aufgefahren und später wieder herabgefahren sein soll. Nun heißt so auch der erste Hochgeschwindigkeitszug TGV, der in Marokko die beiden Metropolen Rabat und Tanger verbindet. Die marokkanische Eisenbahngesellschaft ONCF hat jetzt in Anwesenheit von König Mohammed VI. und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron den ersten afrikanischen TGV in Betrieb genommen. 

Zuvor mussten einige Bahnhöfe  neu erbaut werden. Bis 2025 werden alleine für die Strecke Rabat–Agdal rund 30 Millionen Passagiere pro Jahr erwartet. Beauftragt mit dem Bau der Strecke sowie der dazu gehörenden Infrastruktur war die französische Eisenbahngesellschaft SNCF. Lieferant der Züge ist der ebenfalls französische Konzern Alstom. Den ersten Spatenstich zu dem vier Milliarden Euro teuren Pre­stigeobjekt hatten vor acht Jahren der damalige französische Präsident Francois Sarkozy und der damalige König Hassan VI. getätigt. Finanziert wurde das Vorhaben des unter einer chronischen Haushaltskrise leidenden Maghrebstaates durch Kredite aus Frankreich, Saudi-Arabiens und den Golfstaaten.

Der Schnellzug soll in einer ersten Phase die Städte Tanger und Casablanca miteinander verbinden und durch die Hauptstadt Rabat fahren. Allerdings erreicht der TGV nur auf der Strecke Kenitra–Tanger eine Reisegeschwindigkeit von 320 Kilometern pro Stunde. Von Kenitra nach Casablanca wird der TGV eine Reisegeschwindigkeit von 220 Kilometern pro Stunde erreichen. Insgesamt reduziert sich die Reisezeit zwischen den beiden Wirtschaftsmetropolen von fünf Stunden auf etwas mehr als zwei Stunden. 

Sollte Marokko 2026 die Fußballweltmeisterschaft austragen, soll der TGV dann bis Marrakesch fahren. Langfristig sollen bis 2035 sogar zwei TGV-Strecken entstehen. Neben der jetzt eröffneten Atlantikroute von Tanger bis Agadir noch eine knapp 2000 Kilometer lange Maghrebstrecke von Casablanca über Rabat und Oujda weiter via Algier durch Algerien bis nach Tunis in Tunesien.

Die marokkanische Regierung hofft, dass die Züge dem Land Wohlstand und Prestige bringen, von daher auch der religiöse Name für den ersten TGV-Zug. Die Menschen in Marokko, die in letzter Zeit in Scharen in die Boote nach Spanien steigen oder die Grenzwälle der beiden spanischen Exklaven Ceuta und Melilla im Norden Marokkos erklimmen, sollen merken, dass sie ein Land verlassen, das an der technologischen Spitze Afrikas stehen möchte und sogar in der Lage ist, Projekte durchzuführen, die es sonst nur in Europa oder Asien gibt. Marokko hat in den letzten 20 Jahren enorme Investitionen in die Infrastruktur getätigt. Insbesondere der Norden, der Nordosten und vor allem die am Mittelmeer gelegene Region von Tanger-Tetouan bis Oujda haben davon am meisten profitiert.

Angesichts der Defizite im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie der weitverbreiteten Armut wird diskutiert, ob man das Geld nicht an anderer Stelle hätte ausgeben können oder müssen. Während die Küstenregionen sich zügig entwickeln, bleibt das Landesinnere zurück. Omar Balafrej von der „Stop TGV“-Kampagne hat errechnet: „Jede zehn Meter der TGV-Strecke ergäben mindestens eine Schule.“