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07.12.18 / Die legendären Königsberger Paukenhunde auf CD / Musikaufnahmen aus dem alten Königsberg mit Stücken von Albert Krantz sowie Beiträgen von »Sultan« und »Pascha«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-18 vom 07. Dezember 2018

Die legendären Königsberger Paukenhunde auf CD
Musikaufnahmen aus dem alten Königsberg mit Stücken von Albert Krantz sowie Beiträgen von »Sultan« und »Pascha«

In der Garnisonstadt Königsberg gehörten Träger verschiedener Uniformen zum gewohnten Stadtbild. Immer wieder erfreuten Musikkorps die Einwohner mit flotten Weisen. Die Militärkapelle des 6. Ostpreußischen Infanterie-Regiments Nr. 43 war den Königsbergern besonders ans Herz gewachsen, zählte doch ihr Dirigent, der Königlich-Preußische Obermusikdirektor Albert Krantz, zu den bekanntesten preußischen Militärmusikern. Als in Deutschland einmalige Besonderheit dieses Musikkorps galten die Paukenhunde, zwei stattliche Bernhardiner. 

1866 standen sich in der Schlacht bei Königgrätz auch die Musikkorps des 6. Ostpreußischen Infanterie-Regiments Nr. 43 und des k. u. k. Infanterie-Regiments Nr. 77 des Erzherzogs von Österreich und Prinzen von Toskana Karl Salvator gegenüber. Die preußische Einheit erwies sich als die stärkere, eroberte den österreichischen Paukenwagen. „Sultan“, der Bernhardiner, der ihn gezogen hatte, lag erschossen vor ihm. Auf dem Weg in die Heimat führten die ostpreußischen Truppen den eroberten Paukenkessel und Paukenwagen mit und erregten bei den Königsbergern große Aufmerksamkeit. 

In Würdigung seiner militärischen Leistungen wurde dem Regiment vom I. Armee-Korps die ständige Führung eines „Paukenwagens“ mit „Großer Trommel“ und Paukenhund zugestanden. Die beiden Paukenhunde waren mit dem Musikkorps fortan untrennbar verbunden. „Sultan“ und „Pascha“ wurden im Range eines Feldwebels in den Mannschaftslisten geführt. Sie erwiesen sich als sehr zuverlässig, waren bei allen Militärparaden, beim Wachaufzug am Königsberger Schloss sowie beim Choralblasen zugegen und ließen sich weder durch Musik oder militärische Kommandos noch durch Menschenansammlungen irritieren. Der Wachaufzug, das Platzkonzert am Schlossteich, volkstümliche Gartenkonzerte, Konzerte im Tiergarten und im Winter auf der Eisbahn gehörten zum Königsberger Stadtbild. 

Albert Krantz (1851–1938) kam 1883, nach Lehrjahren in Braunsberg, Königsberg, Karlsruhe und nach dem Besuch der Königlichen Hochschule für Musik in Charlottenburg als „Musikmeister auf Probe“ zum Infanterie-Regiment Nr. 43. Er schuf eine über die Grenzen Ostpreußens hinaus berühmte Kapelle, die sowohl Militärmärsche als auch die sinfonische Musik Richard Wagners hervorragend darbot. Während seiner 36-jährigen Dienstzeit spielte er unter einem Dutzend Regimentskommandeuren, die ihn alle als großen Könner achteten und das Musikkorps als erstrangig einschätzten. 

Neben seinen Verpflichtungen als Dirigent war Albert Krantz auch als Komponist tätig. Als 1899 dem in den Königsberger Steindamm-Kasernen stationierten Infanterie-Regiment der Namen „Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz“ (6. Ostpreußisches) Nr. 43 verliehen wurde, komponierte er den „Herzog-Karl-Marsch“. Kaiser Wilhelm II. gefiel ein nach der letzten Kaiserparade auf dem Devauer Platz aufgeführter Fahnentruppenmarsch so gut, dass Krantz ihn innerhalb von Stunden niederschreiben und in Partitur setzen musste. Er sollte in Berlin für die Garde verwendet werden. Dafür wurde ihm das Kreuz des Hohenzollernschen Hausordens verliehen. 

Weitere Ehrungen galten sowohl für Krantz als auch das gesamte Militärorchester. Sie reichten von verbalen Wertschätzungen über Einladungen zum Essen, Freibier für die Militärkapelle und der Überreichung eines Ehrenhelmes an Krantz bis zur finanziellen Unterstützung seiner Reise nach Bayreuth. Seine Titel „Königlicher Musikdirektor“ und „Königlicher Obermusikdirektor“ trugen zur damaligen Zeit nur wenige. Im August 1914 wurde das Musikkorps aufgelöst. Die Musiker standen als Hilfskrankenträger den Verwundeten zur Seite. Krantz blieb in Königsberg, gründete ein neues Musikkorps und veranstaltete Konzerte, deren Erlös er wohltätigen Zwecken zuführte. Vielen in Lazaretten Verstorbenen hat er mit diesem Musikkorps das letzte Geleit gegeben. Das 6. Ostpreußische Infanterie-Regiment Nr. 43 wurde 1919 aufgelöst. Der letzte „Pascha“ erhielt sein Gnadenbrot, der Paukenwagen kam in Königsberg in das Stadtgeschichtliche Museum. 

1920 wurde Krantz in allen Ehren als Leutnant verabschiedet. Er verbrachte seinen Lebensabend in Königsberg und musizierte zur Freude der Königsberger weiter. So brachte er mit einem großen Klangkörper ehemaliger Militärmusiker in einem Logengarten am Schloss-teich Musik Richard Wagners zu Gehör. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens widmete er 1926 dem Königsberger Tiergarten einen Marsch „Tiergartenfestklänge“, dessen Noten heute leider nicht mehr auffindbar sind. Das Jahr 1926 sah ihn zum letzten Mal als Dirigenten. Im August musizierte er während eines großen Militärmassenkonzertes mit dem „Königsberger Konzertorchester“. Am 9. April 1938 ist er im gesegneten Alter von 87 Jahren verstorben und fand auf dem Luisenfriedhof neben seiner Ehefrau die letzte Ruhe. 

Mit der Aufstellung der Wehrmacht wurde der Paukenwagen reaktiviert, die bislang eisernen Räder wurden durch neue mit Luftbereifung ersetzt. Dem Regiment wurden zwei Bernhardiner, wiederum ein „Sultan“ und ein „Pascha“, geschenkt. Ihre Betreuung und Abrichtung für den Dienst in der Militärkapelle oblag dem Schläger der großen Trommel. Beide Bernhardiner blieben nach 1939 in Königsberg und fanden in den Wirren des Aprils 1945 aus seiner Hand den Gnadentod. Mit den Jahren gerieten Krantz und das Musikkorps des Infanterieregiments Nr. 43 in Vergessenheit, lediglich ganz vereinzelte Beiträge erinnern heute an ihn und an die beiden Paukenhunde. 

Intensives, Jahre währendes Suchen nach Tonträgern mit historischen Aufnahmen aus den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts war letztendlich doch noch vom Erfolg gekrönt. Insgesamt 24 historische Aufnahmen aus den Jahren 1902 bis 1912 mit der Musikkapelle des Infanterie-Regiments „Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz“ (6. Ostpreußisches) Nr. 43 unter der Stabführung von Krantz sowie Kompositionen aus seiner Feder konnten nach moderner digitaler Bearbeitung durch die JUBAL-Musikproduktionen Berlin unter Wahrung ihres historischen Charakters zu einer Compact Disc zusammengestellt werden. Im August dieses Jahres erschien sie als fünfte CD in der von JUBAL-Musikproduktionen Berlin herausgegeben Serie historischer Musikaufnahmen unter dem Titel „Preußische Marschmusik 2“. 

Sie enthält 65 Minuten Musik, ausschließlich aus Königsberg. Auch die Paukenhunde kommen nach über 100 Jahren im „Marsch Prinz August Grenadier Bataillon“ wieder zu Gehör. Dieser Tonträger ist derzeitig die einzige bekannte CD mit Aufnahmen aus dem alten Königsberg. Das Begleitheft zur CD zeigt ein Bild des Musikkorps mit seinem Dirigenten und einem Paukenhund aus dem Jahre 1905.W.R.

 

Die CD ist unter dem Stichwort „Preußische Marschmusik 2“ über die Bezugsadresse Dr. Wolfgang Reske, Boderitzer Straße 31, 01217 Dresden, E-Mail wolfgang.reske@

gmx.de, zum Preis von 17,46 Euro plus 1,45 Euro Porto erhältlich.