23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.12.18 / Viel Druck und niedriger Lohn / Großkonzerne arbeiten mit Subunternehmern – Kontrollen kaum möglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-18 vom 14. Dezember 2018

Viel Druck und niedriger Lohn
Großkonzerne arbeiten mit Subunternehmern – Kontrollen kaum möglich
Manuela Rosenthal-Kappi

Paketboten arbeiten gerade in der Vorweihnachtszeit auf Hochtouren. Der Umfang des Versandhandels nimmt stetig zu, was die deutschen Dienstleister dazu verleitet, Aufträge an sogenannte Servicepartner zu vergeben. Doch diese geraten zunehmend in Verruf wegen Verstößen gegen die Arbeitsgesetze.

Advent – das ist die Zeit der Besinnlichkeit. Was für viele gilt, trifft für eine Berufsgruppe nicht zu, nämlich die der Paketboten. Gerade in der Vorweihnachtszeit wird von ihnen Höchstleistung erwartet. Von früh morgens bis spät abends, nicht selten noch nach 21 Uhr, sind sie unterwegs und liefern aus, was die Kunden im Internet bestellen. Da der Online-Handel seit Jahren boomt, wächst auch die Belastung der Paketboten. 

Vor allem in Großstädten sind sie permanentem Stress durch Zeitdruck, Fahrten durch zugestellte Straßen, Parken in zweiter Reihe, Pöbeleien von Verkehrsteilnehmern und Beschwerden von Kunden ausgesetzt. Neben psychische müssen sie auch physische Stärke mitbringen. 

Pakete dürfen bis 31,5 Kilo schwer sein und müssen teilweise viele Treppen hinauf geschleppt werden. Weil die Zeit für die Auslieferung knapp bemessen ist, im Schnitt sollen drei Minuten ausreichen, schaffen die Zusteller das Pensum nicht in den vertraglich vereinbarten 40 Wochenstunden. Unbezahlte Überstunden sind an der Tagesordnung. 

Sehr oft arbeiten Paketboten unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn von 8,84 Euro. Zwar verpflichten sich die Paketdienste und ihre Subunternehmer, den Mindestlohn zu zahlen, doch geraten immer wieder gerade Subunternehmer der großen Paketdienste wie DHL, Hermes oder GLS in die Kritik, weil sie Subunternehmer, meist aus Osteuropa, zu Dumpingpreisen beauftragen. So kommt es zu großen Einkommensunterschieden. Zahlt ein Hermes-Subunternehmer 1700 Euro brutto bei Arbeitszeiten von über 50 Wochenstunden ist das weit unter Mindestlohn. Bei Subunternehmen Beschäftigte erreichen gerade mal zwischen sechs und sieben Euro die Stunde.

Die betroffenen Paketboten beklagen, dass sie trotz Überstunden und harter Arbeit finanziell kaum über die Runden kommen. Sie tragen zwar Uniformen der Branchenriesen, sind aber bei den von  DHL, Hermes und Co. beauftragten Subunternehmern angestellt. Diese vergeben Aufträge weiter an andere Subunternehmer, um selbst Lohnkosten einzusparen. 

Die Polizei stellt bei diesen Lieferdiensten zudem immer wieder technische Mängel an Fahrzeugen fest. Gegen Hermes-Servicepartner liefen bereits vor einem Jahr Ermittlungen. Ihnen wurde vorgeworfen, Ausländer eingeschleust, Pässe gefälscht und das Mindestlohngesetz umgangen zu haben. 

Werden Subunternehmer auffällig, trennen sich die großen Paketdienste von ihnen. Nach den Vorfällen im vergangenen Jahr kündigte Hermes an, seine 400 Subunternehmer stärker zu kontrollieren. Bis Herbst 2018 sollte ein Programm angelegt werden, mit dem laufend die Aufenthaltsberechtigungen von Mitarbeiten kontrolliert werden sollten. Paketdienste rechtfertigen sich damit, dass sie von ihren Subunternehmern die Einhaltung aller gesetzlichen Regelungen vertraglich vereinbarten, aber laut DHL habe der Konzern keine Kontrollbefugnisse gegenüber den Subunternehmern. Dafür seien die Behörden zuständig. Auch Gewerkschaften können nicht helfen. 

Der Sozialwissenschaftler Professor Stefan Sell fordert deshalb, dass für die Logistikbranche eine Generalunternehmenshaftung, wie es sie schon fürs Fleischereigewerbe gibt, eingeführt wird.